Softwarepatentstreit: Microsoft beglückt US-Office-User mit Zwangsupdate

Patentrecht | 31. Januar 2006
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Bei der Dis­kus­si­on um das Für und Wider von Soft­ware­pa­ten­ten wird immer wie­der betont, dass hier die Gefahr besteht, dass gro­ße Unter­neh­men klei­ne und mit­tel­stän­di­sche Wett­be­wer­ber gezielt vom Markt fern­hal­ten, indem mit lan­gen und teu­ren Rechts­strei­ten gedroht wird. Das mag sein.

Es kann aber auch die Gro­ßen tref­fen, was Micro­soft gera­de vor­macht.

Das Unter­neh­men benutzt in sei­nem Office-Paket eine bestimm­te Tech­no­lo­gie, mit der Daten zwi­schen den Anwen­dun­gen Access und Excel aus­ge­tauscht wer­den. Bereits im Jahr 2003 wur­de Micro­soft von einem Herrn Car­los Ama­do ver­klagt, der die besag­te Tech­no­lo­gie im Jah­re 1990 erfun­den und 1994 paten­tiert hat­te. Vor einem kali­for­ni­schen Gericht ver­lang­te er von Micro­soft die Zah­lung von 500 Mil­lio­nen US-Dol­lar. Ganz so weit woll­te das Gericht dann wohl nicht gehen, sprach aber – nach­dem es neu von zehn der Kla­ge­punk­te abwies – immer­hin 8,9 Mil­lio­nen Dol­lar zu.

Neben dem Geld geht es aber auch um Unter­las­sung: Micro­soft darf den rechts­ver­let­zen­den Code nicht mehr ver­wen­den. Jeden­falls nicht, soweit dabei Office-Ver­sio­nen seit dem Juli 2003 betrof­fen sind (die davor lie­gen­de Ver­wen­dung wird von der Urteils­sum­me erfasst). Und damit nicht genug: für die bestehen­den Instal­la­tio­nen bei Kun­den muss Micro­soft eine ent­spre­chend kor­ri­gier­te Ver­si­on sei­nes Office-Pak­tes bereit­stel­len.

Die wirk­lich span­nen­de Fra­ge ist natür­lich, inwie­fern sich auch Nut­zer der Office-Pake­te selbst einem recht­li­chen Risi­ko aus­set­zen, wenn sie die­se neue Ver­si­on nicht benut­zen. In Erman­ge­lung der anwend­ba­ren US/kalifornischen Vor­schrif­ten grei­fe ich im Ver­trau­en, dass Patent­ge­set­ze welt­weit ähn­lich funk­tio­nie­ren, auf das deut­sche PatG zurück. Dort heißt es:

§ 9 PartG

Das Patent hat die Wir­kung, dass allein der Patent­in­ha­ber befugt ist, die paten­tier­te Erfin­dung im Rah­men des gel­ten­den Rechts zu benut­zen. Jedem Drit­ten ist es ver­bo­ten, ohne sei­ne Zustim­mung

1. ein Erzeug­nis, das Gegen­stand des Patents ist, her­zu­stel­len, anzu­bie­ten, in Ver­kehr zu brin­gen oder zu gebrau­chen oder zu den genann­ten Zwe­cken ent­we­der ein­zu­füh­ren oder zu besit­zen;

2. ein Ver­fah­ren, das Gegen­stand des Patents ist, anzu­wen­den oder, wenn der Drit­te weiß oder es auf Grund der Umstän­de offen­sicht­lich ist, daß die Anwen­dung des Ver­fah­rens ohne Zustim­mung des Patent­in­ha­bers ver­bo­ten ist, zur Anwen­dung im Gel­tungs­be­reich die­ses Geset­zes anzu­bie­ten;

3. das durch ein Ver­fah­ren, das Gegen­stand des Patents ist, unmit­tel­bar her­ge­stell­te Erzeug­nis anzu­bie­ten, in Ver­kehr zu brin­gen oder zu gebrau­chen oder zu den genann­ten Zwe­cken ent­we­der ein­zu­füh­ren oder zu besit­zen.

Ich ver­mu­te, dass es sich bei dem hier ein­schlä­gi­gen Soft­ware­pa­tent um ein Ver­fah­rens­pa­tent han­delt, so dass § 9 Satz 2 Nr. 2 PatG ein­schlä­gig wäre. Drit­ten ist dann die Anwen­dung des Ver­fah­rens unter­sagt, das betrifft auch die End­an­wen­der. Streng genom­men kann damit jeder (ame­ri­ka­ni­sche) Nut­zer in das Visier des kla­ge­lus­ti­gen Erfin­ders gera­ten.

Nun ist es in Fäl­len wie dem vor­lie­gen­den eher sel­ten, dass in der Tat Nut­zer ange­gan­gen wer­den, man hält sich lie­ber an die unbe­weg­li­chen Zie­le. Aber recht­lich aus­ge­schlos­sen wäre es kei­nes­wegs. Micro­soft ver­spricht zwar, Nut­zer von mög­li­chern Ersatz­for­de­run­gen frei­zu­stel­len, wirk­lich ange­nehm wird ein mög­li­cher Ver­let­zungs­rechts­streit dadurch aber auch nicht.

Will­kom­men in der Welt der bunt­schil­lern­den Schutz­rech­te.

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