Feuchte Wände im Altbau-Souterrain: BGH stärkt Käuferrechte

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Immobilienrecht | 12. September 2024
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Wer eine Alt­bau­woh­nung kauft, erwartet oft beson­deren Charme und allen­falls kleinere alters­be­d­ingte Schwächen. Doch welche Rechte haben Käufer, wenn die Immo­bilie feucht ist? Der BGH urteilt, dass auch ein Alt­bau sich zum Wohnen eignen muss — selb­st bei bekan­nten Feuchtigkeitss­chä­den im Souter­rain und einem Haf­tungsauss­chluss im Ver­trag.

So schön die Vorstel­lung von aufwändig ver­legtem Fis­chgrät­par­kett, Kas­ten­fen­stern und hohen Deck­en mit Stuck­ele­menten ist — wer einen Alt­bau kauft, kann nach dem Einzug auch eine böse Über­raschung erleben. Ver­al­tete Haustech­nik, ungenü­gende Däm­mung, schlechte Isolierung und Schim­mel­bil­dung sind keine Sel­tenheit. Und nicht jede alt­bau­typ­is­che Schwäche stellt auch einen rechtlich rel­e­van­ten Sach­man­gel dar, der es ermöglicht, Ansprüche gegenüber dem Verkäufer gel­tend zu machen. Für Alt­baut­en gel­ten andere Regeln als für die ger­ade fer­tiggestellte Neubau­woh­nung.

Der Bun­des­gericht­shof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 21.06.2024 (Az. V ZR 79/23) aber klargestellt: Eine Wohn­im­mo­bilie muss sich zum Wohnen eignen — unab­hängig vom Alter des Gebäudes. Ist das nicht der Fall, ist sie man­gel­haft.

 

Bekan­nte Feuchtigkeitss­chä­den und ein Haf­tungsauss­chluss

In dem Fall, über den der BGH zu entschei­den hat­te, klagten die Käufer zweier Eigen­tumswoh­nun­gen im Souter­rain eines Alt­baus auf Schadenser­satz. Die Woh­nun­gen befan­den sich in einem Gebäude in Flussnähe, das 1904 erbaut und 1999 kern­saniert wor­den war. Wegen Feuchtigkeit­sprob­le­men wur­den in den Fol­ge­jahren nach der Kern­sanierung immer wieder zusät­zliche Sanierungsar­beit­en durchge­führt.

Im Jahr 2017 bestätigte eine Fach­fir­ma das Vor­liegen von Feuchtigkeitss­chä­den im Sock­el­bere­ich und das Fehlen von Abdich­tun­gen. Als die Käufer die Woh­nun­gen besichtigten, waren die Böden teil­weise unver­schlossen, an den Außen­wän­den war der Putz teil­weise ent­fer­nt, Probe­bohrun­gen waren sicht­bar und die Erde war bis unter­halb der Drainage aus­ge­graben. Den­noch schlossen die Parteien den Kaufver­trag und vere­in­barten einen Auss­chluss der Haf­tung für Sach­män­gel.

So erwar­ben die Käufer die Woh­nun­gen im Jahr 2018 zu einem Kauf­preis von 675.000 Euro. Das Exposé informierte über Feuchtemän­gel an ein­er Außen­wand und wies darauf hin, dass die Sanierung auf eigene Kosten erfol­gen müsse, was bei der Preiskalku­la­tion berück­sichtigt wor­den sei. Eine Beschaf­fen­heitsvere­in­barung wurde nicht getrof­fen.

Die Käufer ließen die Feuchtigkeitss­chä­den vere­in­barungs­gemäß auf eigene Kosten beseit­i­gen. Allerd­ings dauerte die Sanierung ca. ein Jahr länger als geplant, sodass sich der Einzug in die Woh­nun­gen verzögerte. Für die Kosten, die ihnen ins­beson­dere durch das län­gere Anmi­eten der alten Woh­nung ent­standen, ver­langten die Käufer vom Verkäufer Schadenser­satz in Höhe von rund 32.500 Euro.

