Bei der Diskussion um das Für und Wider von Softwarepatenten wird immer wieder betont, dass hier die Gefahr besteht, dass große Unternehmen kleine und mittelständische Wettbewerber gezielt vom Markt fernhalten, indem mit langen und teuren Rechtsstreiten gedroht wird. Das mag sein.
Es kann aber auch die Großen treffen, was Microsoft gerade vormacht.
Das Unternehmen benutzt in seinem Office-Paket eine bestimmte Technologie, mit der Daten zwischen den Anwendungen Access und Excel ausgetauscht werden. Bereits im Jahr 2003 wurde Microsoft von einem Herrn Carlos Amado verklagt, der die besagte Technologie im Jahre 1990 erfunden und 1994 patentiert hatte. Vor einem kalifornischen Gericht verlangte er von Microsoft die Zahlung von 500 Millionen US-Dollar. Ganz so weit wollte das Gericht dann wohl nicht gehen, sprach aber – nachdem es neu von zehn der Klagepunkte abwies – immerhin 8,9 Millionen Dollar zu.
Neben dem Geld geht es aber auch um Unterlassung: Microsoft darf den rechtsverletzenden Code nicht mehr verwenden. Jedenfalls nicht, soweit dabei Office-Versionen seit dem Juli 2003 betroffen sind (die davor liegende Verwendung wird von der Urteilssumme erfasst). Und damit nicht genug: für die bestehenden Installationen bei Kunden muss Microsoft eine entsprechend korrigierte Version seines Office-Paktes bereitstellen.
Die wirklich spannende Frage ist natürlich, inwiefern sich auch Nutzer der Office-Pakete selbst einem rechtlichen Risiko aussetzen, wenn sie diese neue Version nicht benutzen. In Ermangelung der anwendbaren US/kalifornischen Vorschriften greife ich im Vertrauen, dass Patentgesetze weltweit ähnlich funktionieren, auf das deutsche PatG zurück. Dort heißt es:
§ 9 PartG
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
1. ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2. ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3. das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
Ich vermute, dass es sich bei dem hier einschlägigen Softwarepatent um ein Verfahrenspatent handelt, so dass § 9 Satz 2 Nr. 2 PatG einschlägig wäre. Dritten ist dann die Anwendung des Verfahrens untersagt, das betrifft auch die Endanwender. Streng genommen kann damit jeder (amerikanische) Nutzer in das Visier des klagelustigen Erfinders geraten.
Nun ist es in Fällen wie dem vorliegenden eher selten, dass in der Tat Nutzer angegangen werden, man hält sich lieber an die unbeweglichen Ziele. Aber rechtlich ausgeschlossen wäre es keineswegs. Microsoft verspricht zwar, Nutzer von möglichern Ersatzforderungen freizustellen, wirklich angenehm wird ein möglicher Verletzungsrechtsstreit dadurch aber auch nicht.
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