SNP Schlawien macht den Praxistest: Virtuelle Gesellschafterversammlung mit dem Notar?

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Virtuelle Gesellschafter­ver­samm­lun­gen kann man für die GmbH per Satzung möglich machen. Aber wird das auch anerkan­nt, wenn der Beschluss notariell beurkun­det wer­den muss? Wir von SNP Schlaw­ien dacht­en uns: Pro­bieren wir es doch ein­fach mal aus.

In unserem Beitrag vom 17. Feb­ru­ar 2022 haben wir die virtuelle Gesellschafter­ver­samm­lung näher unter­sucht. Geset­zliche Regelun­gen gibt es auch nach mehr als zwei Jahren Pan­demie noch nicht, doch die Gesellschafter kön­nen sie per Satzung möglich machen.

Weit­er­hin gibt es aber keine höch­strichter­liche Recht­sprechung zu ein­er prak­tisch sehr wichti­gen Frage: Kön­nen Beschlüsse, die notariell beurkun­det wer­den müssen, ins­beson­dere also Satzungsän­derun­gen und Kap­i­tal­maß­nah­men, anders als in Präsenz gefasst wer­den? Also haben wir uns gedacht: Warum die Dinge nicht selb­st in die Hand nehmen?

Die Idee und ihre Vorbereitung

In unserem Team ent­stand die Idee, für einen notariell zu beurkun­den­den und zur Ein­tra­gung in das Han­del­sreg­is­ter anzumelden­den Beschluss eine teils virtuelle (Hybrid-)Gesellschafterversammlung abzuhal­ten. Die Änderung wür­den wir zur Ein­tra­gung in das Han­del­sreg­is­ter anmelden und abwarten, was das Reg­is­terg­ericht tun wird. Das Ergeb­nis war für uns tat­säch­lich eher zweitrangig. Wir woll­ten eher wis­sen, wie eine etwaige Begrün­dung des Reg­is­terg­erichts gegen die Ein­tra­gung des Reg­is­terg­erichts aus­fall­en würde.

Bezüglich der Umset­zung standen für uns intern von vorne­here­in zwei Dinge fest:

  1. Wir wer­den das „Exper­i­ment“ selb­stver­ständlich nicht an ein­er Man­dan­tin durch­führen, son­dern eine intern beste­hende GmbH nutzen.
  2. Wir wer­den einen satzungsän­dern­den Beschluss vornehmen, wobei der zu regel­nde Punkt in der Satzung nicht von allzu großer Bedeu­tung für die Gesellschaft sein darf.

Zunächst haben wir die Satzung der GmbH dahinge­hend geän­dert, dass wir virtuelle und hybride Gesellschafter­ver­samm­lun­gen aus­drück­lich aufgenom­men haben (hier geht es zu den Details, die zu beacht­en sind).

vere­in­barten wir einen Ter­min beim Notar unseres Ver­trauens und bere­it­eten alles für die teils virtuelle Gesellschafter­ver­samm­lung vor. Hierzu gehören:

  • Ord­nungs­gemäße Ladung (Form, Frist, Ein­wahldat­en, Tage­sor­d­nung)
  • Gesellschafterbeschluss
  • Nieder­schrift über die Gesellschafter­ver­samm­lung
  • Anmel­dung zur Ein­tra­gung in das Han­del­sreg­is­ter

Das Experiment und die Entscheidung des Registergerichts

Am Mon­tag, den 7. Feb­ru­ar 2022, began­nen wir dann mit unserem Exper­i­ment. Die Gesellschafter­ver­samm­lung fand – teils in den Amt­sräu­men des Notars, teils virtuell – statt. Der Kol­lege Dr. Chris­t­ian Oster­maier befand sich vor Ort beim Notar. Zusam­men wählten sich die bei­den in eine Besprechung ein, an der auch meine Kol­le­gin Chris­tine Lange und ich – jew­eils einzeln – dig­i­tal teil­nah­men.

Der Beschluss erg­ing ein­stim­mig und so dauerte die Gesellschafter­ver­samm­lung keine 10 Minuten.

Nach­dem der Notar die Unter­la­gen an das Reg­is­terg­ericht weit­ergeleit­et hat­te, begann die Zeit des Wartens. Die zog sich dur­chaus hin, zweiein­halb Monate später, am 27. April 2022 erhiel­ten wir schließlich Nachricht vom Reg­is­terg­ericht München. Die Ein­tra­gungsmit­teilung besagte: Unsere Satzungsän­derung wurde erfol­gre­ich einge­tra­gen.

Geschehen ist das ohne Zwis­chen­ver­fü­gung, vom Reg­is­terg­ericht gab es keinen erk­lären­den Kom­men­tar und keine Begrün­dung der Entschei­dung. Wir waren selb­st beina­he ein wenig verblüfft, wie ein­fach es ging – ohne Diskus­sio­nen, Argu­men­ta­tio­nen oder gar den Weg durch die Instanzen, auf den wir uns schon fast eingestellt hat­ten.

Und nun?

Natür­lich ist unser klein­er Prax­is­test der berühmte Einzelfall und nicht repräsen­ta­tiv. Natür­lich kann man nun nicht ver­all­ge­mein­ernd sagen, dass teil­virtuelle Gesellschafter­ver­samm­lun­gen für notariell zu beurkun­dende Beschlüsse anerkan­nt seien und die Beschlüsse ohne weit­eres von den Reg­is­terg­ericht­en einge­tra­gen wür­den.

Die Ein­tra­gung hängt von weit­eren Fak­toren ab. Ein anderes Gericht, ja schon ein ander­er Richter hätte vielle­icht anders entsch­ieden. Aber ein klein­er Präze­den­z­fall ist geschaf­fen, über den wir auf Anfrage gern näher informieren. Wie die Recht­slage sich weit­er­en­twick­elt, bleibt abzuwarten. Sich­er ist: Wir bleiben am Ball, freuen uns über andere Erfahrun­gen mit dem The­ma und wer­den in jedem Fall über aktuelle Entwick­lun­gen und Erfahrun­gen weit­er­hin bericht­en.

Chris­tiane Buttschardt berät Unternehmen aller Größen, vor­wiegend mit­tel­ständis­che Unternehmen, sowie deren Gesellschafter und Geschäfts­führer in allen Fra­gen des Gesellschaft­srechts. Sie ist ins­beson­dere auch bei Unternehmen­stransak­tio­nen bera­tend tätig. https://de.linkedin.com/in/christiane-buttschardt-899398211

 

 

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