Startet man gerade erst in die eigene Selbstständigkeit, hat man zunächst genug andere Themen als die Frage der Rechtsform im Kopf. Irgendwann kommt aber der Punkt, an dem man sich entscheiden muss, welcher Weg eingeschlagen werden soll. Ob GmbH oder Unternehmergesellschaft — Andreas Lieb erklärt die Unterschiede sowie Vor- und Nachteile.
Eine Kapitalgesellschaft kann durchaus Vorteile haben. Diese Vorteile „erkauft“ man sich durch die Aufbringung eines bestimmten Geldbetrags, dem sog. Stammkapital.
Das Stammkapital einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) muss mindestens 25.000 Euro betragen. Da Geld in der Gründungsphase aber oft eine knappe Ressource ist, überlegen viele Gründer statt der GmbH eine Unternehmergesellschaft (UG) zu gründen, welche theoretisch ein Stammkapital von lediglich einem Euro benötigt.
Sowohl GmbH als auch UG sind Kapitalgesellschaften und damit eigenständige juristische Personen. Bei ihnen steht – wie der Name Kapitalgesellschaft schon deutlich macht – das Kapital im Vordergrund. Nur die Gesellschaft und deren aufgebrachtes sowie erwirtschaftetes Kapital stehen den Gläubigern der Gesellschaft als Haftungssubjekt zur Verfügung. Damit unterscheiden sich Kapitalgesellschaften von den Personengesellschaften, welche keine juristischen Personen sind und deren Gesellschafter mit ihrem privaten Vermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen müssen.
Dieser Vorteil der Haftungsbeschränkung gilt neben der GmbH auch im vollen Umfang für die UG. Zu Recht stellen sich Gründer daher die Frage, warum sie überhaupt eine GmbH als Rechtsform vorziehen sollen.
Die UG ist keine eigene Rechtsform, sondern lediglich die „kleine Schwester“ und damit eine Variante der GmbH. Für sie gelten, bis auf wenige Ausnahmen hinsichtlich Stammkapital und Kapitalaufbringung, die gleichen Regelungen des GmbH-Gesetzes.
Die Haftungsbeschränkung der UG muss in der Außendarstellung immer deutlich werden. Das Unternehmen ist daher verpflichtet, den Klammerzusatz „(haftungsbeschränkt)“ zu tragen.
Dieser Zusatz wird gerne weggelassen, da er optisch natürlich nicht wahnsinnig ansprechend ist. Das kann aber Haftungsrisiken (Rechtsscheinhaftung) nach sich ziehen. Mögliche Firmierungen wären daher bspw. „Max Muster UG (haftungsbeschränkt)“ oder „Max Muster Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“.
Der größte Unterschied zu einer GmbH ist ein Stammkapital von weniger als 25.000 Euro. Theoretisch ist sogar ein Stammkapital von einem symbolischen Euro möglich. In der Praxis führt dies allerdings dazu, dass das Kapital bereits durch den Gründungsaufwand aufgebraucht und die Gesellschaft überschuldet ist. Realistisch ist es daher, eine UG ab 2.000 Euro Stammkapital zu gründen und die Gesellschaft zügig mit weiteren finanziellen Mitteln auszustatten. Dazu gibt es unterschiedliche Möglichkeiten (Kapitalerhöhung, Gesellschafterdarlehen etc.), die aber teilweise mit weiteren Kosten, z.B. für die Beurkundung, verbunden sind. Eine Unterkapitalisierung birgt ein Insolvenzrisiko, welches nicht nur das Ende der Unternehmung ist, sondern auch für den Geschäftsführer mit Gefahren verbunden ist (Stichwort „Insolvenzantragspflicht“).
Da bei einer Kapitalgesellschaft jede Rechnung und jede Anschaffung über die Gesellschaft laufen muss, empfiehlt es sich, diese direkt von Anfang an mit genug Kapital auszustatten.
Ein Beispiel aus der Praxis: Max Muster möchte sich selbstständig machen und hat ein begrenztes Budget. Er kauft sich für 1500 Euro einen Laptop und mietet sich für 500 Euro im Monat in einem Co-Working Space ein. An eine UG hat er von Anfang an gedacht, dafür aber lediglich 2000 Euro Stammkapital eingeplant. Nach drei Monaten gründet er sie.
In dieser Situation hätte Max Muster besser direkt eine UG mit einem Stammkapital von 5000 Euro gegründet. Laptop sowie Miete hätten aus dem eingezahlten Stammkapital bezahlt und diese Ausgaben steuerlich bei der UG geltend gemacht werden können.
Die UG hat bzgl. des Stammkapitals gegenüber der GmbH einen entscheiden Nachteil. Der Betrag des Stammkapitals muss in voller Höhe eingezahlt werden. Bei der GmbH dagegen reicht es aus, wenn auf das Stammkapital insgesamt nur die Hälfte eingezahlt wird. Die andere Hälfte wird zu einem späteren Zeitpunkt auf Verlangen der Gesellschafterversammlung eingefordert. In der Regel geschieht das aber nur, wenn die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage kommt.
