Neues Jahr, neues Arbeitsrecht: Digitale AU, frühere Statusfeststellung, höhere Sachbezugsfreigrenze

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Zum Beginn des Jah­res 2022 gibt es zahl­rei­che Ände­run­gen im Arbeits‑, Sozi­al­ver­si­che­rungs- und Lohn­steu­er­recht, die Arbeit­ge­ber ken­nen soll­ten. Ein kur­zes Update zu den wich­tigs­ten Neue­run­gen von Arbeits­un­fä­hig­keit bis Ama­zon-Gut­schein.

Klei­ner Spoi­ler: Ama­zon-Gut­schei­ne soll­ten Sie bes­ser nicht mehr ver­tei­len. Alle ande­ren aus Arbeit­ge­ber­sicht rele­van­ten Ände­run­gen zum Jah­res­wech­sel haben wir nach­fol­gend für Sie zusam­men­ge­stellt:

1. Arbeitsrecht

1.1   Betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung

Bereits seit drei Jah­ren sind Arbeit­ge­ber ver­pflich­tet, in die betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung durch Ent­gelt­um­wand­lung einen Zuschuss von 15 % des umge­wan­del­ten Ent­gelts zu zah­len, soweit sie durch die Umwand­lung Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge spa­ren. Die­se Ver­pflich­tung galt jedoch bis­her nicht für Alt­ver­trä­ge. Das ändert sich jetzt: Am 1. Janu­ar 2022 tritt § 26a des Geset­zes zur Ver­bes­se­rung der Betrieb­li­chen Alters­vor­sor­ge (BetrAVG) .

1.2   Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment

Schon seit dem 10. Juli 2021 kön­nen Arbeit­neh­mer eines betrieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ments (BEM) eine Ver­trau­ens­per­son ihrer Wahl hin­zu­zie­hen (§ 167 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). An die­sem Tag trat das Teil­ha­be-Stär­kungs­ge­setz in Kraft.

1.3   Betriebs­rä­te­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz

Umfang­rei­che Ände­run­gen haben sich auch im Rah­men des Betriebs­rä­te­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes erge­ben, das eben­falls bereits Mit­te des Jah­res in Kraft getre­ten ist. Im Inter­view in die­sem News­let­ter fin­den Sie mehr dazu und zu den Ände­run­gen der Wahl­ord­nung (im Hin­blick auf die jetzt anste­hen­den Betriebs­rats­wah­len beson­ders wich­tig).

1.4   Elek­tro­ni­sche Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung

Zum 1. Juli 2022 – ursprüng­lich war der 1. Janu­ar 2022 vor­ge­se­hen – wird § 5 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz (EFZG) dahin­ge­hend geän­dert, dass für gesetz­lich Kran­ken­ver­si­cher­te die Pflicht zur Vor­la­ge der Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gun­gen in Papier­form ent­fällt.

Der Arbeit­neh­mer muss dann wei­ter­hin fest­stel­len las­sen, dass und wie lan­ge er vor­aus­sicht­lich krank ist, und sich eine ärzt­li­che Beschei­ni­gung aus­hän­di­gen las­sen. Der Arbeit­ge­ber erhält die­se aber nicht mehr, son­dern wird künf­tig elek­tro­nisch über Beginn und Dau­er der Arbeits­un­fä­hig­keit eines gesetz­lich ver­si­cher­ten Arbeit­neh­mers infor­miert.

2. Sozialversicherungsrecht

2.1   Ver­län­ge­rung Kurz­ar­bei­ter­geld

Die bereits im Rah­men der Coro­na­pan­de­mie bestehen­den Son­der­re­ge­lun­gen wur­den bis 31. März 2022 ver­län­gert.

2.2   Arbeit­su­chend­mel­dung jetzt auch digi­tal

Ab dem 1. Janu­ar 2022 kön­nen Arbeit­su­chen­de nicht mehr nur per­sön­lich bei der Agen­tur für Arbeit vor­spre­chen, son­dern sich auch in elek­tro­ni­scher Form arbeit­su­chend mel­den.

2.3   Ände­run­gen beim Sta­tus­fest­stel­lungs­ver­fah­ren

Zum 1. April 2022 gibt es auch Neue­run­gen zum Sta­tus­fest­stel­lungs­ver­fah­ren, die zunächst befris­tet bis zum 30. Juni 2027 gel­ten sol­len. Zukünf­tig soll es mög­lich sein, über eine Pro­gno­se­ent­schei­dung den Erwerbs­sta­tus schon vor Auf­nah­me der Tätig­keit fest­stel­len zu las­sen. Dann wird anstel­le der Ver­si­che­rungs­pflicht der Erwerbs­sta­tus fest­ge­stellt. Außer­dem besteht ab dem 1. April die Mög­lich­keit einer Grup­pen­fest­stel­lung für glei­che Ver­trags­ver­hält­nis­se. Dann muss nicht mehr für jeden ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter ein geson­der­tes Ver­fah­ren durch­ge­führt wer­den.

