Fotorecht Spezial Teil 10: Widerruf der Einwilligung

Fotorecht | 9. November 2005
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Im vor­ge­hen­den Teil der Serie ging es um die Ent­ste­hung und Reich­wei­te der Ein­wil­li­gung in die Anfer­ti­gung, Nut­zung und Ver­brei­tung des eige­nen Bil­des. Manch­mal ist die Fra­ge aber gar nicht, ob eine Ein­wil­li­gung besteht, son­dern viel­mehr, ob das noch immer der Fall ist. Es geht also um die Dau­er­haf­tig­keit.

3.1.2.3 Widerruf der Einwilligung

Ein (lei­der) sehr häu­fi­ges Pro­blem ist der Wider­ruf der Ein­wil­li­gung.

Arch­ty­pi­sches Bei­spiel: Ein Star­let hat vor Jah­ren Nackt­fo­tos von sich anfer­ti­gen las­sen, um eine gewis­se Grund­auf­merk­sam­keit der Medi­en zu erlan­gen. Nun wird das Model seri­ös, hei­ra­tet einen bekann­ten Schau­spie­ler und gibt fort­an die treu­sor­gen­de Gat­tin. Da stö­ren die Jugend­sün­den natür­lich. Die Medi­en – vor­her noch Ver­bün­de­te beim Kampf um Auf­merk­sam­keit – wer­den nun zu Fein­den. Sämt­li­che Ein­wil­li­gun­gen in die Nut­zung von Nackt­fo­tos wer­den wider­ru­fen, die Anwäl­te der Dame ver­schi­cken rei­hen­wei­se Abmah­nun­gen und dro­hen mit Scha­den­er­satz­for­de­run­gen.

Grund­sätz­lich ist die Ein­wil­li­gung nicht frei wider­ruf­lich. Auch wenn ihre Rechts­na­tur nicht völ­lig geklärt ist, sie vor allem kei­nen Ver­trag im eigent­li­chen Sinn dar­stellt, wen­det man den­noch den guten alten juris­ti­schen Grund­satz, dass Ver­trä­ge ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen, auch auf die Ein­wil­li­gung an („pac­ta sunt ser­van­da“).

Ande­rer­seits gilt auch im Ver­trags­recht bei den so genann­ten Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen der Grund­satz, dass die­se den Ver­trags­part­ner nicht ewig bin­den dür­fen, man irgend­wann „raus kom­men“ muss. Also soll­te auch eine Ein­wil­li­gung irgend­wann wider­ruf­lich sein. Das kommt unter zwei Gesichts­punk­ten in Betracht.

Zum einen ist ein Wider­ruf beim Vor­lie­gen eines wich­ti­gen Grun­des mög­lich.

Bsp: A hat Nackt­fo­tos von sich anfer­ti­gen las­sen. Ihr Mann kommt tra­gisch ums Leben, sie zieht sich voll­stän­dig ins Pri­vat­le­ben zurück. Hier wird man ihr nicht zumu­ten kön­nen, sich selbst dem­nächst in ein­schlä­gi­gen Pos­til­len nackt bewun­dern zu müs­sen, wäh­rend sie um ihren Mann trau­ert.

Wei­ter­hin kommt bei einem „Wan­del der inne­ren Ein­stel­lung“ ein Wider­ruf in Betracht, ganz ähn­lich wie bei § 42 im Urhe­ber­recht. Der „Wan­del“ kann aber – da sind sich die Gerich­te einig – nicht über Nacht gesche­hen, ein gewis­ser Zeit­ab­lauf muss hin­zu tre­ten. Hin­sicht­lich der genau­en Län­ge herrscht lei­der weni­ger Einig­keit. Als Faust­re­gel wird man sagen dür­fen, dass vor Ablauf von fünf Jah­ren ein sol­cher Ein­stel­lungs­wan­del aus­schei­den muss. Aus­nah­men mag es bei ech­ten Jugend­sün­den geben, wenn bestimm­te Auf­nah­men deut­lich kon­tro­vers sind und das abge­bil­de­te Modell noch sehr jung war.

3.1.2.4 Vermutung der Einwilligung, § 22 Satz 2 KunstUrhG

Zuletzt ist noch auf die Ver­mu­tung des § 22 Satz 2 Kunst­UrhG hin­zu­wei­sen: hat jemand für sei­ne Abbil­dung ein Hono­rar erhal­ten, so gilt die Ein­wil­li­gung in die Ver­brei­tung der Abbil­dun­gen im Zwei­fel als erteilt. Foto­gra­fen soll­ten daher tun­lichst Quit­tun­gen und ande­re Bele­ge auf­he­ben. Lei­der sagt die Ver­mu­tung nur, dass eine Ein­wil­li­gung im Zwei­fel vor­liegt, sie hilft aber bei der Aus­le­gung zu Reich­wei­te und Umfang der Ein­wil­li­gung nicht wei­ter. Sinn­voll sind also alle­mal ein­deu­ti­ge Rege­lun­gen.

Bit­te lesen Sie auch die Tei­le 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 der Serie.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Wettbewerbsrecht 16. Februar 2023

BGH zu Affiliate-Marketing: Alles ist schrecklich, aber Amazon haftet trotzdem nicht für seine Partner

Amazon muss nicht für seine Affiliate-Partner haften, entschied der Bundesgerichtshof. Rechtlich ist das Urteil kaum zu beanstanden, aber trotzdem hinterlässt es einen bitteren Nachgeschmack. Eine Einschätzung von Arne Trautmann.  (mehr …)

Crypto 20. Januar 2023

DAO: Die codierte Organisation

Haben Sie schon jemals darüber nachgedacht, was sich hinter dem Begriff „dezentralisierte autonome Organisation“ (DAO) verbirgt und welchen Einfluss die DAO im Alltag hat? Arne Trautmann berichtet aus der Fachwelt.  (mehr …)