Zum Zweck von Verträgen

Übergreifendes | 21. September 2005
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Mit einem Kol­le­gen hat­te ich gestern Abend einen inter­es­san­ten Gedanke­naus­tausch über den Sinn und Zweck von Verträ­gen, bei­de sind wir auf dem Gebi­et der Erstel­lung solch­er Instru­mente recht umfassend tätig. Der Kol­lege sieht den Sinn und Zweck eines Ver­trages vor allem darin, dass der „hal­ten müsse, wenn etwas schief läuft“. Dann soll der Ver­trag ein­klag­bar sein, Posi­tio­nen sich­ern.

Damit müsste der Kol­lege sich, wenn er das in aller Kon­se­quenz ernst meinte, eigentlich ins Lager der­er stellen, die meinen, solange man sich gut ver­ste­he, brauche man eigentlich keinen Ver­trag.

Ich sehe das anders, jeden­falls weit­er.

Der Ver­trag soll fes­thal­ten und nach­prüf­bar machen, was die Parteien miteinan­der abgemacht haben. Er soll die Spiel­regeln fes­tle­gen; als Ref­erenz dienen, dafür sor­gen, dass man sich auch weit­er­hin gut ver­ste­ht. Jede Partei soll nach­schla­gen kön­nen und muss selb­st ver­ste­hen, was in ein­er bes­timmten Sit­u­a­tion zu tun ist. Somit dient der Ver­trag nicht der Entschei­dung eines ent­stande­nen Stre­its vor Gericht, son­dern der Ver­mei­dung von Stre­it über­haupt.

Das set­zt natür­lich dreier­lei voraus:

  • Zum einen muss der Ver­trag so gut es eben geht voll­ständig sein. Er muss die denkbaren Kon­stel­la­tio­nen, die sich im Laufe des ver­traglichen Ver­hält­niss­es ergeben kön­nen berück­sichti­gen und angemessen regeln. Vom Ersteller des Ver­trages wird also ein gerüt­telt Maß an Phan­tasie und Erfahrung ver­langt.
  • Weit­er­hin muss der Ver­trag so geschrieben sein, dass er von bei­den Parteien auch wirk­lich ver­standen wird, möglichst auch noch in gle­ich­er Art und Weise. Er sollte daher wed­er zu „juris­tis­che“ noch zu „fachid­i­o­tis­che“ Sprache ver­wen­den, son­dern nachvol­lziehbar geschrieben sein, son­st taugt er nicht zur Ref­erenz. Ide­al­er­weise enthält der Text Metain­for­ma­tio­nen wie Präam­beln, Ver­weise, Indizes etc.: Dinge also, die die Hand­habung des Textes und seine Ausle­gung ein­facher­er und sicher­er machen.
  • Zulet­zt müssen bei­de Parteien aber auch den Willen haben, sich an den Ver­trag zu hal­ten. Das mag selb­stver­ständlich klin­gen, ist es aber keineswegs. Im Gegen­teil scheint die Ten­denz, Verträge erst zu ver­han­deln, dann aber ggf. außerg­erichtlich und gerichtlich zu ver­suchen, möglichst ele­gant „aus dem Ver­trag hin­auszukom­men“ immer mehr zuzunehmen.

Erst wenn diese drei Dinge zusam­menkom­men wird diese Stre­it ver­mei­dende Funk­tion vol­lends zum Tra­gen kom­men.

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