Fotorecht Spezial Teil 9: Die Einwilligung des Abgebildeten

Fotorecht | 7. November 2005
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3.1.2 Einwilligung des Abgebildeten, § 22 KunstUrhG

Im vorigen Teil ging es um die Frage, wann eine „Abbil­dung“ eines „Abge­bilde­ten“ vor­liegt. Ist dies der Fall – bzw. wäre das beim Druck auf den Aus­lös­er der Fall – dann benötigt der Fotograf grund­sät­zlich (zu den Aus­nah­men später) die Ein­willi­gung des Abge­bilde­ten für die Ver­bre­itung (und in aller Regel auch schon für das Anfer­ti­gen) des Bild­niss­es. Diese Ein­willi­gung ist in § 22 Kun­stUrhG näher geregelt.

3.1.2.1 Rechtsnatur

Immer noch ein wenig gestrit­ten wird um die genaue Recht­snatur der Ein­willi­gung. Im Ergeb­nis wen­den aber heutzu­tage die Recht­sprechung und auch die juris­tis­che Lehre die Regeln über Wil­lenserk­lärun­gen direkt oder jeden­falls ana­log auf die Ein­willi­gung nach § 22 Kun­stUrhG an. Das heißt ins­beson­dere, dass man zur Erk­lärung der Ein­willi­gung volljährig und bei Sin­nen sein muss, bei Min­der­jähri­gen müssen die Erziehungs­berechtigten zus­tim­men. Irrt man sich über den Inhalt der Erk­lärung, wird man getäuscht oder bedro­ht, so kann man die Erk­lärung anfecht­en.

3.1.2.2 Umfang

Die eigentlichen Prob­leme wer­fen aber in der Regel die Fra­gen nach dem Umfang (also der zeitlichen, räum­lichen und sach­lichen Reich­weite) der Ein­willi­gung und ihrer Wider­ru­flichkeit auf. Das hat fol­gen­den, am Anfang etwas schw­er zu ver­ste­hen­den, bei genauem Nach­denken aber ein­fachen Grund:

„An sich“ wer­den Wil­lenserk­lärun­gen so aus­gelegt, dass der tat­säch­lich Wille dessen, der da etwa erk­lärt hat, zum Tra­gen kommt. Selb­st dann, wenn er sich etwas schief aus­ge­drückt hat:

BGB § 133 Ausle­gung ein­er Wil­lenserk­lärung
Bei der Ausle­gung ein­er Wil­lenserk­lärung ist der wirk­liche Wille zu erforschen und nicht an dem buch­stäblichen Sinne des Aus­drucks zu haften.

Nun bet­rifft ger­ade die Ein­willi­gung in die Nutzung des Bild­niss­es den Kern­bere­ich des Per­sön­lichkeit­srechts. Und da will man den, der da ein­willigt, vor übereil­ten Entschei­dun­gen bewahren, die ihm später Leid tun. Die Sit­u­a­tion ist ganz ähn­lich wie im Urhe­ber­recht. Und deshalb wen­det man auf die Reich­weite der Ein­willi­gung die Ausle­gungsregeln des Urhe­ber­rechts entsprechend an. Also gel­ten fol­gende drei Regeln:

  • Auf der sicheren Seite ist man dann, wenn man den Umfang der Ein­willi­gung im Detail aufzählt („spez­i­fiziert“). Dabei kommt es – ent­ge­gen dem all­ge­meinen und teils auch unter Juris­ten ver­bre­it­eten Glauben – nicht auf bes­timmte Formeln an. Man kann das auch als Laie in ganz nor­malen Worten beschreiben, etwa:
„Ver­wen­dung der Bilder ges­tat­tet als Illus­tra­tion im Buch ‚Chad Kroskis Inspi­ra­tio­nen im Wan­del der Zeit­en’ für alle deutschsprachi­gen Aus­gaben“.
  • Tut man das nicht, dann richtet sich der Umfang der Ein­willi­gung nach dem mit ihr ver­fol­gten Zweck („Zweck­über­tra­gung“).
Bsp: A macht ein Bild von B. Der konkrete Zweck der Ver­wen­dung wird zwar nicht schriftlich fix­iert, das Bild wird aber anlässlich eines Inter­views für das Werk „Die Weg­bere­it­er Chad Kroskis“ ange­fer­tigt. Dann ist die Ver­wen­dung auch nur in diesem Werk ges­tat­tet.
  • Gibt es dann noch Unklarheit­en gilt: im Zweifel für den Rechtein­hab­er

Hier wird es häu­fig span­nend in Fällen von Agen­tur­fo­tos, bei denen die Rechte „an sich“ eingeräumt („gecleart“) sind.

Bsp: Ein Mod­el wurde fotografiert, das Ein­stellen in den Agen­tur­fun­dus sowie Verkauf und auch kom­merzielle Ver­wen­dung der Bilder sind kraft Mod­el Release ges­tat­tet. Nun soll das Bild – das, vielle­icht für ein Plat­ten­cov­er oder ein Wer­be­poster für eine Par­ty, ein recht lebens­be­ja­hen­des (wenn auch angek­lei­detes) Mod­el zeigt, als Cov­er für eine Zeitschrift let­ztlich ero­tis­chen Inhalts ver­wen­det wer­den.

Es stellt sich in diesem Fall die Frage, ob auch die Ver­wen­dung des Bildes in diesem Umfang von der all­ge­meinen Ein­willi­gung gedeckt ist oder ob es hier nicht ein­er spezielleren Ein­willi­gung bedurft hätte. Es gibt lei­der keine ein­deutige Antwort auf diese Frage, vielmehr kann man bei­de Ansicht­en vertreten – und muss damit rech­nen, dass dies auch Gerichte tun. Auf der wirk­lich sicheren Seite ist man also nur, wenn man expliz­it nach­fragt.

Bitte lesen Sie auch die Teile 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8 der Serie.

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