Überwachung von öffentlichem Raum und Bundeskanzlerin

Datenschutz | 28. März 2006
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Sicher haben Sie davon gele­sen, dass die Video-Über­wa­chungs­ka­me­ras des Ber­li­ner Per­ga­mon-Muse­ums nicht nur sel­bi­ge Ein­rich­tung und deren Vor­platz, son­dern neben­bei auch noch das Wohn­zim­mer der Frau Dr. Mer­kel, bekannt als Bun­des­kanz­le­rin die­ses, unse­res Lan­des über­wa­chen. Das ist eine Geschich­te, die nicht nur pikant ist, weil mit der Bun­des­kanz­le­rin natür­lich eine beson­ders pro­mi­nen­te Per­son betrof­fen ist, son­dern auch, weil ähn­li­che Vor­komm­nis­se – eben weni­ger pro­mi­nent – wohl in jeder Stadt jeden Tag vor­kom­men. Die Video­über­wa­chung öffent­li­cher Räu­me, eigent­lich als Lösung für die Pro­ble­ma­tik der Ver­fol­gung von Gewalt­kri­mi­na­li­tät gedacht, ist inzwi­schen selbst zum Pro­blem gewor­den.

Dabei ist die gesetz­li­che Rege­lung – die es, wir sind in Deutsch­land, natür­lich gibt – eigent­lich ein­deu­tig und sinn­voll:

§ 6b BDSG — Beob­ach­tung öffent­lich zugäng­li­cher Räu­me mit optisch-elek­tro­ni­schen Ein­rich­tun­gen

(1) Die Beob­ach­tung öffent­lich zugäng­li­cher Räu­me (das meint all­ge­mein „Berei­che“ es muss kein über­dach­ter „Raum“ vor­lie­gen, d.A.) mit optisch-elek­tro­ni­schen Ein­rich­tun­gen (Video­über­wa­chung) ist nur zuläs­sig, soweit sie
1. zur Auf­ga­ben­er­fül­lung öffent­li­cher Stel­len,
2. zur Wahr­neh­mung des Haus­rechts oder
3. zur Wahr­neh­mung berech­tig­ter Inter­es­sen für kon­kret fest­ge­leg­te Zwe­cke
erfor­der­lich ist und kei­ne Anhalts­punk­te bestehen, dass schutz­wür­di­ge Inter­es­sen der Betrof­fe­nen über­wie­gen.
(2) Der Umstand der Beob­ach­tung und die ver­ant­wort­li­che Stel­le sind durch geeig­ne­te Maß­nah­men erkenn­bar zu machen.
(3) Die Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung von nach Absatz 1 erho­be­nen Daten ist zuläs­sig, wenn sie zum Errei­chen des ver­folg­ten Zwecks erfor­der­lich ist und kei­ne Anhalts­punk­te bestehen, dass schutz­wür­di­ge Inter­es­sen der Betrof­fe­nen über­wie­gen. Für einen ande­ren Zweck dür­fen sie nur ver­ar­bei­tet oder genutzt wer­den, soweit dies zur Abwehr von Gefah­ren für die staat­li­che und öffent­li­che Sicher­heit sowie zur Ver­fol­gung von Straf­ta­ten erfor­der­lich ist.
(4) Wer­den durch Video­über­wa­chung erho­be­ne Daten einer bestimm­ten Per­son zuge­ord­net, ist die­se über eine Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung ent­spre­chend den §§ 19a und 33 zu benach­rich­ti­gen.
(5) Die Daten sind unver­züg­lich zu löschen, wenn sie zur Errei­chung des Zwecks nicht mehr erfor­der­lich sind oder schutz­wür­di­ge Inter­es­sen der Betrof­fe­nen einer wei­te­ren Spei­che­rung ent­ge­gen­ste­hen.

Dar­aus ergibt sich ganz zwang­los, dass in unse­rem BK-Fall unter min­des­tens drei Gesicht­punk­ten rechts­wid­rig ver­fah­ren wur­de:

  • Zum einen darf man eine Woh­nung schon ein­mal gar nicht beob­ach­ten, Art. 13 GG, auch das BDSG bezieht sich eben nur auf den öffent­li­chen Raum. Das ist die Woh­nung auch der Bun­des­kanz­le­rin nicht.
  • Jeden­falls dür­fen gewon­ne­ne Daten auch nicht ver­ar­bei­tet wer­den, wo man sie nun schon ein­mal hat.
  • Zuletzt hät­te man Frau Dr. Mer­kel nebst Ehe­gat­ten über die Über­wa­chung infor­mie­ren müs­sen („Sie, Frau Dr. Mer­kel, wir haben da die­se Kame­ra, mit der wir Ihnen im Wohn­zim­mer beim TV-Abend zuschau­en kön­nen. Stört es Sie, wenn wir immer dabei sind? Ist wirk­lich nicht per­sön­lich gemeint!“)

Das Pro­blem wur­de im vor­lie­gen­den Fall durch eine Nei­ge­be­gren­zung der Kame­ra gelöst. Bei einer von tau­sen­den Kame­ras.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Wettbewerbsrecht 16. Februar 2023

BGH zu Affiliate-Marketing: Alles ist schrecklich, aber Amazon haftet trotzdem nicht für seine Partner

Amazon muss nicht für seine Affiliate-Partner haften, entschied der Bundesgerichtshof. Rechtlich ist das Urteil kaum zu beanstanden, aber trotzdem hinterlässt es einen bitteren Nachgeschmack. Eine Einschätzung von Arne Trautmann.  (mehr …)

Crypto 20. Januar 2023

DAO: Die codierte Organisation

Haben Sie schon jemals darüber nachgedacht, was sich hinter dem Begriff „dezentralisierte autonome Organisation“ (DAO) verbirgt und welchen Einfluss die DAO im Alltag hat? Arne Trautmann berichtet aus der Fachwelt.  (mehr …)