Warum kosten Rechtsanwälte (so viel) Geld?

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Im alten Rom war das „hono­ra­ri­um“ für Anwäl­te ein „Ehren­geld“. Heu­te wird für Leis­tung bezahlt. Wie, sagen wir hier.

Zwei wesent­li­che For­men der Anwalts­ver­gü­tung gibt es heu­te: die gesetz­li­chen Gebüh­ren nach dem Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­ge­setz (RVG) und die frei ver­ein­bar­te Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­rung, die in der Regel eine Bezah­lung nach Zeit­auf­wand vor­sieht. Die erfolgs­ab­hän­gi­ge Bezah­lung („Erfolgs­ho­no­rar“) bleibt dem Rechts­an­walt in Deutsch­land streng ver­bo­ten. Bei Ver­stö­ßen ris­kiert der Anwalt erheb­li­chen Ärger mit der Kam­mer und Kol­le­gen. Ein auf ein Erfolgs­ho­no­rar gerich­te­ter Ver­trag ist nich­tig und kann dem Anwalt sei­ne Bezah­lung folg­lich nicht garan­tie­ren. Vie­le Man­dan­ten und auch man­che Anwäl­te bekla­gen die­sen Zustand. Die nach neu­er Rechts­la­ge zuläs­si­gen gerin­gen Aus­nah­men (Ver­ein­ba­rung einer erhöh­ten Gebühr bei Ein­tritt eines bestimm­ten Erfol­ges) sind in der Pra­xis zu ver­nach­läs­si­gen.

Das RVG

Die gesetz­li­chen Gebüh­ren wer­den nach dem Gegen­stands­wert berech­net, § 2 Abs. 1 RVG. Im Ein­zel­nen rich­tet sich die Höhe der Gebüh­ren nach einem Ver­gü­tungs­ver­zeich­nis (Anla­ge 1 zum RVG). Dort sind für die ver­schie­de­nen Tätig­kei­ten bestimm­te Gebüh­ren vor­ge­se­hen, z. B. die Geschäfts­ge­bühr. Sie ent­steht „für das Betrei­ben des Geschäfts ein­schließ­lich der Infor­ma­ti­on und für die Mit­wir­kung bei der Gestal­tung eines Ver­trags“ und kann je nach Umfang und Schwie­rig­keit der Sache in einem Gebüh­ren­rah­men von 0,5 bis 2,5 anfal­len. Treibt der Anwalt etwa eine For­de­rung für sei­nen Man­dan­ten ein, ent­steht eine 1,3 Geschäfts­ge­bühr für die außer­ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung.

Die Bera­tungs­ge­bühr ent­steht für einen münd­li­chen oder schrift­li­chen Rat oder eine Aus­kunft und kann in einem Gebüh­ren­rah­men von 0,1 bis 1,0 anfal­len.

Dies sind nur Bei­spie­le. Wei­te­re Gebüh­ren kön­nen zum Bei­spiel für die Wahr­neh­mung gericht­li­cher Ter­mi­ne oder münd­li­cher (auch tele­fo­ni­scher) Bespre­chun­gen mit dem Geg­ner und das Mit­wir­ken an einer Eini­gung anfal­len. Die kon­kre­te Höhe der Gebühr ist vom Gegen­stands­wert abhän­gig.

Bei­spie­le:

Gegen­stands­wert 1,3 Geschäfts­ge­bühr (net­to)
100,00 Euro 32,50 Euro
1.000,00 Euro 110,50 Euro
10.000,00 Euro 631,80 Euro
100.000,00 Euro 1.760,20 Euro

Was bedeu­tet das im kon­kre­ten Fall? Wenn der Anwalt eine Zah­lungs­kla­ge ein­reicht und den Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung wahr­nimmt, erhält er eine 1,3 Ver­fah­rens­ge­bühr und eine 1,2 Ter­mins­ge­bühr. Hin­zu kommt eine Aus­la­gen­pau­scha­le von maxi­mal 20 Euro. Dar­aus wür­den sich je nach Gegen­stands­wert fol­gen­de Hono­ra­re für die ers­te Instanz erge­ben:

Gegen­stands­wert Hono­rar (net­to)
100,00 Euro Euro 68,50
1.000,00 Euro Euro 232,50
10.000,00 Euro 1.235,50 Euro
100.000,00 Euro 3.405,00 Euro

Wie schwie­rig und umfang­reich die Sache ist, kann bei der Abrech­nung nach dem RVG nur bedingt berück­sich­tigt wer­den. Der Pro­zess über 1.000 Euro kann recht­lich eben­so kom­pli­ziert sein wie der über vie­le Mil­lio­nen. Auch die Streit­lust der Par­tei­en ist mit der Höhe der For­de­rung nicht immer in Ein­klang zu brin­gen. Wenn der Bun­des­ge­richts­hof als höchs­te Instanz über eine For­de­rung in Höhe von 10.000 Euro ent­schie­den hat, dann haben zwei Par­tei­en hier­über min­des­tens drei Jah­re gestrit­ten.