 

BGH stellt klar: Eine Woh­nung muss bewohn­bar sein

Die unteren Instanzgerichte wiesen die Schadenser­satzansprüche der Käufer zurück: Der Zus­tand der Woh­nun­gen entspreche dem üblichen und zu erwartenden Zus­tand eines 1904 erbaut­en Gebäudes. Zudem hät­ten die Käufer die Feuchtigkeitss­chä­den bere­its bei der Besich­ti­gung erken­nen kön­nen. Fern­er schließe der Haf­tungsauss­chluss im Kaufver­trag einen Anspruch der Käufer aus.

Der BGH stellt sich hinge­gen auf die Seite der Käufer. Der unter anderem für das Woh­nung­seigen­tum­srecht zuständi­ge V. Zivilse­n­at macht klar, dass die ver­traglich voraus­ge­set­zte Nutzung ein­er Souter­rain­woh­nung das Wohnen sei. Daraus folge, dass ein Käufer erwarten dürfe, dass die Woh­nung trock­en ist, selb­st wenn sie sich in einem Alt­bau befind­et.

Laut § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 Bürg­er­lich­es Geset­zbuch (BGB) a.F. ist eine Sache man­gel­frei, wenn sie bei Gefahrüber­gang die vere­in­barte Beschaf­fen­heit hat. Wenn es keine Beschaf­fen­heitsvere­in­barung gab, kommt es darauf an, ob die Sache sich für die nach dem Ver­trag voraus­ge­set­zte oder die übliche Ver­wen­dung eignet. Diese geset­zlichen Voraus­set­zun­gen für einen Sach­man­gel blieben auch nach der Geset­zes­re­form von 2022 beste­hen, sodass die Entschei­dung des BGH auch für heutige Fälle Rel­e­vanz hat.

Zwar erken­nt der BGH an, dass bei älteren Gebäu­den Feuchtigkeit in den Keller­räu­men nicht immer als Sach­man­gel zu bew­erten sei. Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an, ins­beson­dere auf die Zus­tands­beschrei­bung, den Nutzungszweck, den ersichtlichen Zus­tand der Woh­nung und die Stärke der Feuchtigkeit­ser­schei­n­un­gen.

Der übliche Stan­dard sei aber nicht maßgebend, wenn eine abwe­ichende Beschaf­fen­heit vere­in­bart wor­den sei oder wenn die Räume trock­en sein müssen, um sie so nutzen zu kön­nen, wie die Ver­tragsparteien es ver­traglich voraus­ge­set­zt haben. Und die ver­traglich voraus­ge­set­zte Ver­wen­dung ein­er Souter­rain­woh­nung sei eben das Wohnen: Trock­ene Räume seien für die Nutzung als Wohn­raum uner­lässlich und dürften grund­sät­zlich erwartet wer­den, so der Sen­at.

 

Haf­tungsauss­chluss bei arglistigem Ver­schweigen unwirk­sam

Auch der Haf­tungsauss­chluss ste­he dem Schadenser­satzanspruch der Käufer nicht ent­ge­gen, da der Verkäufer den tat­säch­lichen Umfang des Man­gels aus Sicht des BGH bagatel­lisiert habe, mithin ein arglistiges Ver­schweigen des Verkäufers nicht aus­geschlossen wer­den könne. Die Hin­weise im Exposé auf vere­inzelte Feuchtigkeitss­chä­den seien geeignet gewe­sen, den Anschein zu erweck­en, dass die restliche Woh­nung trock­en sei. Dies traf tat­säch­lich nicht zu.

Das Urteil des BGH set­zt wichtige Maßstäbe für die Frage, welche Beschaf­fen­heit ein Käufer bei Alt­baut­en erwarten darf. Der BGH stellt klar, dass eine Wohn­im­mo­bilie, die bei Gefahrüber­gang erhe­bliche Feuchtigkeitss­chä­den aufweist, grund­sät­zlich als man­gel­haft anzuse­hen ist. Wohn­raum, der bei Gefahrüber­gang erhe­bliche Wand­feuchtigkeit aufweist, ist in der Regel wed­er für die nach dem Ver­trag voraus­ge­set­zte Ver­wen­dung noch für die gewöhn­liche Ver­wen­dung zum Wohnen geeignet und damit man­gel­haft — auch wenn er sich im Souter­rain eines Alt­baus in Flussnähe befind­et.

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