Es war nicht das erste, nun aber wohl das letzte Mal: Die Kündigung einer Kreditsachbearbeiterin, die wiederholt gegen die Clean-Desk-Policy im Unternehmen verstieß, war rechtmäßig. Das Landesarbeitsgericht Sachsen stellt klar: Datenschutz im Büro ist keine Kleinigkeit.
Clean-Desk-Policys sind mittlerweile in vielen professionell aufgestellten Unternehmen Standard. Sie regeln, wie die Arbeitsumgebung aussehen muss, aber auch, wie die Mitarbeiter ihren datenschutzrechtlichen Pflichten nachkommen müssen. So auch im Fall eines Unternehmens, das mit SNP Schlawien einen Sieg vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen errungen hat.
Die dort geltende „Richtline für eine aufgeräumte Arbeitsumgebung und Bildschirmsperren“ regelt unter anderem, dass Mitarbeiter dafür sorgen müssen, dass schützenswerte oder geheime Informationen – auf Papier oder auf dem Bildschirm – nicht von Dritten eingesehen werden können. Wird der Arbeitsplatz verlassen oder ist unbeaufsichtigt, „sind schützenswerte Akten, Datenträger oder Hardware mit Informationen ordnungsgemäß wegzuschließen oder ordnungsgemäß zu entsorgen“. Ausdrucke mit vertraulichem Inhalt und Datenträger dürfen nicht offen liegen gelassen werden, „sondern müssen in eine Schublade, einen Schrank oder dergleichen gesperrt werden“.
Einer Sachbearbeiterin, die mehrfach gegen diese Vorgaben verstieß, durfte das Unternehme kündigen, stellte das LAG mit Urteil vom 7 April fest (Az. 9 Sa 250/21), das inzwischen rechtskräftig ist. Die 51-Jährige, die seit 4 Jahren in dem Betrieb tätig war, war bereits mehrfach mit Schlampigkeiten aufgefallen und hatte Ermahnungen erhalten. Schließlich gab es auch zwei Abmahnungen, weil sie Akten und ausgedruckte Mails in ihrer Abwesenheit auf ihrem Schreibtisch liegen ließ und dort auch Bearbeitungssnummern von Kunden auf Klebezetteln standen.
Das Fass lief über, als sich herausstellte, dass die Arbeitnehmerin Unterlagen mit sensiblen Daten in ihrem unverschlossenen Schreibtisch aufbewahrte, obwohl sie nicht im Büro war. Das Unternehmen berief sich auf die bereits erteilten Abmahnungen und kündigte der Frau.
Zu Recht, wie nun das LAG in zweiter Instanz bestätigte. Die Arbeitsrichter stellen fest, dass es nicht ausreiche, die Unterlagen, die laut der Richtlinie nicht von Dritten eingesehen werden dürfen, bloß im Schreibtisch zu verstauen, wenn dieser nicht auch abgeschlossen wird. Bei dem nicht abgeschlossenen Schreibtisch handele es sich auch keineswegs bloß um eine Kleinigkeit, eine sog. Nebenpflichtverletzung: Arbeitsanweisungen zum Datenschutz gehörten zum Direktionsrecht des Arbeitgebers, das die Mitarbeiter akzeptieren müssten, so das LAG.
Das Argument der Arbeitnehmerin, nicht einmal die Putzkolonne habe unbeaufsichtigt Zugriff auf die Schreibtische in dem abgeschlossenen Büro gehabt, gereicht ihr laut dem Gericht sogar zum Nachteil. Auch Kolleginnen und Kollegen in derselben Abteilung dürften keinen Einblick in die Dokumente erhalten, wenn sie nicht selbst im Rahmen ihrer eigenen Tätigkeit auch Zugriff auf genau diese sensiblen Daten hatten.
Es braucht bekanntlich einen Warnschuss, bevor Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen dürfen, Voraussetzung ist eine einschlägige gerechtfertigte Abmahnung. Die Abmahnungen der Kreditsachbearbeiterin wegen der auf dem Schreibtisch vergessenen Akten und Mails sowie der auf Post-its notierten Bearbeitungsnummern sieht das LAG als in diesem Sinne einschlägig an, obwohl Unterlagen auf dem Schreibtisch zweifellos etwas anderes sind als Unterlagen im nicht abgeschlossenen Schreibtisch.
Es reiche aus, wenn die Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen, Abmahnungs- und Kündigungsgründe also in einem inneren Zusammenhang stehen, zitiert der LAG-Senat das Bundesarbeitsgericht. Wer mehrfach in gleicher oder ähnlicher Art gegen die Regeln verstoße, werde das auch wieder tun.
Das rechtskräftige Urteil zeigt, dass die Gerichte in Sachen Datenschutz auch im Arbeitsverhältnis zu Recht einen strengen Maßstab anlegen: Den Schreibtisch nicht abzuschließen, ist keine Kleinigkeit, wenn sich dort sensible Unterlagen befinden.
Natürlich kann es einmal passieren, dass ansonsten stets zuverlässigen Arbeitnehmern ein Fehler unterläuft, etwas auf dem Schreibtisch vergessen oder aber dieser Schreibtisch beim Verlassen des Büros nicht abgeschlossen wird. Wenn das aber mehrfach passiert, können solche Verstöße gegen die internen Richtlinien sehr wohl eine Kündigung rechtfertigen.
Michael Goebel ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und betreut Arbeitgeber, Freiberufler und Arbeitnehmer in allen Fragen des Arbeitsrechts. Er hält regelmäßig Vorträge zu arbeitsrechtlichen Themen. https://de.linkedin.com › michael-goebel-2a7a06a9
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