Projekte und Paragrafen Teil 3 — den Vertrag verhandeln

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Die vor­her­ge­hen­den Tei­le von “Pro­jek­te und Para­gra­fen — was Pro­jekt­ma­na­ger über Juris­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen von Pro­jek­ten wis­sen soll­ten” fin­den Sie hier (I) und hier (II). Prak­ti­scher­wei­se kann der heu­ti­ge Teil aber auch gut allein ste­hen. Ver­hand­lungs­tech­ni­ken und ‑weis­hei­ten sind nicht nur für Pro­jekt­ver­trä­ge wich­tig, son­dern für jede Form von Ver­trags­ver­han­dun­gen.

II. Den Vertrag verhandeln

Mit die­sen Über­le­gun­gen (aus den vor­her­ge­hen­den Tei­len) kann man nun dar­an gehen, den eigent­li­chen Pro­jekt­ver­trag mit sei­nem Part­ner zu ver­han­deln. Ver­trä­ge ver­han­deln ist eine Kunst, die man bekannt­lich nur durch häu­fi­ges Üben wirk­lich erlernt. Zudem erhält man — gefragt oder unge­fragt — oft unzäh­li­ge Tipps, Stra­te­gien und Rat­schlä­ge, die bis hin zur rich­ti­gen Sitz­po­si­ti­on und der Feng-Shui gerech­ten Ein­rich­tung von Mee­ting-Räu­men rei­chen. Aber es gibt es aber eini­ge ganz prak­ti­sche Grund­wahr­hei­ten, die eigent­lich immer Beach­tung ver­die­nen:

  • Wer­den Sie sich dar­über klar, was Sie wol­len (und erzäh­len Sie das auch den Ande­ren…)

Vie­le Ver­trags­ver­hand­lun­gen kran­ken dar­an, dass man über völ­lig abs­trak­te Fra­gen ver­han­delt. Wie hoch soll der Preis sein? Wie ist die Haf­tung aus­ge­stal­tet und in wel­chem Umfang wird Gewähr­leis­tung gege­ben? Das sind wich­ti­ge Punk­te, aber alle kauf­män­ni­schen und juris­ti­schen Fein­hei­ten machen erst im Kon­text einer bestimm­ten Leis­tung Sinn. Am Anfang jeder Ver­trags­ver­hand­lung muss daher eine – wenigs­tens gro­be – Leis­tungs­be­schrei­bung ste­hen. Wenn man das beher­zigt, ver­mei­det man zumin­dest den Feh­ler, über die Ver­hand­lung eines juris­ti­schen Tex­tes das eigent­li­che Pro­jekt aus dem Auge zu ver­lie­ren. Dabei soll nicht ver­ges­sen wer­den, dass es Fäl­le gibt, in denen das ein­fach nicht geht, weil de Erstel­lung der Leis­tungs­be­schrei­bung gera­de Teil des Pro­jek­tes ist. Hier behilft man sich dann mit mehr­stu­fi­gen Ver­trä­gen, dazu kom­men wir noch.

Zäumt man das Pferd von hin­ten auf, führt das fast zwangs­läu­fig dazu, dass etwa ein optisch nied­ri­ge­rer Preis ver­han­delt wird bzw. in der Aus­schrei­bung der Anbie­ter mit der “kleins­ten Zahl” gewinnt, im Nach­gang müs­sen dann aber vie­le Arbei­ten geson­dert berech­net wer­den. Der Pla­nungs­si­cher­heit ist das wenig zuträg­lich; vie­len Pro­jek­ten wird das spä­te­re (kos­ten­sei­ti­ge) Schei­tern schon hier gleich­sam „in die Wie­ge gelegt“. Anbie­ter die sich häu­fig an Aus­schrei­bun­gen der öffent­li­chen Hand betei­li­gen (die dies­be­züg­lich beson­ders „anfäl­lig“ ist), kön­nen ein Lied davon sin­gen.

Die­se Ver­zah­nung von Leis­tungs­be­schrei­bung und dem „juris­ti­schen“ Ver­trags­teil gilt aber auch umge­kehrt. Es bringt wenig, sei­nen juris­ti­schen Bera­ter oder die Rechts­ab­tei­lung damit zu beauf­tra­gen, mal „einen Pro­jekt­ver­trag für das Vor­ha­ben mit der Fir­ma X“ zu schrei­ben, ohne sehr genau zu berich­ten, wor­um es bei die­sem Pro­jekt geht und was der Ver­hand­lungs­stand ist. Ide­al ist die – nicht immer gang­ba­re – Lösung, dass etwa der juris­ti­sche Bera­ter zumin­dest in der Schluss­ver­hand­lung der Pro­jekt­be­schrei­bung anwe­send ist.

  • Ver­han­deln Sie fair

Gera­de bei Ver­hand­lun­gen zwi­schen wirt­schaft­lich unter­schied­lich poten­ten Unter­neh­men wird häu­fig ver­ges­sen, dass man es mit einem Part­ner, nicht einem Geg­ner zu tun hat. Ein Pro­jekt lebt davon, dass bei­de Sei­ten genü­gend „Luft zum Atmen“ haben und Chan­cen und Risi­ken des Ver­tra­ges gerecht ver­teilt sind.

Ein Gebot nicht nur der Fair­ness, son­dern auch der wirt­schaft­li­chen Ver­nunft ist es, zu erken­nen, wann eine bestimm­te Rege­lung für eine der Ver­trags­par­tei­en inak­zep­ta­bel ist und hier ent­we­der einen Kom­pro­miss ein­zu­ge­hen oder – ele­gan­ter – eine Aus­weich­va­ri­an­te zu fin­den.

Bei­spie­le für wenig akzep­ta­ble Regeln fin­den sich häu­fig im Haf­tungs­be­reich. Wenn eine der Par­tei­en an einem Pro­jekt­ver­trag nur eini­ge zehn­tau­send Euro ver­die­nen kann, gleich­zei­tig sich aber aus dem Ver­trag – weil es sich etwa um ein Teil eines sehr kom­ple­xen Pro­jek­tes han­delt – einem sie­ben­stel­li­gen Haf­tungs­ri­si­ko gegen­über­sieht, ste­hen Chan­ce und Risi­ko in kei­nem aus­ge­wo­ge­nen Ver­hält­nis. Da nutzt es auch wenig, wenn – wie das häu­fig zu hören ist – der Ver­trags­part­ner sich dahin­ge­hend ein­lässt, man habe bis­her in Haf­tungs­fäl­len immer Gna­de vor Recht erge­hen las­sen, denn man habe ja kein Inter­es­se dar­an, die eige­nen Zulie­fe­rer in die Insol­venz zu trei­ben. Eine sol­che Poli­tik – selbst wenn es sie tat­säch­lich gibt – kann sich jeder­zeit ändern und ist nicht jus­ti­tia­bel.

(Fort­set­zung folgt)

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