Softwarepatente — Nachschlag II

Patentrecht | 29. April 2004
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Bereits mehr­fach wur­den hier ja Fra­gen der Paten­tier­bar­keit von soft­ware­im­ple­men­tier­ten Erfin­dun­gen dis­ku­tiert. Kon­tor­ver­sen gab es dabei nicht nur bei der Fra­ge, ob sol­che Erfin­dun­gen über­haupt patent­recht­lich geschützt wer­den soll­ten, son­dern auch, wenn – wie es in der Pra­xis ja der Fall ist – sol­che Paten­te erteilt wer­den, wie die­se dann aus­se­hen könn­ten. Ein Vor­schlag, der der­zeit auch in der juris­ti­schen Fach­öf­fent­lich­keit behan­delt wird, ist die Offen­le­gung des Quell­codes einer com­pu­ter­im­ple­men­tier­ten Erfin­dung in der Offen­le­gungs­schrift wäh­rend des Paten­tie­rungs­ver­fah­rens. Das law-blog hat sich hier­zu und zu wei­te­ren Fra­gen unter Soft­ware-Ent­wick­lern umge­hört.

Wal­do Bas­ti­an vom KDE-Pro­jekt meint dazu aus tech­ni­scher Sicht: „Ich bin nicht über­zeugt, dass die Offen­le­gung des Quell­codes wirk­lich viel nut­zen wür­de. Viel­leicht könn­te es hel­fen, Lizenz­neh­mern die Imple­men­tie­rung der Erfin­dung in eige­ne Soft­ware zu erleich­tern. Gera­de die­se Hil­fe stellt in der Regel aber kein Pro­blem dar, wenn man eine paten­tier­te soft­ware­im­ple­men­tier­te Erfin­dung tat­säch­lich lizen­ziert, in der Regel wird dann im Gegen­zug eine Mus­ter-Imple­men­tie­rung gelie­fert.“

Er möch­te lie­ber an ande­rer Stel­le anset­zen. Bereits Jeff Bezos — der Grün­der von Amazon.com, die mit ihrem One-click-Patent die Dis­kus­si­on um Soft­ware-Paten­te ja erst rich­tig ent­fach­te – hat ja, gleich­sam vom Sau­lus zum Pau­lus gewan­delt, eine Reform des Patent­rechts mit Hin­blick auf die spe­zi­fi­schen Gege­ben­hei­ten von Soft­ware gefor­dert. Kern­punkt die­ses Reform­an­sat­zes wäre eine Redu­zie­rung der Schutz­dau­er von Soft­ware­pa­ten­ten. Das hält auch Wal­do Bas­ti­an für einen gang­ba­ren Weg:

„Wenn es Soft­ware­pa­ten­te schon geben muss, und man nur noch dar­über redet, wie sie aus­se­hen sol­len, dann wäre die bes­te Idee wohl, die Schutz­dau­er so kurz wie mög­lich zu bemes­sen. Fünf Jah­re wären wohl ange­mes­sen, viel­leicht auch nur drei. Das wür­de dem Erfin­der aus­rei­chend Zeit geben, die Erfin­dung zu ver­wer­ten und könn­te für Drit­te ein Anreiz sein, das Patent zu lizen­zie­ren anstatt Auf­wand in die Ent­wick­lung einer Umge­hung zu ste­cken. Vor allem aber wäre der Erfin­der fast gezwun­gen, sei­ne Erfin­dung nach­drück­lich zu ver­mark­ten, also die Erfin­dung auch in einer markt­gän­gi­gen Soft­ware umzu­set­zen. Zudem wäre der Anreiz, das Patent als rei­nes Sper­recht zu benut­zen, stark ver­min­dert.“

Eine sol­cher Rege­lung – wenn auch in umge­kehr­ter Hin­sicht — ist dem Patent­recht nicht fremd. Nach § 16a PatG, Art. 63 (2) EPÜ kann die Lauf­zeit eines Patents für bestimm­te Pro­duk­te ver­län­gert wer­den. Das betrifft Arz­nei- und Pflan­zen­schutz­mit­tel, bei denen ange­sichts der hohen Inves­ti­tio­nen und der lan­gen Zeit­dau­er, die zwi­schen der Erfin­dung und dem Inver­kehr­brin­gen von dar­aus resul­tie­ren­den Pro­duk­ten ver­streicht, eine sol­cher Ver­län­ge­rung als Inves­ti­ti­ons­schutz für die Erfin­der und Ver­mark­ter ange­mes­sen erscheint. Die­se Son­der­be­hand­lung ist also aus einer Beson­der­heit der betrof­fe­nen Pro­duk­te gerecht­fer­tigt. Umge­kehrt erscheint dann aber bei ande­ren Pro­duk­ten wie eben Soft­ware, bei denen eben wegen beson­de­rer Umstän­de eine Ver­kür­zung der Schutz­dau­er gerecht­fer­tigt erscheint, eine sol­che Son­der­re­ge­lung nicht mehr als Sys­tem­bruch oder Abkehr von Grund­sät­zen des Patent­rechts.

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