Um diesen Nachteil deutlich zu machen ein weiteres Beispiel: Max und Moritz möchten eine Kapitalgesellschaft gründen, haben aber jeweils nur 6.250 Euro zur Verfügung. Sie können damit eine UG mit einem Stammkapital von 12.500 Euro gründen. Diesen Betrag müssen sie vor Eintragung in vollem Umfang auf das Gesellschaftskonto einzahlen. Sie können allerdings auch eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 Euro gründen, da es für die Eintragung ausreichend ist, davon nur die Hälfte, also 12.500 Euro, auf das Gesellschaftskonto einzuzahlen.
Bei der GmbH ist es zulässig anstelle eines Geldbetrags (=Bareinlage) eine Sacheinlage auf das Stammkapital zu erbringen. Möchte ein Filmproduzent eine GmbH gründen, kann er statt der Bareinlage auch sein Equipment im Wert von 25.000 Euro einbringen. Das kann sinnvoll sein, muss es aber nicht. Sacheinlagen sind mit einem erhöhten Aufwand (Bewertung, Sachgründungsbericht) verbunden.
Der Vorteil bei der GmbH im Gegensatz zur UG ist die Flexibilität. GmbH-Gesellschafter können sich aussuchen, wie sie ihre Einlage erbringen wollen. Für UG-Gesellschafter besteht diese Wahlmöglichkeit gar nicht. Hier muss die Einlage immer in Geld erfolgen.
Rücklagen Als „kleine Schwester“ der GmbH ist das Ziel einer UG immer, im Laufe des Wirtschaftslebens zu einer GmbH zu werden und das Stammkapital auf 25.000 Euro aufzustocken. Zu diesem Zweck sieht das Gesetz eine Ansparpflicht zur Stärkung der Kapitaldeckung vor.
Die Gesellschaft muss ein Viertel, des um den Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses, einbehalten, bis das Stammkapital auf 25.000 Euro angewachsen ist. Gesellschafter dürfen sich Überschüsse somit nicht in vollem Umfang auszahlen.
Ist das Stammkapital durch Rücklagen oder eine Kapitalerhöhung auf 25.000 Euro angewachsen, darf die Gesellschaft künftig als GmbH firmieren. Die Umfirmierung ist mit Verwaltungsaufwand und weiteren Kosten (für Notar und Register, aber auch z.B. Homepage, Briefpapier oder Werbemittel) verbunden. Eine Pflicht zur Umfirmierung gibt es allerdings nicht.
In der Praxis gibt es einen ganz einfachen Grund, warum die GmbH einer UG vorgezogen werden sollte. Auch über ein Jahrzehnt nach Einführung der kleinen GmbH-Schwestergesellschaft wird die UG vom Geschäftsverkehr immer noch mit Skepsis betrachtet.
Zwar ist sie mittlerweile bekannt und im Startup-Umfeld akzeptiert, aber traditionelle Branchen und der Mittelstand zweifeln aufgrund des geringen Kapitalbedarfs immer noch an der Ernsthaftigkeit oder Profitabilität der Unternehmung, wenn man als UG gründet oder zu lange in dieser Rechtsform bleibt.
Einige Unternehmen weigern sich daher vollkommen, mit Unternehmergesellschaft Vertragsbeziehungen einzugehen und manche Banken vergeben keine Darlehen an diese.
Betrachtet man dies im Zusammenhang mit den oben genannten Nachteilen, ist klar, warum viele Gründer sich nach Aufklärung schließlich doch für den direkten Weg in die GmbH entscheiden. Dennoch hat die UG ihre Daseinsberechtigung und es gibt Branchen, in denen der schlechtere Ruf einer UG kein relevanter Faktor ist. Man denke hier an rein digitale Geschäftsmodelle, die nicht auf Geschäftsbeziehungen zu eher „traditionell“ geprägten Lieferanten angewiesen sind. Haben diese am Anfang wenig Kapital zur Verfügung und benötigen für den Start vielleicht auch nicht allzu viel Kapital, ist eine UG sicherlich ein gangbarer Weg.
Bei der Frage, ob für Gründer die UG oder GmbH die bessere Wahl ist und wie so ein Gründungsprozess ablaufen kann, helfen wir gerne. Als ersten Kontakt bieten wir ein kostenloses und unverbindliches Kennenlern-Gespräch an.
Andreas Lieb berät mittelständische Unternehmen und Startups im Handels- und Gesellschaftsrecht. Dabei unterstützt er bei der Gründung von Gesellschaften, Kapitalmaßnahmen, Strukturierungen, Finanzierungen und Erstellung von Beteiligungsverträgen sowie bei Unternehmenskäufen. https://de.linkedin.com/in/andreaslieb
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