Weiterleitung dienstlicher E‑Mails an privaten Account – Arbeitnehmer kassiert fristlose Kündigung!

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Das Home-Office erfreut sich großer Beliebtheit. Angestellte nehmen sich häu­fig „Arbeit mit nach­hause“. Was ist also dabei, wenn dies heute auf elek­tro­n­is­chem Weg geschieht?

Das LAG Berlin-Bran­den­burg (Urteil vom 16. Mai 2017, Az.: 7 Sa 38/17) hat­te über einen Fall zu urteilen, in dem der Arbeit­ge­ber sich nicht über das Engage­ment seines „Senior Experts Sales & Engi­neer­ing“ , auch nach Feier­abend noch E‑Mails zu bear­beit­en, gefreut, son­dern mit ein­er frist­losen Kündi­gung reagiert hat. Nach­dem die Vorin­stanz (ArbG Berlin, Urteil vom 7. Novem­ber 2016, Az.: 54 Ca 6562/16) der Kündi­gungss­chutzk­lage des Verkauf­sleit­er noch stattgegeben hat­te, bestätigte das LAG Berlin-Bran­den­burg die Recht­mäßigkeit der außeror­dentlichen Kündi­gung. Zu Recht?

Ob die Weit­er­leitung von dien­stlichen E‑Mails an den pri­vat­en Account zuläs­sig ist oder sog­ar eine frist­lose Kündi­gung recht­fer­ti­gen kann, hängt keineswegs nur davon ab, ob dies ver­traglich vere­in­bart oder zumin­d­est geduldet wird, son­dern vornehm­lich, zu welchem Zweck dies geschieht und welche Fol­gen sich hier­aus für den Arbeit­ge­ber ergeben.

Im entsch­iede­nen Fall stand der Verkauf­sleit­er unmit­tel­bar vor einem Arbeit­ge­ber­wech­sel zu einem Konkur­renten. Die Unterze­ich­nung des neuen Arbeitsver­trages war nur noch Form­sache. Vor diesem Hin­ter­grund erschien es dann nicht mehr glaub­würdig, die Weit­er­leitung von Kun­den­dat­en, Kalku­la­tion­s­grund­la­gen, Ver­tragsen­twür­fen etc. auf den pri­vat­en Account sei nur deshalb erfol­gt, um von zuhause aus damit reg­ulär arbeit­en zu kön­nen – zumal die Dat­en großteils ein Pro­jekt betrafen, mit dem der Angestellte gar nicht betraut war, son­dern von einem Kol­le­gen bear­beit­et wurde. Offen­sichtlich war beab­sichtigt, die Dat­en für den neuen Arbeit­ge­ber zu nutzen. Somit stellte die Weit­er­leitung der Dat­en eine unmit­tel­bare Gefährdung von Geschäftsin­ter­essen des Arbeit­ge­bers dar. Auch wenn der Arbeit­nehmer zwis­chen­zeitlich selb­st ordentlich gekündigt hat­te (um das Arbeitsver­hält­nis beim neuen Arbeit­ge­ber aufzunehmen), hielt das Gericht eine sofor­tige Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es für gerecht­fer­tigt. Schließlich hätte bei ein­er Fort­set­zung des Arbeitsver­hält­niss­es bis zur reg­ulären Beendi­gung die reale Gefahr bestanden, dass der Verkauf­sleit­er sich in dieser Zeit weit­ere Dat­en zu ver­trags­frem­den Zweck­en ver­schafft.

Das Gericht weist zutr­e­f­fend darauf hin, dass sich ein Beschäftigter sog­ar straf­bar machen kann, wenn er sich unbefugt Geschäfts- oder Betrieb­s­ge­heimnisse ver­schafft oder sichert und dies zu Zweck­en des Wet­tbe­werbs, aus Eigen­nutz, zugun­sten eines Drit­ten oder in der Absicht, dem Inhab­er des Unternehmens Schaden zuzufü­gen, erfol­gt (§ 17 Abs. 2 UWG).

Faz­it: Ein Arbeit­nehmer, der sich uner­laubt oder zu unredlichen Zweck­en betriebliche Dat­en ver­schafft, riskiert also nicht nur seinen Arbeit­splatz und auf Schadenser­satz in Anspruch genom­men zu wer­den, son­dern sog­ar ein Strafver­fahren.

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