Hier liegt die Krux für den Anwalt. Wie viel Zeit kann er in den Pro­zess inves­tie­ren, ohne wirt­schaft­lich Schiff­bruch zu erlei­den? Ob ein Anwalt sich die­se Gedan­ken gemacht hat oder nicht, las­sen sei­ne Schrift­sät­ze oft erken­nen, so oder so.

Die Vergütungsvereinbarung

Wenn es in der rich­ti­gen Form ver­ein­bart ist, kann eine höhe­re als die gesetz­li­che Ver­gü­tung berech­net wer­den. Vor­aus­set­zung ist eine geson­der­te schrift­li­che Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­rung. Unwirk­sam ist die Ver­ein­ba­rung, wenn sie bereits in der Voll­macht ent­hal­ten ist, § 4 Abs. 1 RVG.

In gericht­li­chen Ange­le­gen­hei­ten darf der Anwalt auch bei auf­wands­be­zo­ge­ner Abrech­nung die Höhe der gesetz­li­chen Gebüh­ren nicht unter­schrei­ten. Die­se Vor­schrift ist kei­ne Garan­tie für ein hohes Ein­kom­men der Anwäl­te, son­dern letzt­lich Ver­brau­cher­schutz, denn ein Preis­dum­ping wür­de die Qua­li­tät nega­tiv beein­flus­sen. Nur in außer­ge­richt­li­chen Ange­le­gen­hei­ten kön­nen Pau­schal- und Zeit­ver­gü­tun­gen ver­ein­bart wer­den, die nied­ri­ger sind als die gesetz­li­chen Gebüh­ren.

Pau­schal­ver­gü­tun­gen sind zuläs­sig, bil­den aber die Aus­nah­me. Die Bezah­lung nach Stun­den ist der Regel­fall. Die Höhe des Stun­den­sat­zes rich­tet sich nach ver­schie­de­nen Fak­to­ren. Unter­schie­den wird in der Regel nach Part­ner oder Asso­cia­te. Ten­den­zi­ell ver­lan­gen grö­ße­re, mul­ti­dis­zi­pli­nä­re Kanz­lei­en mehr als klei­ne­re es sei denn, die­se sind sehr spe­zia­li­siert.

Stun­den­sät­ze von 150 bis 500 Euro und mehr las­sen vie­le Man­dan­ten zunächst erzit­tern. Ein Frei­be­ruf­ler ver­gleicht dies mit sei­nem Stun­den­satz von etwa 70 Euro und glaubt, in der fal­schen Bran­che zu sein. Dabei ist zu berück­sich­ti­gen: der Anwalt hat meist hohe Kos­ten für sein Büro, min­des­tens eine Rechts­an­walts­fach­an­ge­stell­te sowie Kos­ten für Lite­ra­tur und Büro­ma­te­ri­al.

Was ist nun besser?

Pau­scha­le Ant­wor­ten ver­bie­ten sich. In einer gericht­li­chen Aus­ein­ader­set­zung bil­den die gesetz­li­chen Gebüh­ren die Unter­gren­ze und gleich­zei­tig die Ober­gren­ze des­sen, was der unter­le­ge­ne Geg­ner nach einem Urteil zu erstat­ten hat. Im Ide­al­fall wird die Leis­tung des Anwalts ange­mes­sen hono­riert und ist für den Man­dan­ten letzt­lich kostenlos.Übersteigt das Zeit­ho­no­rar die Min­dest­ge­bühr, bleibt der Man­dant auch im Erfolgs­fall auf der Dif­fe­renz sit­zen. Die­se zu bezah­len lohnt sich dann, wenn der Erfolg nicht auch durch einen Anwalt erreicht wor­den wäre, der „nur“ nach dem RVG abge­rech­net hät­te – eine sehr theo­re­ti­sche und des­halb müßi­ge Über­le­gung.

Ein bekann­ter Finanz­dienst­leis­ter aus Hei­del­berg warb ein­amal mit dem Slo­gan „Qua­li­tät kos­tet Geld. oder bringt Geld“. Ganz so ein­fach ist es sicher nicht, denn auch bei klei­nen Hono­ra­ren hat jeder Man­dant Anspruch auf ein pro­fes­sio­nel­le, gewis­sen­haf­te und umfas­sen­de Wahr­neh­mung sei­ner Inter­es­sen. Aber ein Anwalt, der für eine inten­si­ve­re Prü­fung und die Aus­schöp­fung aller Mög­lich­kei­ten auch hono­riert wird, ist zumin­dest wirt­schaft­lich in der Lage, opti­ma­le Ergeb­nis­se zu errei­chen.

Von Moritz Poh­le und Car­men Vu

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