Schaden- und Aufwendungsersatz bei Massenabmahnungen

Urheberrecht | 12. Mai 2005
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Eines der nach wie vor lästi­gen Phänomene im Zusam­men­hang mit dem Inter­net sind die Massen­abmah­nun­gen aus urhe­ber­rechtlichen und wet­tbe­werb­srechtlichen Posi­tio­nen (Musik, Land­karten, Impres­si, Wider­rufs­belehrun­gen etc.). So wichtig und richtig es ist, rechtliche Posi­tio­nen ger­ade im für Dieb­stahl beson­ders anfäl­li­gen Imma­te­ri­al­güter­recht zu sich­ern, so häu­fig scheinen doch Abmah­nun­gen in über­zo­gen­er und vor allem über­teuert­er Art und Weise einge­set­zt zu wer­den.

Konkret berichtet die Tele­po­lis über einen Fall, den das Amts­gericht Char­lot­ten­burg zu entschei­den hat­te (AZ 236 C 282/04). Im Fall ging es um die unrecht­mäßige Ver­wen­dung zweier Land­karte­nauss­chnitte als Anfahrt­s­plan auf ein­er Inter­net­seite. Der Ver­let­zte ver­langte Schaden­er­satz und Ersatz der Aufwen­dun­gen für die Ein­schal­tung ein­er Kan­zlei bei der Abmah­nung. In bei­den Posi­tio­nen stutze das Gericht die Forderung des Klägers deut­lich.

Zum einen beschäftigt sich das Gericht mit der Frage, nach welchen Kri­te­rien der Schaden­er­satz nach der Lizen­zanalo­gie (auch gern als „Straflizenz“ beze­ich­net) berech­net wer­den kann. Die Lizen­zanalo­gie ist dabei eine der anerkan­nten Arten der Schadens­berech­nung im Imma­te­ri­al­güter­recht. Der Ver­let­zte ver­langt dabei vom Ver­let­zer den Betrag an Schaden­er­satz, der bei recht­mäßigem Erwerb des ver­let­zten Rechts zu zahlen gewe­sen wäre.

Dabei ist es oft Usus, hor­rende Sum­men als Mark­twert des urhe­berechtlich geschützten Gutes anzugeben. Im konkreten Fall machte der Ver­let­zte ca. 3.300 Euro an Schaden­er­satz für die Ver­wen­dung zweier klein­er Karte­nauss­chnitte auf ein­er Inter­net­seite gel­tend. Dem schob das Gericht einen Riegel vor, indem es fest­stellte, dass am Markt für ähn­liche Pro­duk­te Preise zwis­chen 7,90 Euro und 14,90 Euro erzielt wer­den, es daher fern liegt, einen 200fach höheren Tarif gel­tend zu machen (das Law-Blog hin­ter­fragte ähn­liche Gestal­tun­gen bere­its: Wie flex­i­bel kann die Lizen­zanalo­gie noch wer­den?).

Weit­er­hin sprach das Gericht dem Ver­let­zten, der sich bei der Abmah­nung eines Recht­san­walts bedi­ente, nicht die Kosten für dessen Ein­schal­tung zu, son­dern erkan­nte lediglich eine Aufwandspauschale als ersatzfähig an. Eine solche Pauschale, die etwa auch von (selb­st und nicht durch Anwälte) abmah­nen­den Ver­brauch­er­schutzvere­inen etc. erhoben wird, beträgt in aller Regel nur einen Bruchteil der üblichen Anwalts­ge­bühren.

Die Kosten eines Anwalts sind dann näm­lich nicht ersatzfähig, wenn der Geschädigte (etwa auf­grund sein­er langjähri­gen Erfahrung mit ver­gle­ich­baren Fällen, wegen der Masse der Angele­gen­heit­en oder weil er über eine eigene Rechtsabteilung ver­fügt) selb­st in der Lage ist, die Abmah­nung auszus­prechen. Gegebe­nen­falls ist bei Masse­nan­gele­gen­heit­en der Geschädigte sog­ar verpflichtet, sich eine Muster­abmah­nung fer­ti­gen zu lassen und diese dann je nach Fall selb­st „auszufüllen“. Die Ein­schal­tung eines Anwalts ist in solchen Fällen dann wed­er notwendig noch über­haupt geboten, son­dern dient meist nur dazu, den Abschreck­ungs­fak­tor der Abmah­nung in die Höhe zu treiben. Dies hielt das Gericht vor­liegend für gegeben, es kon­nte offen­bar davor aus­ge­hen, dass der ver­han­delte Fall nur ein­er aus ein­er Vielzahl ver­gle­ich­bar­er Sachver­halte war.

Alles in allem stellt die Entschei­dung (eines Amts­gerichts) sich­er wed­er einen Meilen­stein noch eine Trendwende der Recht­sprechung dar. Es ist aber den­noch schön zu sehen, dass sich ab und an die Gerichte darauf besin­nen, nicht nur alte Entschei­dun­gen ander­er Gerichte abzuschreiben, son­dern den konkret zur Beuteilung anste­hen­den Sachver­halt zu durch­denken und nach den (all­ge­mein gülti­gen und den­noch oft schlicht nicht ange­wandten) Kri­te­rien zu beurteilen.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Wettbewerbsrecht 16. Februar 2023

BGH zu Affiliate-Marketing: Alles ist schrecklich, aber Amazon haftet trotzdem nicht für seine Partner

Amazon muss nicht für seine Affiliate-Partner haften, entschied der Bundesgerichtshof. Rechtlich ist das Urteil kaum zu beanstanden, aber trotzdem hinterlässt es einen bitteren Nachgeschmack. Eine Einschätzung von Arne Trautmann.  (mehr …)

Crypto 20. Januar 2023

DAO: Die codierte Organisation

Haben Sie schon jemals darüber nachgedacht, was sich hinter dem Begriff „dezentralisierte autonome Organisation“ (DAO) verbirgt und welchen Einfluss die DAO im Alltag hat? Arne Trautmann berichtet aus der Fachwelt.  (mehr …)