Die Blog-Abmahnungen häufen sich in letzter Zeit. Nun hat es den Betreiber der Seiten media-bloed.de und fettisch.de getroffen. Doppelt gleich (im November 2006 und vor wenigen Tagen nochmals) wegen eines vergleichbaren Sachverhaltes. Auf media-bloed.de wurden Abbildungen veröffentlicht, die dem bekannten Logo des Media-Marktes (Inhaber der Markenrechte ist die Media-Saturn-Holding GmbH) ähneln. Verziert war die Abbildung mit einem Petersilienschwein nebst dem Slogan „Media-Blöd — Du blöd wie Sau!“. Noch interessanter war die Veröffentlichung auf fettisch.de: ein in der Media-Markt-Optik gehaltenes Logo „Saddam-Sau — Sautot das Schwein!“, dekoriert mit einem Bildnis Saddam Husseins.
Abgemahnt wurde im Auftrag zweier Media-Märkte. Diese bemängelten eine Verletzung von Markenrechten, ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts und wettbewerbsrechtlicher Positionen. Sie beklagen weiterhin, dass ihnen durch den Slogan „Du blöd wie Sau!“ eine Aussage über ihre Kunden in den Mund gelegt werde.
Ist an all dem etwas dran? Dröseln wir es doch einmal auf — überblicksartig, von vertiefter Sachkenntnis verschont, ohne Gewähr und mit dem Hinweis versehen, dass es sich bei vielen Wertungen um Geschmacksfragen handelt.
Kennzeichenrechtlich stellt sich zunächst die Frage, ob die Gestaltungen, wie sie auf den beanstandeten Seiten gefunden wurden, irgendwelche Marken des Media-Marktes (der Einfachheit halber hier für die Media-Saturn-Holding GmbH stehend, die Berechtigung der Media-Märkte zur Rechtsverfolgung setze ich voraus) verletzt. Ich meine, vorliegend haben wir es wohl mit einer Markenparodie zu tun, nämlich der Wiedergabe eines Zeichens in entfremdeter Form zu satirischen Zwecken. So etwas kann in der Tat ein so genannter kennzeichenmäßiger Gebrauch und damit eine Markenverletzung in Form einer Markenverunglimpfung sein, wenn die Parodie zu kommerziellen Zwecken eingesetzt wird, um etwa Aufmerksamkeit für ein eigenes Produkt zu schaffen. Sie wird aber in der Regel nicht kennzeichenmäßig sein, wenn sie zu redaktionellen, künstlerischen und meinungsbildenden Zwecken erfolgt. Media-bloed.de und fettisch.de sind aber meines Wissens — geschmacklich vielleicht grenzwertige aber gerade deshalb wichtige — satirische Blogs. Kommerzielle Absichten und damit einen möglichen kennzeichenmäßigen Gebrauch der Marke erkenne ich nicht.
Weiterhin beklagte der Media-Markt einen Eingriff in wettbewerbsrechtliche Positionen. Das ist offensichtlich deshalb unsinnig, weil zwischen dem Media-Markt und Weblogs eher kein Wettbewerbsverhältnis vorliegen wird. Vermutlich wurde da einfach vergessen, aus dem Standard-Abmahntext einen Baustein zu streichen.
Was hat es nun mit der Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts auf sich? So etwas gibt es tatsächlich. Auch die juristische Person genießt Persönlichkeitsschutz in einem Umfang, der durch ihr Wesen und ihre Funktion vorgegeben wird. Vorliegend haben wir es mit einem Wirtschaftsunternehmen zu tun, das sich frei entfalten können soll. Wird dieses Recht beeinträchtigt, kommt eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts in Betracht.
Die Beeinträchtigung, der Eingriff in das Recht, muss aber widerrechtlich erfolgen. Für die Frage, ob dies der Fall ist, muss eine Güter- und Interessenabwägung vorgenommen werden. Auf Seiten der media-bloed.de kommt hier wieder die Meinungs- und Pressefreiheit ins Spiel. Man darf, so meine ich, zum Ausdruck bringen, dass man die Art der Kampagnenführung und Werbung des Media-Marktes nicht für gut heißt. Streiten kann man sich über den Inhalt und die Berechtigung der Aussage „Du blöd wie Sau“. Vielleicht will der Betreiber der Webseite diese Aussage dem Media-Markt tatsächlich in den Mund legen („wer kauft da trotz der Sauwerbung?“), vielleicht ist es seine eigene Aussage, vielleicht meint er auch gar nicht die Kunden, sondern die Werber des Media-Marktes. Jedenfalls sehe ich in dem so verballhornten Slogan keinen Boykottaufruf oder ähnliche typische Eingriffe in Rechte des Unternehmens verwirklicht; auch sie dürfte unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit zulässig sein. Denn die Meinung darf bekanntermaßen auch abwertend, scharf und schonungslos geäußert werden, solange sie nicht in reine Diffamierung oder Pauschalbeleidigung abgleitet.
Das kann man m.E. auch noch für die Verknüpfung von Saddam-Hussein und dem Media-Markt-Slogan auf fettisch.de gelten lassen. Hier sind wir zwar in der Tat schon im Bereich des albernden Unsinns und sicher auch übertriebener Geschmacklosigkeit, aber die ist nicht justiziabel.
Auf Seiten des Media-Marktes ist auf der anderen Seite das eigene Verhalten zu berücksichtigen. Und das ist ja auch nicht ganz ohne: auf die Ideen mit der Werbung mit Säuen, auf den Slogan „Ich bin doch nicht blöd“, den Sprachduktus und all den anderen Zierrat, wie ihn auch die beanstandeten Seiten verwenden, kam der Media-Markt ja selbst. Dazu kommt, dass die Werbekampagne mit einer Intensität geführt wird, der man sich kaum entziehen kann und die — das darf ich als Verbraucher schreiben — einfach nur lästig ist. An sich kann man hier nur noch von Realsatire sprechen, was natürlich auch beabsichtigt war. Ziel der Sau-Werbeaktion war ja offenbar, Aufmerksamkeit zu erregen und auch kontroverse Reaktionen hervorzurufen. Nun sollte man sich auf nicht wundern, wenn das geschieht.
Oder kürzer: wer die Nase so weit aus dem Fenster streckt, der muss auch einiges an Wind vertragen.
Amazon muss nicht für seine Affiliate-Partner haften, entschied der Bundesgerichtshof. Rechtlich ist das Urteil kaum zu beanstanden, aber trotzdem hinterlässt es einen bitteren Nachgeschmack. Eine Einschätzung von Arne Trautmann. (mehr …)
Haben Sie schon jemals darüber nachgedacht, was sich hinter dem Begriff „dezentralisierte autonome Organisation“ (DAO) verbirgt und welchen Einfluss die DAO im Alltag hat? Arne Trautmann berichtet aus der Fachwelt. (mehr …)