Traumreise gegen Corona-Blues – Risiken und Nebenwirkungen aus arbeitsrechtlicher Sicht

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Die Urlaub­szeit ist da und nach dem Lock­down steigt das Reise­fieber.

Dem kommt ent­ge­gen, dass für die meis­ten EU-Län­der und die Schen­gen-assozi­ierten Staat­en sowie beispiel­sweise Großbri­tan­nien und Nordir­land derzeit für touris­tis­che Zwecke keine Reise­war­nun­gen mehr beste­hen.

Wen das Fer­n­weh in andere Gefilde zieht, sollte vor­ab einen Blick in die Liste der Risiko­ge­bi­ete, die vom Robert-Koch-Insti­tut (RKI) veröf­fentlich wird, wer­fen. Denn ein­schlägige Lan­desverord­nun­gen (z.B. die Bay­erische Ein­reise-Quar­an­tän­everord­nung, EQV) sehen bei (Wieder-) Ein­reise aus einem Risiko­ge­bi­et grund­sät­zlich eine 14-tägige Quar­an­täne vor, soweit kein aktuelles ärztlich­es Neg­a­ti­vat­test vorgelegt wer­den kann. Aus­nah­men und Details sind unter­schiedlich geregelt. Welch­es Land als Risiko­ge­bi­et eingestuft wird, kann sich jed­erzeit ändern.

Aus arbeit­srechtlich­er Sicht stellen sich einige Fra­gen:

Muss der Arbeit­nehmer seinen Arbeit­ge­ber über sein Reiseziel informieren?

Wird eine Quar­an­tänezeit auf bere­its genomme­nen Urlaub angerech­net?

Was gilt, wenn die Arbeit nicht wie geplant pan­demiebe­d­ingt nach dem Urlaub aufgenom­men wer­den kann?

Auskunftspflicht?

An sich geht es den Arbeits­ge­ber nichts an, wo der Arbeit­nehmer seinen Urlaub ver­bringt. Da der Arbeit­ge­ber seinen Schutzpflicht­en gegenüber Belegschaft und Kun­den etc. aber nur nachkom­men kann, wenn er über ein erhöht­es Infek­tion­srisiko im Betrieb informiert ist, wird ihm ein entsprechen­des Fragerecht zuge­bil­ligt — es sei denn, der Arbeit­nehmer arbeit­et ohne­hin auss­chließlich im Home­of­fice. Der konkrete Urlaub­sort muss dabei jedoch nicht genan­nt wer­den. Die Recht­fer­ti­gung zur Ver­ar­beitung der Dat­en ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO, § 26 Abs. 1 BDSG.

Vertaner Urlaub bei Quarantäne?

Nach § 9 Bun­desurlaub­s­ge­setz (BurlG) gilt: Wenn ein Arbeit­nehmer während des Urlaubs erkrankt, so wer­den die durch ärztlich­es Attest nachgewiese­nen Tage der Arbeit­sun­fähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerech­net. Für den Fall ein­er bloßen Quar­an­täne beste­ht hinge­gen kein Anrech­nungsver­bot. Es liegt grund­sät­zlich im Risikobere­ich des Arbeit­nehmers, ob und wie er den Erhol­ungszweck im Urlaub real­isieren kann.

Lohnsicherung bei Reise ins Risikogebiet?

Selb­st bei ein­er Erkrankung beste­ht nach § 3 Ent­gelt­fortzahlungs­ge­setz (EFZG) nur dann ein Ent­geltanspruch, wenn den Arbeit­nehmer an der Arbeit­sun­fähigkeit kein Ver­schulden trifft. Das­selbe gilt, wenn der Arbeit­nehmer sich in Quar­an­täne begeben muss: § 616 BGB set­zt für den Zahlungsanspruch bei vorüberge­hen­der Ver­hin­derung aus per­sön­lichem Grund voraus, dass dem Arbeit­nehmer kein Ver­schulden vorzuw­er­fen ist. Schließlich spielt auch beim Entschädi­gungsanspruch nach dem Infek­tion­ss­chutzge­setz (IFSG) der Ver­schulden­saspekt eine Rolle (§ 56 Abs. 1 S. 3 IFSG).

Beg­ibt sich der Reisende sehen­den Auges in ein Risiko­ge­bi­et, um dort Erhol­ung zu suchen, kann man wohl dur­chaus ein leicht­fer­tiges Ver­hal­ten gegen eigene Inter­essen und damit auch ein schuld­haftes Ver­hal­ten beja­hen. Das Bay­erische Min­is­teri­um für Gesund­heit und Pflege weist expliz­it darauf hin, dass keine Entschädi­gung nach dem IFSG erhält, wer in ein Risiko­ge­bi­et reist und bei der Abreise weiß oder grob fahrläs­sig nicht weiß, dass er sich bei der Wiedere­in­reise nach Deutsch­land in Quar­an­täne begeben muss.

Möglicher­weise kann die Rück­reise wegen storniert­er Flüge oder Durchrei­se­ver­boten nicht wie geplant erfol­gen. Staatlich organ­isierte Rück­ho­lak­tio­nen soll es nicht mehr geben. Auch hier beste­hen keine Ansprüche gegen den Arbeit­ge­ber oder nach dem IFSG. Die Voraus­set­zun­gen des § 616 BGB liegen schon unab­hängig von einem etwaigen Ver­schulden des Arbeit­nehmers nicht vor, denn das Risiko, rechtzeit­ig zu seinem Arbeit­splatz zu gelan­gen, trägt der Arbeit­nehmer.

Fazit:

Bevor Beruf­stätige ihre Kof­fer für die Traum­reise in der Ferne pack­en, soll­ten Sie sich bewusst­machen, dass sie gegebe­nen­falls Ver­di­en­stein­bußen in nicht uner­he­blich­er Höhe in Kauf nehmen müssen. Unter Umstän­den kommt sog­ar eine Abmah­nung in Betra­cht, wenn die Arbeitsver­hin­derung wissentlich her­beige­führt wurde.

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