Titelschutz und Titelschutzanzeigen – wie schnell muss man darauf reagieren?

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Der Schutz von Werk­ti­teln ist im Mar­ken­ge­setz gere­gelt. Der Werk­ti­tel ist eine sehr häu­fi­ge Form des gesi­ti­gen Eigen­tums. Werk­ti­tel ist fast jeder Buch- und Zeit­schrif­ten­ti­tel, jeder Spiel­film­ti­tel, in der Regel auch der Name einer Com­pu­ter­soft­ware, eines Video­spiels. Gleich­wohl wird die­ses Rechts­gut im Ver­gleich zur Mar­ke eher sel­ten the­ma­ti­siert. Der Bei­trag befasst sich mit dem Titel­schutz und Beson­der­hei­ten bei der Rechts­ver­fol­gung durch einst­wei­li­ge Ver­fü­gung.

Der Name oder die beson­de­re Bezeich­nung einer Druck­schrift, eines Film‑, Ton oder Büh­nen­wer­kes oder sons­ti­ger ver­gleich­ba­rer Wer­ke wird nach § 5 Abs. 3 Mar­kenG als Werk­ti­tel geschützt. Eine Ein­tra­gung oder sons­ti­ge Regis­trie­rung ist nicht erfor­der­lich. Der Schutz wird durch die Benut­zung selbst erwor­ben, sofern der Werk­ti­tel eine hin­rei­chen­de Unter­schei­dungs­kraft auf­weist (der Titel „Koch­buch“ ist für ein sol­ches Werk nicht schutz­fä­hig, der Titel „Piz­za & Pas­ta“ wur­de hin­ge­gen als aus­rei­chend unter­schei­dungs­kräf­tig ein­ge­stuft). Durch eine Titel­schutz­an­zei­ge, also die Ver­öf­fent­li­chung des Titels ohne Erschei­nen des bezeich­ne­ten Wer­kes) kann der Zeit­punkt des Schutz­er­werbs bis zu sechs Mona­te vor­ver­la­gert wer­den. Eine Titel­schutz­an­zei­ge stellt eine öffent­li­che Ankün­di­gung eines Wer­kes unter dem Titel in bran­chen­üb­li­cher Wei­se dar, etwa in einem Titel­schutz­jour­nal (vgl. Fezer, Mar­ken­recht, 3. Aufl., § 15 Rn. 167f). Ein Bei­spiel ist die Vor­ver­öf­fent­li­chung eines Buch­ti­tels im Bör­sen­blatt des Deut­schen Buch­han­dels. Damit kön­nen die Prio­ri­täts­rech­te an einem Titel gesi­chert wer­den, bevor das damit bezeich­ne­te Werk tat­säch­lich erscheint. Für die Ver­lags­pra­xis ist dies eine sinn­vol­le und not­wen­di­ge Pla­nungs­mög­lich­keit.

Was aber, wenn A einen Titel ver­wen­det und B dar­an bereits die älte­ren Rech­te hat? Um eine rechts­ver­let­zen­de Benut­zung des geschütz­ten Titels zu unter­bin­den, kann B gegen A kla­gen. Um sei­ne Ansprü­che schnell zu sichern, kann er nach den §§ 935 ff ZPO eine einst­wei­li­ge Ver­fü­gung erwir­ken. Dazu muss er aber (unter ande­rem) die sog. Dring­lich­keits­frist beach­ten.

Was ist eine Dring­lich­keits­frist? Dring­lich­keits­frist nennt man die Zeit zwi­schen Kennt­nis­nah­me von Rechts­ver­let­zung und der Per­son des Ver­ant­wort­li­chen und Ein­rei­chung des Antrags auf Erlass einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung durch den Ver­letz­ten. Die­se Frist ist gesetz­lich nicht gere­gelt und des­halb nicht abso­lut. Viel­mehr hat das Gericht je nach Lage des Falls zu ent­schei­den, ob die für eine einst­wei­li­gen Ver­fü­gung erfor­der­li­che Dring­lich­keit gege­ben ist, oder ob die Dring­lich­keit schon auf­grund des Zeit­ab­laufs wider­legt ist. Mit ande­ren Wor­ten: wer als Antrags­stel­ler zu lan­ge war­tet, bis er etwas gegen die Recht­ver­let­zung unter­nimmt, hat es offen­bar nicht so eilig, dass der Erlass einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung gerecht­fer­tigt wäre. In die­sem Fall muss der Ver­letz­te also den Weg der ordent­li­chen Kla­ge beschrei­ten (und hier­bei die Ver­jäh­rungs­frist beach­ten). Die Gerich­te haben hier Faust­re­geln auf­ge­stellt. Im Bereich des OLG Ham­burg wird die Dring­lich­keits­frist auf bis zu sechs Mona­te erstreckt. Im Bereich des OLG Mün­chen hin­ge­gen wird bei einem Zeit­ab­lauf von mehr als einem Monat die Gren­ze gezo­gen.

Das OLG Ham­burg hat mit Urteil vom 17. Dezem­ber 2003 ent­schie­den, wann die Dring­lich­keits­frist für einst­wei­li­ge Ver­fü­gung gegen die Ver­wen­dung eines Buch­ti­tels zu lau­fen beginnt.

Nach Rechts­auf­fas­sung des OLG Ham­burg beginnt die Dring­lich­keits­frist für eine einst­wei­li­ge Ver­fü­gung wegen Titel­schut­zes in der Regel bereits mit Kennt­nis­nah­me von der Titel­schutz­an­zei­ge zu lau­fen. Durch die tat­säch­li­che Titel­ver­wen­dung wer­de nur dann eine neue Dring­lich­keits­frist in Gang gesetzt, wenn die tat­säch­li­che Ver­wen­dung gegen­über dem in der Titel­schutz­an­zei­ge ange­kün­dig­ten Titel eine wesent­lich ver­än­der­te Ver­let­zungs­qua­li­tät auf­wei­se. Als Bei­spiel gilt der Fall, wenn erst durch die Form der tat­säch­li­chen Ver­wen­dung des Titels eine Ver­wechs­lungs­ge­fahr mit einem älte­ren Titel begrün­det wird.

Fazit: Wer von einer Titel­schutz­an­zei­ge Kennt­nis erlangt, soll­te sei­ne Rech­te (in die­sem Fall: vor­beu­gen­der Unter­las­sungs­an­spruch) sofort wahr­neh­men, statt auf die tat­säch­li­che Ver­wen­dung des Titels im Geschäfts­ver­kehr zu war­ten. Zwar ver­liert der Inha­ber älte­rer Rech­te nicht sein Recht, er muss es aber mög­li­cher­wei­se durch ordent­li­che Kla­ge durch­set­zen. Ein sol­cher Pro­zess nimmt viel Zeit in Anspruch. Bis zum Urteil kann die recht­wid­ri­ge Ver­wen­dung des jün­ge­ren Titels schon weit vor­an­ge­schrit­ten sein. Der Scha­den­er­satz­an­spruch ist dem Grun­de nach zwar regel­mä­ßig gege­ben, der Nach­weis eines Scha­dens ist aber oft schwie­rig.

Moritz Poh­le
Rechts­an­walt

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