Softwarepatente

Patentrecht | 14. April 2004
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Das rtfm-blog berichtet über die heute stat­tfind­ende Demon­stra­tion gegen Soft­warepatente in Brüs­sel. Ob die Proteste gegen Soft­warepatente generell berechtigt sind, wage ich zu bezweifeln.

Bekan­nter­maßen ist Soft­ware „also solche“ nicht paten­tier­bar, im Gegen­teil nach § 1 II PatG und Art. 52 II EPÜ expliz­it von der Paten­tierung ausgenom­men. Das rührt daher, dass es Soft­ware in der Regel an Tech­niz­ität fehlt, die aber für das Vor­liegen ein­er „Erfind­ung“ notwendig ist. Und nur für die wer­den Patente erteilt. Solche Tech­niz­ität liegt in ein­er „Lehre zum tech­nis­chen Han­deln“. Tech­nis­ches Han­deln wiederum ist “plan­mäßiges Han­deln unter Ein­satz beherrschbar­er Naturkräfte zur unmit­tel­baren Erre­ichung eines kausal überse­hbaren Erfol­gs”. Soft­ware läuft zwar auf “Tech­nik”, auf einem Rech­n­er, der natür­lich Naturkräfte in Gestalt des Elek­tro­mag­net­ismus ein­set­zt, aber das macht das Pro­gramm selb­st nicht tech­nisch. Umge­dreht aber, wenn – wie auch immer das zus­tande kom­men mag! – eine Soft­ware im Einzelfall tech­nis­chen Charak­ter hat, darf die darin steck­ende tech­nis­che Erfind­ung nicht allein deshalb die Paten­tier­barkeit ver­lieren, weil sie eben in Soft­ware gek­lei­det ist. Ger­ade das würde man aber erre­ichen, wollte man Soft­warepatente generell ver­bi­eten.

Die Argu­mente der Geg­n­er solch­er Patente sind in der Regel, dass Soft­warepatente die Inno­va­tion behin­dern und ein­seit­ig große Unternehmen bevorzu­gen. Gle­ichzeit­ig wird darauf hingewiesen, dass allzu oft Triv­i­al­itäten paten­tiert wer­den. Diese Argu­mente tre­f­fen aber bei­de nicht allein auf Soft­warepatente, son­dern auf das gesamte Paten­twe­sen zu. Ehrlicher­weise muss man dann das gesamte Gefüge des IP-Rechts hin­ter­fra­gen. Hier scheinen mit die Argu­mente nicht durchzuschla­gen.

Das Patentsys­tem ist ger­ade geschaf­fen wor­den, um Inno­va­tion zu belohnen. Wer Geld in Forschung und Entwick­lung steckt, der soll für eine gewisse Zeit auch von den Frücht­en allein par­tizip­ieren dür­fen. Nur so kann in ein­er Welt, in der Inno­va­tion teuer, das Her­stellen von dage­gen Pla­giat­en ein­fach ist, das Risiko des Entwick­lers hon­ori­ert wer­den. Gle­ichzeit­ig ist das Paten­twe­sen auch eine Insti­tu­tion zum Wis­senstrans­fer an die Gesellschaft, denn jedes Patent muss ja offen gelegt wer­den, es kann auch von der Konkur­renz gele­sen wer­den, die dann auch frei ist, Ver­fahren zur Umge­hung des Patents zu entwick­eln. Bei­de Aspek­te des Paten­twe­sens sind eine Erfol­gs­geschichte, sie haben sich bewährt.

Richtig ist sich­er die Kri­tik an den teil­weise doch arg erodierten Maßstäben an die Paten­twürdigkeit ein­er Erfind­ung. Diese muss bekan­nter­maßen neu sein, eine gewis­sen Erfind­ung­shöhe haben und gewerblich anwend­bar sein. Ger­ade am Vor­liegen ein­er aus­re­ichen­den Erfind­ung­shöhe kann man bei manchem ger­ade vom Europäis­chen Paten­tamt erteil­ten Soft­warepatent sich­er zweifeln. Dann ist die richtige Kon­se­quenz doch aber, die Prüf­s­tan­dards in den Ämtern wieder anzu­passen und bess­er aus­ge­bildete Prüfer anzustellen; ein Argu­ment gegen die Paten­tier­barkeit von Soft­ware als solch­er kann daraus aber nicht fol­gen: auch ander­weit­ig, etwa in der Mechanik, wer­den Triv­i­al­itäten paten­tiert.

Bess­er wäre es also meines Eracht­ens, keine Alles-oder-nicht-Diskus­sion zu führen, son­dern sich in der Sache über die Anforderun­gen an die Tech­niz­ität und Erfind­ung­shöhe ein­er com­put­er­im­ple­men­tierten Erfind­ung zu unter­hal­ten. Das ste­ht in weit­en Teilen noch aus.

Weit­er­führend: PA Axel H. Horns “on Patents on Com­put­er-Imple­ment­ed Inven­tions“, ein Beitrag auf dem IP JUR-Blog.

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