Schärfere Transparenzregisterpflichten zum 1. Juli: Vor allem GmbHs müssen jetzt handeln

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Compliance | 9. Juni 2022
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Das deutsche Trans­paren­zreg­is­ter beste­ht zwar schon seit 2017. Viele Unternehmen hat­ten bis­lang keine zusät­zlichen Prüf- und Meldepflicht­en, weil die Infor­ma­tio­nen im Han­del­sreg­is­ter standen. Damit ist jet­zt Schluss, zum 30. Juni 2022 endet die Über­gangs­frist für GmbHs. Wer jet­zt wann was tun muss, erk­lärt Chris­tine Lange.

Das deutsche Trans­paren­zreg­is­ter wurde im Jahr 2017 geschaf­fen. Deutsch­land kam damit sein­er euro­parechtlichen Pflicht zur Umset­zung der EU-Richtlin­ie zur Bekämp­fung von Geld­wäsche und Ter­ror­is­mus­fi­nanzierung (Richtlin­ie (EU) 2015/849 vom 20. Mai 2015) nach.

Eines der wichtig­sten Ziele der Richtlin­ie ist es, mehr Trans­parenz über Unternehmen und ihre sog. wirtschaftlich Berechtigten zu schaf­fen. Es geht also darum, öffentlich zu machen, wer die Kon­trolle über ein Unternehmen ausübt. Deshalb müssen seit­dem viele deutsche Unternehmen und Vere­ini­gun­gen, ins­beson­dere juris­tis­che Per­so­n­en des Pri­va­trechts und einge­tra­gene Per­so­n­enge­sellschaften, per­sön­liche Dat­en zu ihren sog. wirtschaftlich Berechtigten ein­holen, auf­be­wahren, auf aktuellem Stand hal­ten und der reg­is­ter­führen­den Stelle unverzüglich melden.

Zunächst war das Trans­paren­zreg­is­ter allerd­ings als sog. Auf­fan­greg­is­ter konzip­iert. Wenn die Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten sich schon aus anderen öffentlichen Reg­is­tern ergaben (z.B. dem Handels‑, Part­ner­schafts- oder Unternehmen­sreg­is­ter), mussten die Unternehmen nichts mehr ans Trans­paren­zreg­is­ter melden, das Gesetz sah eine sog. Melde­fik­tion vor.

Davon prof­i­tierten ins­beson­dere auch viele Unternehmen in der Rechts­form der GmbH. Deren wirtschaftlich Berechtigte ergeben sich bei ein­fachen Beteili­gungsstruk­turen näm­lich meist unmit­tel­bar aus den beim Han­del­sreg­is­ter hin­ter­legten Gesellschafterlis­ten. Auch wenn ein tat­säch­lich­er wirtschaftlich Berechtigter nicht festzustellen war, ergab sich der Geschäfts­führer als sog. fik­tiv­er wirtschaftlich Berechtigter aus dem Han­del­sreg­is­ter, so dass keine Meldepflicht bestand. Das ändert sich mit Ablauf des 30. Juni 2022.

Wer muss bis zum 30. Juni 2022 aktiv werden?

Mit ein­er zum 1. August 2021 in Kraft getrete­nen Geset­zesän­derung, wiederum in Umset­zung EU-rechtlich­er Vor­gaben, wurde das Trans­paren­zreg­is­ter zum Voll­reg­is­ter umge­wan­delt. Die Melde­fik­tion wurde ersat­z­los gestrichen. Grund­sät­zlich gilt nun: Alle Unternehmen, die vom Gesetz als sog. trans­paren­zpflichtige Recht­sein­heit­en ange­se­hen wer­den, müssen aktiv zum Trans­paren­zreg­is­ter melden, unab­hängig davon, ob und welche Dat­en sich bere­its aus anderen öffentlichen Reg­is­tern ergeben.

Das Gesetz räumt allerd­ings Über­gangs­fris­ten ein.

  • Für Aktienge­sellschaften, SE und Kom­man­dit­ge­sellschaften auf Aktien galt eine Über­gangs­frist bis 31. März 2022.
  • Für GmbH, Genossen­schaft, Europäis­che Genossen­schaft und Part­ner­schaft gilt die Über­gangs­frist bis 30. Juni 2022.
  • Für andere einge­tra­gene Per­so­n­enge­sellschaften (OHG, KG) läuft eine Über­gangs­frist bis 31. Dezem­ber 2022.

