Überwachung von öffentlichem Raum und Bundeskanzlerin

Datenschutz | 28. März 2006
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Sich­er haben Sie davon gele­sen, dass die Video-Überwachungskam­eras des Berlin­er Perg­a­mon-Muse­ums nicht nur sel­bige Ein­rich­tung und deren Vor­platz, son­dern neben­bei auch noch das Wohnz­im­mer der Frau Dr. Merkel, bekan­nt als Bun­deskan­z­lerin dieses, unseres Lan­des überwachen. Das ist eine Geschichte, die nicht nur pikant ist, weil mit der Bun­deskan­z­lerin natür­lich eine beson­ders promi­nente Per­son betrof­fen ist, son­dern auch, weil ähn­liche Vorkomm­nisse – eben weniger promi­nent – wohl in jed­er Stadt jeden Tag vorkom­men. Die Videoüberwachung öffentlich­er Räume, eigentlich als Lösung für die Prob­lematik der Ver­fol­gung von Gewaltkrim­i­nal­ität gedacht, ist inzwis­chen selb­st zum Prob­lem gewor­den.

Dabei ist die geset­zliche Regelung – die es, wir sind in Deutsch­land, natür­lich gibt – eigentlich ein­deutig und sin­nvoll:

§ 6b BDSG — Beobach­tung öffentlich zugänglich­er Räume mit optisch-elek­tro­n­is­chen Ein­rich­tun­gen

(1) Die Beobach­tung öffentlich zugänglich­er Räume (das meint all­ge­mein „Bere­iche“ es muss kein über­dachter „Raum“ vor­liegen, d.A.) mit optisch-elek­tro­n­is­chen Ein­rich­tun­gen (Videoüberwachung) ist nur zuläs­sig, soweit sie
1. zur Auf­gaben­er­fül­lung öffentlich­er Stellen,
2. zur Wahrnehmung des Haus­rechts oder
3. zur Wahrnehmung berechtigter Inter­essen für konkret fest­gelegte Zwecke
erforder­lich ist und keine Anhalt­spunk­te beste­hen, dass schutzwürdi­ge Inter­essen der Betrof­fe­nen über­wiegen.
(2) Der Umstand der Beobach­tung und die ver­ant­wortliche Stelle sind durch geeignete Maß­nah­men erkennbar zu machen.
(3) Die Ver­ar­beitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobe­nen Dat­en ist zuläs­sig, wenn sie zum Erre­ichen des ver­fol­gten Zwecks erforder­lich ist und keine Anhalt­spunk­te beste­hen, dass schutzwürdi­ge Inter­essen der Betrof­fe­nen über­wiegen. Für einen anderen Zweck dür­fen sie nur ver­ar­beit­et oder genutzt wer­den, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicher­heit sowie zur Ver­fol­gung von Straftat­en erforder­lich ist.
(4) Wer­den durch Videoüberwachung erhobene Dat­en ein­er bes­timmten Per­son zuge­ord­net, ist diese über eine Ver­ar­beitung oder Nutzung entsprechend den §§ 19a und 33 zu benachrichti­gen.
(5) Die Dat­en sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erre­ichung des Zwecks nicht mehr erforder­lich sind oder schutzwürdi­ge Inter­essen der Betrof­fe­nen ein­er weit­eren Spe­icherung ent­ge­gen­ste­hen.

Daraus ergibt sich ganz zwan­g­los, dass in unserem BK-Fall unter min­destens drei Gesicht­punk­ten rechtswidrig ver­fahren wurde:

  • Zum einen darf man eine Woh­nung schon ein­mal gar nicht beobacht­en, Art. 13 GG, auch das BDSG bezieht sich eben nur auf den öffentlichen Raum. Das ist die Woh­nung auch der Bun­deskan­z­lerin nicht.
  • Jeden­falls dür­fen gewonnene Dat­en auch nicht ver­ar­beit­et wer­den, wo man sie nun schon ein­mal hat.
  • Zulet­zt hätte man Frau Dr. Merkel neb­st Ehe­gat­ten über die Überwachung informieren müssen („Sie, Frau Dr. Merkel, wir haben da diese Kam­era, mit der wir Ihnen im Wohnz­im­mer beim TV-Abend zuschauen kön­nen. Stört es Sie, wenn wir immer dabei sind? Ist wirk­lich nicht per­sön­lich gemeint!“)

Das Prob­lem wurde im vor­liegen­den Fall durch eine Neige­be­gren­zung der Kam­era gelöst. Bei ein­er von tausenden Kam­eras.

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