2.4   Mel­de­ver­fah­ren bei gering­fü­gig Beschäf­tig­ten

Zum 1. Janu­ar 2022 ändern sich die Regeln hin­sicht­lich der Mel­dung von gering­fü­gig Beschäf­tig­ten.

Bei einer kurz­fris­ti­gen Beschäf­ti­gung ist künf­tig bei der Anmel­dung zudem zusätz­lich anzu­ge­ben, wie der Arbeit­neh­mer kran­ken­ver­si­chert ist. Ein ent­spre­chen­der Nach­weis ist zu den Ent­gelt­un­ter­la­gen zu neh­men.

Bei gering­fü­gig ent­lohn­ten Beschäf­ti­gun­gen ist die Steu­er­num­mer des Arbeit­ge­bers, die Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Arbeit­neh­mers und die Art der Besteue­rung anzu­ge­ben.

Ach­tung: Die zusätz­li­chen Anga­ben sind für alle Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se, die über den 31. Dezem­ber 2021 hin­aus fort­be­stehen, bereits in der Jah­res­steu­er­mel­dung für 2021 anzu­ge­ben.

2.5   Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Rechen­grö­ßen

Hier haben wir die wich­tigs­ten Rechen­grö­ßen der Sozi­al­ver­si­che­rung für das Jahr 2022 für Sie zusam­men­ge­stellt:

West Ost
Euro pro Monat Euro pro Jahr Euro pro Monat Euro pro Jahr
Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze: all­ge­mei­ne Ren­ten­ver­si­che­rung 7.050,00 84.600,00 6.750,00 81.000,00
Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze: knapp­schaft­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung 8.650,00 103.800,00 8.350,00 100.200,00
Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze: Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung 7.050,00 84.600,00 6.750,00 81.000,00
Ver­si­che­rungs­pflicht­gren­ze: Kran­ken- u. Pfle­ge­ver­si­che­rung 5.362,50 64.350,00 5.362,50 64.350,00
Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze: Kran­ken- u. Pfle­ge­ver­si­che­rung 4.837,50 58.050,00 4.837,50 58.050,00
Bezugs­grö­ße in der Sozi­al­ver­si­che­rung 3.290,00* 39.480,00 3.150,00 37.800,00
vor­läu­fi­ges Durchschnittsentgelt/Jahr in der Ren­ten­ver­si­che­rung 38.901,00

* in der gesetz­li­chen Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung gilt die­ser Wert bun­des­ein­heit­lich

Quel­le: www.bmas.de

3. Lohnsteuer

3.1   Sachbezug/Gutschein

Zum 1. Janu­ar 2022 wird die Sach­be­zugs­frei­gren­ze von bis­her Euro 44,00 auf Euro 50,00 ange­ho­ben.

Im Gegen­zug wur­den die Vor­schrif­ten bei Gut­schei­nen ver­schärft. Gut­schei­ne sind nur noch dann begüns­tigt, wenn sie aus­schließ­lich zum Bezug von Waren oder Dienst­leis­tun­gen berech­ti­gen und die Kri­te­ri­en des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zah­lungs­diens­te­auf­sichts­ge­setz (ZAG) erfül­len.

Die Gut­schei­ne dür­fen daher nur bei einem begrenz­ten Kreis von Akzep­tanz­stel­len im Inland zum Bezug von Waren und Dienst­leis­tun­gen berech­ti­gen. Außer­dem muss es sich um ein sehr begrenz­tes Waren- oder Dienst­leis­tungs­spek­trum han­deln. Damit sind die Gut­schein­kar­ten von Online­händ­lern, die nicht nur ihre eige­nen Pro­duk­te anbie­ten, son­dern als Markt­platz fun­gie­ren wie z. B. Ama­zon, nicht mehr begüns­tigt.

3.2   Coro­na-Prä­mie

Die Mög­lich­keit, an Arbeit­neh­mer eine steu­er­freie Coro­na-Prä­mie von bis zu 1.500,00 Euro zu zah­len, bleibt noch bis 31. März 2022 bestehen. Aller­dings kann die Coro­na-Prä­mie ins­ge­samt nur bis zu einer Höhe von Euro 1.500,00 gezahlt wer­den, also nicht pro Jahr.

Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er ist Part­ner bei SNP Schla­wi­en Part­ner­schaft mbB berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, meist mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts, ins­be­son­de­re auch bei Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen, und des Arbeits­rechts, hier u.a. zu betriebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Fra­gen, wie dem Abschluss von Betriebs­ver­ein­ba­run­gen. Dane­ben berät Dr. Oster­mai­er lei­ten­de Ange­stell­te, Geschäfts­füh­rer und Vor­stän­de. Er ver­fügt über umfang­rei­che Erfah­rung in den Berei­chen Bio­tech­no­lo­gie, Soft­ware, Han­del und Ver­si­che­run­gen.
https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027

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