Hand­lungs­be­darf beste­ht also bis zum 30. Juni 2022 ins­beson­dere für GmbHs. Ver­ant­wortlich für die Vor­nahme der Mel­dung ist der Geschäfts­führer.

Da die Über­gangs­fris­ten nur solchen trans­paren­zpflichti­gen Recht­sein­heit­en eingeräumt wur­den, die zum Stand 31. Juli 2021 noch von der Melde­fik­tion prof­i­tierten, sind aktuell ger­ade diejeni­gen GmbHs zur Mel­dung aufgerufen, deren wirtschaftlich Berechtigte unmit­tel­bar aus Gesellschafterlis­ten bzw. Reg­is­tere­in­tra­gun­gen ersichtlich sind.

Unternehmen, die seit dem 1. August 2021 neu gegrün­det wur­den sowie solche, die schon aus anderen Grün­den als dem Weg­fall der Melde­fik­tion melden mussten, mussten auch schon bish­er sofort ans Trans­paren­zreg­is­ter melden.

Wer nun fest­stellt, beste­hende Meldepflicht­en, egal aus welchen Grün­den, bish­er nicht erfüllt zu haben, sollte die Mel­dung schnell­st­möglich nach­holen.

Was ist zu melden?

Das Trans­paren­zreg­is­ter fragt danach, wer der wirtschaftlich Berechtigte ist.

Wirtschaftlich Berechtigte sind nach der Def­i­n­i­tion im Gesetz natür­liche Per­so­n­en – und zwar solche, in deren Eigen­tum oder unter deren Kon­trolle eine juris­tis­che Per­son, Gesellschaft oder Rechts­gestal­tung let­ztlich ste­ht.

Bei juris­tis­chen Per­so­n­en des Pri­va­trechts (zu denen auch die GmbH zählt) und einge­tra­ge­nen Per­so­n­enge­sellschaften ist wirtschaftlich Berechtigter jede natür­liche Per­son, die unmit­tel­bar oder mit­tel­bar

  • mehr als 25 % der Kap­i­ta­lanteile hält
  • mehr als 25 % der Stimm­rechte kon­trol­liert oder
  • auf ver­gle­ich­bare Weise Kon­trolle ausüben kann.

Die Prü­fung der wirtschaftlichen Berech­ti­gung kann, ins­beson­dere bei ver­schachtel­ten Beteili­gungsstruk­turen, dur­chaus kom­plex sein. Schwierigkeit­en kön­nen sich zudem ergeben, wenn bei Beteili­gun­gen über mehrere Beteili­gungsebe­nen auch noch Aus­lands­ge­sellschaften involviert sind. Detail­lierte Infor­ma­tio­nen, auch zu beson­deren Fallgestal­tun­gen und deren Hand­habung in der Prax­is, bieten die aus­führlichen FAQ des Bun­desver­wal­tungsamtes (BVA).

Wichtig ist auch mit Blick auf kün­ftige Änderun­gen, dass das Gesetz nicht nur eine ein­ma­lige Mel­dung zum Trans­paren­zreg­is­ter ver­langt. Vielmehr müssen alle meldepflichti­gen Unternehmen Prozesse definieren, die sich­er­stellen, dass kün­ftig jede rel­e­vante Änderung nicht nur zum Han­del­sreg­is­ter, son­dern auch zum Trans­paren­zreg­is­ter angemeldet wird. Damit ist zwangsläu­fig zusät­zlich­er Ver­wal­tungsaufwand ver­bun­den.

Was passiert, wenn man nicht rechtzeitig meldet?

Erfol­gt trotz Meldepflicht keine Mel­dung zum Trans­paren­zreg­is­ter, kann das BVA Bußgelder ver­hän­gen.

Auf der Inter­net­seite des BVA wer­den zudem kün­ftig Unternehmen öffentlich mit namentlich­er Nen­nung auffind­bar sein, gegen die das BVA ein Bußgeld von mehr als 200 Euro ver­hängt hat („Name-and-Shame-Ver­fahren“).

Was, wenn es zu einer Unstimmigkeitsmeldung kommt?

Verpflichtete im Sinne des Geld­wäschege­setz wie zum Beispiel Banken, Steuer­ber­ater, Recht­san­wälte und Notare) müssen u.a. prüfen, ob zu ihrem Ver­tragspart­ner der richtige wirtschaftlich Berechtigte zum Trans­paren­zreg­is­ter gemeldet ist.

Fehlt eine erforder­liche Mel­dung oder ist eine vorhan­dene Mel­dung aus ihrer Sicht inhaltlich unzutr­e­f­fend, müssen diese Verpflichteten soge­nan­nte Unstim­migkeitsmeldun­gen machen.

