Rechtliche Ansprüche nach Referer-Spam?

IT-Recht | 12. Oktober 2005
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Gestern brach eine Ref­er­erspam-Welle (Anm: man schreibt das tat­säch­lich Ref­er­er, nicht Refer­rer, ich habe mich informiert) für dubiose Medika­mente, ges­teuert von indone­sis­chen und mexikanis­chen Zom­bie-Rech­n­ern über das Law-Blog here­in. Natür­lich haben wir uns gewehrt — mit tech­nis­chen Mit­teln. Die Auswahl, Instal­la­tion, Kon­fig­u­ra­tion und das Her­stellen der Inter­op­er­abil­ität und Testen der notwendi­gen Plu­g­ins — es sind hiesig vier Stück — hat mich immer­hin eine halbe Nacht, Augen­ringe und eine Beina­he-Herzat­tacke wegen der zwis­chen­zeitlich nicht erre­ich­baren Word­Press-Instal­la­tion gekostet. Ich finde das ist ein stolz­er Preis.

Der Kampf gegen Kommentar‑, Track­back- und nun eben auch Ref­er­er-Spam gle­icht inzwis­chen also einem Wet­trüsten bis an die Zähne. Da stellt sich für den Juris­ten natür­lich die Frage: kann man den Kampf nur mir tech­nis­chen Mit­teln führen oder gibt es da auch rechtliche Möglichkeit­en (wenn auch nur the­o­retis­che, ich gebe mich keinen Illu­sio­nen über die Ermit­tel­barkeit der Täter hin)? Wie kann man dem beikom­men?

M.E. ist es nicht ein­fach, am Ref­er­er-Spam­ming „als solchem“ anset­zen. Es ist zunächst nicht ver­boten, eine fremde Web­seite anzusurfen und dort einen Refer­rer zu hin­ter­lassen. Man kann das auch durch eine Mas­chine erledi­gen lassen, nichts anderes machen Fee­dread­er.

Anders mag das ausse­hen, wenn das Spam­ming massen­haft geschieht und dabei ern­sthaft die Erre­ich­barkeit ein­er Seite bzw. das Band­bre­it­en­lim­it gefährdet. Zumin­d­est bei ein­er kom­merziellen Seite kommt hier wohl ein Ein­griff in das Recht am ein­gerichteten und aus­geübten Gewer­be­be­trieb in Betra­cht; die Seite ist schließlich Pro­duk­tions- und Werbe­mit­tel. Bei pri­vat­en Seit­en muss man erfind­erisch sein, aber vielle­icht kann man die Selb­st­darstel­lung auf ein­er Web­seite als Aus­prä­gung des all­ge­meinen Per­sön­lichkeit­srechts begreifen. Ich halte das für möglich.

Lei­der sind das zivil­rechtliche Ansprüche und es wird schw­er, die gegen irgendwelche Leute durchzuset­zen, die von Got­tweiß­wo Zom­bi-Rech­n­er in Mexiko fern­s­teuern. Hier wären strafrechtliche Ermit­tlun­gen ange­bracht. Strafrechtlich rel­e­vante Sachver­halte liegen sicher­lich beim Fern­s­teuern der Zom­bie-Rech­n­er vor. Nach deutschem Recht kommt hier die §§ 202a, 303a, 303b StGB u.a. in Betra­cht; wenn man länger sucht wird man noch mehr Ansatzpunk­te find­en.

Natür­lich kann man bei Spam weit­er­hin am Inhalt anset­zten, der Spam hat ja im All­ge­meinen werblichen Hin­ter­grund. Hier kom­men im Fall von Medika­menten natür­lich die Vorschriften des Heilmit­tel­wer­bege­set­zes in Betra­cht; gern genom­men sind auch die Vorschriften über uner­laubte Wer­bung für Glücksspiele, Wer­bung für Pornogra­phie etc.

Ger­ade bei Refer­rer-Spam stellt sich natür­lich die Frage, ob er über­haupt „Wer­bung“ ist, er wird ja nicht veröf­fentlicht, find­et sich i.A. bloß in Log­files und Sta­tis­tiken. Allerd­ings – und ich meine das reicht – wer­den die zumin­d­est vom Web­mas­ter gele­sen. Es ist dann eben eine Wer­bung mit sehr kleinem Zielpub­likum, sozusagen Direct Mar­ket­ing. Außer­dem gibt es ja aber auch ganz Ver­rück­te, die ihre Back­links aus den Logsta­tis­tiken klauben und in einem Linkdump oder gar auf der Haupt­seite veröf­fentlichen. Wozu das gut sein soll ist mir zwar unklar, aber jeden­falls würde es Refer­rer-Spam eine Plat­tform bieten, der ihn ein­er Öffentlichkeit zuführt.

Wenn dem so ist, dann wären natür­lich – und das soll das Ende mein­er lau­ni­gen Betra­ch­tun­gen sein – auch die Vorschriften des Wet­tbe­werb­srechts anwend­bar. Konkur­renten der Spam-Versender – und das wäre im Fall von Arzneimit­tel­wer­bung im Zweifel jede Apotheke – kön­nten also Unter­las­sungsansprüche gel­tend machen. Und das unter dem Gesicht­spunkt der Stör­erhaf­tung sog­ar gegen die Betreiber der Rech­n­er, von denen die Angriffe stam­men.

Und die lassen sich ermit­teln.

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