Änderungen des DCGK: So sollen Unternehmen nachhaltiger werden

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Nach­haltigkeit und Kli­maschutz sollen kün­ftig eine größere Rolle in Deutsch­lands Wirtschaft spie­len, im Auf­sicht­srat muss Exper­tise ver­ankert wer­den. Zu den geplanten Änderun­gen des Deutschen Cor­po­rate Gov­er­nance Kodex kön­nen Unternehmen noch bis zum 11. März Stel­lung nehmen.  

Die Regierungskom­mis­sion hat am 21. Jan­u­ar 2022 Änderun­gen des Deutschen Cor­po­rate Gov­er­nance Kodex (DCGK) vorgeschla­gen. Gründe waren zum einen die wach­sende Bedeu­tung ökol­o­gis­ch­er und sozialer Nach­haltigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung sowie zum anderen Änderun­gen des Aktienge­set­zes durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG).

Der DCGK ist ein Regel­w­erk, in dem sich die Wirtschaft selb­st zu ein­er guten und ver­ant­wor­tungsvollen Unternehmensführung verpflichtet. Er enthält – neben der Wieder­gabe geset­zlich­er Vorschriften — Empfehlun­gen („soll“) und Anre­gun­gen („sollte“) für börsen­notierte Gesellschaften. Diese sind zwar nicht verbindlich. Allerd­ings müssen die Unternehmen nach dem Prinzip „Com­ply or Explain“ Abwe­ichun­gen von Empfehlun­gen (nicht von Anre­gun­gen) begrün­den und dies auch im Bun­de­sanzeiger veröf­fentlichen (§ 161 AktG).

Die Regierungskom­mis­sion des Kodex‘ über­prüft jährlich, ob dessen Inhalte an sich verändernde Gegeben­heit­en angepasst wer­den müssen. Bedeu­ten­dere Änderun­gen möchte die Kom­mis­sion allerd­ings nur alle zwei Jahre beschließen, um die Wirtschaft nicht zu über­fordern. Mit der ver­gan­genen Kodexre­form 2020 the­ma­tisierte sie beson­ders die gesellschaftliche Ver­ant­wor­tung der Unternehmen, erwäh­nte Nach­haltigkeit jedoch nicht expliz­it.

Für das Jahr 2022 stand nun die neue größere Reform an. Die vorgeschla­ge­nen Änderun­gen zeigen: Aktuelle poli­tis­che und gesellschaftliche Debat­ten zum Kli­ma und zur Nach­haltigkeit haben inzwis­chen auch die Regierungskom­mis­sion erre­icht. Aus dem Wirtschaft­sleben sind diese Aspek­te nicht mehr wegzu­denken. Einige Unternehmen schreiben sie sich bere­its auf die Fahne. Alle anderen wer­den sich nun zumin­d­est damit befassen müssen.

Vorstand, Aufsichtsrat, Compliance-Abteilung: Wer nun alles nachhaltig denken soll

Bere­its in der Präam­bel soll das The­ma Nach­haltigkeit ver­ankert wer­den. So heißt es in einem neu einge­fügten Satz: „Die Tätigkeit­en des Unternehmens haben Auswirkun­gen auf Men­sch und Umwelt. Vor­stand und Auf­sicht­srat berück­sichti­gen dies bei der Führung und Überwachung des Unternehmens.“

Die neuen Empfehlun­gen tre­f­fen ein­er­seits den Vor­stand. Dieser muss die mit den Sozial- und Umwelt­fak­toren ver­bun­de­nen Risiken und Chan­cen sowie die ökol­o­gis­chen und sozialen Auswirkun­gen der Unternehmen­stätigkeit sys­tem­a­tisch iden­ti­fizieren und bew­erten (Empfehlung A.1).

Ander­er­seits soll der Auf­sicht­srat überwachen, wie das Unternehmen ökol­o­gis­che und soziale Nach­haltigkeit berück­sichtigt – sowohl bei der strate­gis­chen Aus­rich­tung als auch bei der konkreten Umset­zung (Empfehlung A.6). Bere­its bei der Frage, wer über­haupt im Auf­sicht­srat sitzen soll, spielt Nach­haltigkeit zukün­ftig eine Rolle. Die Mit­glieder sollen entsprechend ihrer Kom­pe­ten­zen und Exper­tise für unternehmensspez­i­fis­che Nach­haltigkeits­fra­gen aus­gewählt wer­den (Empfehlung C.1). Der Vor­sitzende des Prü­fungsauss­chuss­es muss über Ken­nt­nisse in der Nach­haltigkeits­berichter­stat­tung ver­fü­gen (Empfehlung D.4).

Schließlich soll auch das interne Kon­troll- und Risiko­man­age­mentsys­tem (Com­pli­ance) auf finanzielle und nach­haltigkeits­be­zo­gene Belange aus­gerichtet wer­den (Empfehlung A.3).  Die Überwachung der Ein­hal­tung extern­er (Verord­nun­gen, Geset­ze, Recht­sprechung) sowie intern­er (Richtlin­ien, Geschäft­sor­d­nun­gen, Gesellschafterbeschlüsse) Regelun­gen soll kün­ftig die Erfas­sung und Ver­ar­beitung nach­haltigkeits­be­zo­gen­er Dat­en mitein­schließen, um Pflichtver­let­zun­gen in diesem Bere­ich zu ver­mei­den.

Ihre Meinung: Unternehmen können sich bis 11. März beteiligen

Die geplante Änderung des DCGK ver­ankert das The­ma Nach­haltigkeit auf nahezu allen Ebe­nen im Unternehmen und sichert diese durch das Com­pli­ance-Sys­tem zusät­zlich ab. In der Unternehmensstrate­gie sollen Ökonomie, Ökolo­gie und Soziales aus­geglichen wer­den. Die Erfahrung zeigt, dass Sozial- und Umwelt­fak­toren Chan­cen und Risiken für die Unternehmen bergen.

Bis­lang han­delt es sich allerd­ings nur um einen Entwurf zur Neu­fas­sung des Kodex‘. Bis zum 11. März kön­nen Unternehmen sich an der Kon­sul­ta­tion beteili­gen. Auch wenn viele Unternehmen längst aus eigen­em Antrieb begin­nen, die Nach­haltigkeit als Unternehmenswert zu imple­men­tieren, ste­hen Unternehmer erfahrungs­gemäß beson­ders Vor­gaben für die Per­son­albe­set­zung kri­tisch gegenüber.

Wenn der Entwurf ver­ab­schiedet wird, ste­ht es den Unternehmen weit­er­hin frei, die Empfehlun­gen des DCGK nicht umzuset­zen. In der verpflich­t­en­den Entsprechungserk­lärung müssen sie dann jedoch dar­legen, welchen Empfehlun­gen sie nicht gefol­gt sind und aus welchem Grund nicht („Explain“).

Der Autor Andreas Lieb berät mit­tel­ständis­che Unternehmen und Start-ups im Han­dels- und Gesellschaft­srecht. Dabei unter­stützt er bei der Grün­dung von Gesellschaften, Kap­i­tal­maß­nah­men, Struk­turierun­gen, Finanzierun­gen und Erstel­lung von Beteili­gungsverträ­gen sowie bei Unternehmen­skäufen. https://de.linkedin.com/in/andreaslieb 

 

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