Das Trans­paren­zreg­is­ter ver­sieht dann zunächst den betrof­fe­nen Ein­trag mit einem sog. Unstim­migkeitsver­merk. Wer das Reg­is­ter abruft, kann also erken­nen, dass das Trans­paren­zreg­is­ter  die Infor­ma­tio­nen ger­ade über­prüft. Für diesen Check kann die reg­is­ter­führende Stelle sowohl bei der trans­paren­zpflichti­gen Recht­sein­heit als auch bei dem Verpflichteten, der die Unstim­migkeitsmeldung gemacht hat, Unter­la­gen und weit­ere Infor­ma­tio­nen anfordern. Auch hier dro­hen bei Mis­sach­tung Bußgelder.

Hin­weis: Das Trans­paren­zreg­is­ter prüft Mel­dun­gen im Rah­men der erst­ma­li­gen Ein­tra­gung grund­sät­zlich nicht inhaltlich. Es kon­trol­liert nur, ob die gemacht­en Angaben in sich schlüs­sig sind und trägt dann ein. Anders als etwa beim Han­del­sreg­is­ter bietet die Ein­tra­gung im Trans­paren­zreg­is­ter deshalb keine Gewähr für die Richtigkeit der gemelde­ten Angaben, das Reg­is­ter ent­fal­tet auch keine Pub­liz­itätswirkung. Eine inhaltliche Über­prü­fung nimmt das Trans­paren­zreg­is­ter nur und erst im Unstim­migkeitsver­fahren vor.

Viel Aufwand, wenig Ertrag – vielleicht sogar ohne Rechtsgrundlage?

Am Trans­paren­zreg­is­ter und der gewählten Umwand­lung in ein Voll­reg­is­ter wird vielfach Kri­tik geübt, aus mein­er Sicht in weit­en Teilen zu Recht: Eine Verknüp­fung mit den anderen deutschen Reg­is­tern finde nicht statt, der zusät­zliche Ver­wal­tungsaufwand für Unternehmen brin­gen in vie­len Fällen keinen nen­nenswerten Erken­nt­nis­gewinn. Wegen der dop­pel­ten Mel­dung beste­he die Gefahr von Abwe­ichun­gen und die Qual­ität der Dat­en könne sich sog­ar ver­schlechtern, zumal das Trans­paren­zreg­is­ter nur bei Unstim­migkeitsmeldun­gen und OWi-Ver­fahren über­haupt inhaltlich prüft.

Zudem ver­fehle, so die Kri­tik­er, das Trans­paren­zreg­is­ter sein Ziel, Geld­wäsche zu bekämpfen. Ger­ade in den Fällen, in denen durch kom­plizierte Struk­turen Ver­schleierung betrieben werde, gewährleiste es nicht die gewün­schte Trans­parenz.

Der Gen­er­alan­walt beim Europäis­chen Gericht­shof Gio­van­ni Pitruzzel­la hält die Richtlin­ie (EU) 2015/849, auf der das deutsche Trans­paren­zreg­is­ter beruht, für zumin­d­est teil­weise ungültig. Grun­drechte der Betrof­fe­nen, deren per­sön­liche Dat­en offen­gelegt wer­den, wür­den nicht aus­re­ichend beachtet, erk­lärte er in zwei Schlus­santrä­gen vom 20. Jan­u­ar 2022. Eine Entschei­dung des Europäis­chen Gericht­shofs darüber bleibt aber eben­so abzuwarten wie weit­ere Entwick­lun­gen in der deutschen Umset­zung. Aktuell hil­ft es alles nichts, die Devise lautet: Meldepflicht­en prüfen und diesen nachkom­men!

Chris­tine Lange berät und ver­tritt Unternehmen aller Größen, meist mit­tel­ständis­che Unternehmen, sowie deren Gesellschafter, in allen Fra­gen des Gesellschaft­srechts, ins­beson­dere auch bei Unternehmen­stransak­tio­nen. Der Schw­er­punkt ihrer Tätigkeit liegt auf dem Kap­i­talge­sellschaft­srecht. Daneben berät und ver­tritt sie auch im Han­del­srecht, ins­beson­dere im Han­delsvertreter­recht. Ein Branchen­fokus liegt hier­bei auf dem Ver­sicherungs­bere­ich. Ihre Tätigkeit umfasst vor allem auch die Prozess­führung. https://www.linkedin.com/in/christine-lange-928846108/

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