Wieder ein Erfolg für Dialer-Opfer

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Amts­ge­richt Mün­chen weist Kla­ge eines Ser­vice Pro­vi­ders ab! (Az. 114 C 27113/03).

Das AG Mün­chen gab einem Ver­brau­cher Recht, der die Bezah­lung einer Tele­fon­rech­nung über € 3.946,81 ver­wei­gert hat­te. Nach­dem er mehr­fach mit den bekannt char­man­ten Metho­den einer Inkas­so­fir­ma gemahnt wor­den war, ließ er sich ver­kla­gen und gewann.

Mit rechts­kräf­ti­gem Urteil vom 13.01.2004 wies das AG Mün­chen die Zah­lungs­kla­ge eines Inkas­so­bü­ros über € 3.946,81 ab. Die Klä­ge­rin hat­te aus abge­tre­te­nem Recht (For­de­rungs­in­ha­be­rin war ursprüng­lich Tal­k­li­ne) Ver­bin­dungs­ent­gel­te wegen angeb­li­cher Nut­zung eines Mehr­wert­diens­tes der Ruf­num­mern­gas­se 0190–0 … gel­tend gemacht.

Die strei­ti­gen Ver­bin­dun­gen waren in einer ein­zi­gen Nacht zustan­de gekom­men. Hier­bei wur­de je Ver­bin­dung ein Preis von € 25,77 (!) berech­net, die EVÜ zeig­te weit über 100 Ver­bin­dun­gen. Kei­ne der Ver­bin­dun­gen dau­er­te mehr als 30 Sekun­den. Der Beklag­te bestritt, die­se Ver­bin­dun­gen selbst durch Anwahl einer ent­spre­chen­den Tele­fon­num­mer oder durch ankli­cken ent­spre­chen­der links im Inter­net her­ge­stellt zu haben.

Damit war die Fra­ge des Ver­trags­schlus­ses strei­tig. Für die wesent­li­chen Vor­aus­set­zun­gen eines Ver­trags­schlus­ses tra­ge die Klä­ge­rin die Dar­le­gungs- und Beweis­last, so das Gericht. Dies war der ent­schei­den­de Punkt­sieg für den Beklag­ten. Denn die Klä­ge­rin konn­te nicht kon­kret vor­tra­gen und bewei­sen, zu wel­chem Tarif der Ver­trag geschlos­sen wor­den sei und wie sich der Beklag­te mit die­sen Tari­fen ein­ver­stan­den erklärt haben soll­te. Sie ver­such­te es nicht ein­mal.

Auch sei nicht kon­kret vor­ge­tra­gen und bewie­sen, dass der Beklag­te eine Wil­lens­er­klä­rung abge­ge­ben habe. Zwar kön­ne die Ein­wahl – auch durch auto­ma­ti­sier­te Vor­gän­ge – regel­mä­ßig als kon­klu­den­te Wil­lens­er­klä­rung auf­ge­fasst wer­den. Jedoch müs­se die Ein­wahl stets mit Wis­sen und Wol­len des Anschluss­in­ha­bers erfol­gen. Der Anschluss­in­ha­ber müs­se also zumin­dest den Dia­ler bewusst instal­liert haben, was wie­der­um die Klä­ge­rin zu bewei­sen habe.

Dem Gericht sei bekannt, dass sich Dia­ler­pro­gram­me ver­deckt auto­ma­tisch durch Ankli­cken bestimm­ter Inter­net­sei­ten instal­lie­ren kön­nen, ohne dass dies dem Nut­zer bewusst sei. Im vor­lie­gen­den Fall habe sich der Beklag­te zurecht dar­auf beru­fen, dass die Daten der strei­ti­gen Ver­bin­dungs­über­sicht gegen ein bewuss­tes Ver­hal­ten und für einen auto­nom arbei­ten­den Dia­ler spre­chen. Ent­spre­chen­de Wil­lens­er­klä­run­gen des Beklag­ten sei­en hier­durch – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin – nicht pri­ma facie bewie­sen.

Damit hat sich aber­mals gezeigt: die Beweis­last ist das ent­schei­den­de Moment in Zivil­pro­zes­sen über Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ent­gel­te. Hier trägt aber auch der Ver­brau­cher eine gewis­se Ver­ant­wor­tung: Wenn er einer Rech­nung nicht recht­zei­tig (und nach­weis­bar) wider­spricht, kann dies zu einer Umkehr der Beweis­last füh­ren. In die­sem Fall muss dann regel­mä­ßig der Anschluss­in­ha­ber bewei­sen, dass die Ver­bin­dun­gen ohne sein Wis­sen und Wol­len auf­ge­baut wur­den.

Dies ist wie­der­um schwie­rig. Im vor­lie­gen­den Fall des AG Mün­chen hat­te der Beklag­te sogar vor­ge­tra­gen, dass die 0190–0… Num­mer von einem vor­be­straf­ten „Unter­neh­mer“ gepach­tet wor­den war, gegen den umfang­rei­che Ermitt­lun­gen wegen Betrugs mit Inter­net Dia­lern mit genau die­sen 0190-Num­mern im Gan­ge waren. Die kri­mi­nal­po­li­zei­li­chen Ermitt­lungs­er­geb­nis­se wur­den im Pro­zess vor­ge­legt. Der Beschul­dig­te hat­te sich aller­dings ins außer­eu­ro­päi­sche Aus­land abge­setzt. Dies allein reich­te dem Gericht nach ers­ter Ein­schät­zung jedoch nicht aus, da ein Abset­zen ins Aus­land, Vor­stra­fen und Ermitt­lun­gen nicht zwin­gend bedeu­ten wür­de, dass der Ein­satz des Dial­ers auch gegen­über dem Beklag­ten rechts­wid­rig erfolgt sei. Dar­an zeigt sich, wie schwie­rig der Beweis zu füh­ren ist, dass ein Anschluss­in­ha­ber Opfer eines Betrü­gers gewor­den ist.

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