Nachahmungsfreiheit

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In der Dis­kus­si­on um das neue Gesetz gegen den unlau­te­ren Wett­be­werb (UWG, das Law-Blog hat bereits kurz berich­tet) wird gele­gent­lich bemän­gelt, dass das neue Werk vor­sieht, dass Pro­duk­te und Leis­tun­gen, die nicht son­der­recht­lich geschützt sind, durch den Wett­be­werb grund­sätz­lich nach­ge­ahmt wer­den dür­fen. Etwa Lehr in einem Arti­kel in der Finan­cial Times Deutsch­land meint, dass dies gera­de bei Design-Klas­si­kern unbe­frie­di­gend sei, die nach dem Aus­lau­fen des Geschmacks­mus­ter­rechts frei kopiert wer­den dürf­ten.

Dem ist nicht zuzu­stim­men, die gesetz­li­che Rege­lung ist rich­tig und aus­ge­wo­gen. Die Son­der­rech­te, etwa das Patent‑, Gebrauchs- und Geschmacks­mus­ter­recht, erfas­sen die schöp­fe­ri­sche Leis­tung als sol­che, sie stel­len inso­fern eine abschlie­ßen­de Rege­lung dar. Aus der gesetz­li­chen Aner­ken­nung sol­cher beson­de­rer aus­schließ­li­cher Rech­te für tech­ni­sche und nicht­tech­ni­sche geis­ti­ge Schöp­fun­gen folgt zwin­gend, dass die wirt­schaft­li­che Betä­ti­gung außer­halb der geschütz­ten Berei­che frei sein soll. Das gilt ins­be­son­de­re auch für die Schutz­fris­ten, wel­che die genann­ten Son­der­schutz­rech­te für die unter ihnen erfass­ten Leis­tun­gen vor­se­hen. Nach Ablauf der Schutz­dau­er soll die ent­spre­chen­de Leis­tung im Grund­satz frei sein, der Gesell­schaft all­ge­mein zur Ver­fü­gung ste­hen, nicht mehr mono­po­li­siert wer­den kön­nen.

Die wett­be­werbs­recht­li­che Beur­tei­lung kann daher nicht an das Ob, son­dern allein an die Art und Wei­se anknüp­fen, wie ein frem­des Arbeits­er­geb­nis benutzt wird. Dabei kann die Nach­ah­mung einer frem­den Leis­tung nur unter beson­de­ren die Wett­be­werbs­wid­rig­keit begrün­den­den Umstän­den ver­bo­ten, wenn etwa über die Her­kunft des Pro­duk­tes getäuscht wird; das neue Gesetz nennt bei­spiel­haft eini­ge Fäl­le in § 4 Nr. 9. Das ist dann aber nicht an Fris­ten gebun­den, d.h. auch nach belie­big lan­ger Zeit noch mög­lich. Da das pla­gi­ier­te Pro­dukt soge­nann­te „wett­be­werb­li­che Eigen­art“ auf­wei­sen muss, pro­fi­tie­ren hier­von eben gera­de die ange­spro­che­nen Design-Klas­si­ker; inso­fern trifft das Argu­ment nicht, das UWG sol­le nach Bekannt­heits­gra­den sol­cher Design-Klas­si­kern dif­fe­ren­zie­ren.

Ohne­hin ist die Recht­spre­chung in den Ent­schei­dun­gen der letz­ten Jah­re rela­tiv schnell mit der Beur­tei­lung einer Nach­ah­mung als wett­be­werbs­wid­rig bei der Hand; teil­wei­se scheint sich das Regel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis eher ins Gegen­teil zu ver­keh­ren; hier wird m.E. zu restrik­tiv vor­ge­gan­gen. Es ist rich­tig, dass das neue Gesetz die­sen Trend nicht ver­stärkt.

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