Eine spannende Frage zum Themenkreis „Abmahnung“ wurde gestern (im Rahmen einer etwas hitzigen mittäglichen Telefondiskussion) aus dem Bekanntenkreis an mich herangetragen. Ein diesem Kreis zugehöriger Jungunternehmer hat ein tolles Konzept für ein Internetprojekt, gute Ideen, viel Enthusiasmus und auch eine schicke Domain nebst passendem Logo. Leider verletzten die beiden zuletzt genannten Dinge relativ sicher die eingetragene Marke eines Dritten. Eines sehr ernstzunehmenden Dritten, der die besagte Marke seit Jahren sehr intensiv bewirbt, u.a. im Fernsehen.
Mein Bekannter fragt nun, ob er das Risiko der Verwendung von Logo und Domain eingehen kann und was im schlimmsten Fall die Folge wäre. Natürlich wisse er, dass hier ggf. eine Abmahnung drohen könne. Er sei aber der Meinung, dass vor einer Abmahnung in aller Regel erst einmal ein „nettes“ Schreiben käme, verbunden mit der Aufforderung, die Verletzungshandlung zu unterlassen. Tue man das, sei man ohne Kosten aus dem Schneider. Ob das so stimme?
Hier lässt sich – was in der Juristerei ja selten ist – eine denkbar klare Aussage treffen: bei der Verletzung von Markenrechten oder wettbewerbsrechtlichen Positionen ist es nicht üblich, vor einer Abmahnung noch eine weniger formale Aufforderung zur Beseitigung der entsprechenden Störung zu versenden. Ein solches Vorgehen wäre aus der Sicht des Verletzten auch ausgesprochen kontraproduktiv:
Wird der Abmahnung nicht Folge geleistet, so wird sich der Verletzte in aller Regel bei einem zuständigen Gericht um den Erlass einer einstweiligen Verfügung bemühen. Damit dies Aussicht auf Erfolg hat, muss der Verletzte neben dem materiellen Anspruch auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes darlegen und glaubhaft machen. Dies gelingt, wenn der Fall eine „Dringlichkeit“ aufweist, die eine Entscheidung im schnellen einstweiligen Verfahren, und nicht im langwierigen “normalen” Klageverfahren rechtfertigt. Soweit die Dringlichkeit (etwa im UWG oder bei Preisbindungssachen) von Gesetzes wegen vermutet wird, darf sich der Verletzte diese Vermutung jedenfalls nicht widerlegen lassen.
An der Dringlichkeit fehlt es aber, wenn der Verletzte sich mit der Verfolgung von Rechtsverstößen zu lange Zeit gelassen hat. Viele deutsche Gerichte (das ist nicht ganz einheitlich, im Süden ist man generell strenger) gehen hier recht starr davon aus, dass spätestens einen Monat nach Kenntniserlangung von der Rechtsverletzung der Erlass der Verfügung beantragt werden muss.
Dem Verletzten läuft daher schlicht „die Zeit davon“, er wird dieses kostbare Gut kaum auf letztlich nicht zielführende Korrespondenz und allgemeine Nettigkeiten verwenden.
Es besteht aus der Sicht des Verletzten auch kein Grund, dem Verletzer gegenüber zu nachsichtig aufzutreten. Solche Nachsicht könnte ihm im Gegenteil sogar unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses prozessual entgegen gehalten werden, das ist sogar eine sehr beliebte „Verteidigungsstrategie“.
Zur Verdeutlichung: im Fall einer Abmahnung bewegen sich die Fristen, die für die Beseitigung eines Verstoßes auf dem Gebiet des Marken- oder Wettbewerbsrechtes gesetzt werden, üblicherweise im Bereich von zwei bis drei Tagen. Ist es besonders dringend, ist sogar die telefonische Abmahnung mit Fristsetzung von 30 min möglich.
Es nutzt somit wenig, sich Illusionen über die Realitäten im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes hinzugeben. Übertriebene Nachsicht oder überlanges Verhandeln verbietet hier schon das Prozessrecht. Das mag man bedauern, muss man als Faktum aber hinnehmen.
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