Rechtsformen für die Existenzgründung: Unterschiede zwischen GmbH und Unternehmergesellschaft

© dima_pics/stock.adobe.com
Start-ups | 11. Mai 2023
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Startet man ger­ade erst in die eigene Selb­st­ständigkeit, hat man zunächst genug andere The­men als die Frage der Rechts­form im Kopf. Irgend­wann kommt aber der Punkt, an dem man sich entschei­den muss, welch­er Weg eingeschla­gen wer­den soll. Ob GmbH oder Unternehmerge­sellschaft — Andreas Lieb erk­lärt die Unter­schiede sowie Vor- und Nachteile. 

Eine Kap­i­talge­sellschaft kann dur­chaus Vorteile haben. Diese Vorteile „erkauft“ man sich durch die Auf­bringung eines bes­timmten Geld­be­trags, dem sog. Stammkap­i­tal.

Das Stammkap­i­tal ein­er Gesellschaft mit beschränk­ter Haf­tung (GmbH) muss min­destens 25.000 Euro betra­gen. Da Geld in der Grün­dungsphase aber oft eine knappe Ressource ist, über­legen viele Grün­der statt der GmbH eine Unternehmerge­sellschaft (UG) zu grün­den, welche the­o­retisch ein Stammkap­i­tal von lediglich einem Euro benötigt.

Grundsätzliches

Sowohl GmbH als auch UG sind Kap­i­talge­sellschaften und damit eigen­ständi­ge juris­tis­che Per­so­n­en. Bei ihnen ste­ht – wie der Name Kap­i­talge­sellschaft schon deut­lich macht – das Kap­i­tal im Vorder­grund. Nur die Gesellschaft und deren aufge­bracht­es sowie erwirtschaftetes Kap­i­tal ste­hen den Gläu­bigern der Gesellschaft als Haf­tungssub­jekt zur Ver­fü­gung. Damit unter­schei­den sich Kap­i­talge­sellschaften von den Per­so­n­enge­sellschaften, welche keine juris­tis­chen Per­so­n­en sind und deren Gesellschafter mit ihrem pri­vat­en Ver­mö­gen für Verbindlichkeit­en der Gesellschaft ein­ste­hen müssen.

Dieser Vorteil der Haf­tungs­beschränkung gilt neben der GmbH auch im vollen Umfang für die UG. Zu Recht stellen sich Grün­der daher die Frage, warum sie über­haupt eine GmbH als Rechts­form vorziehen sollen.

 

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

Die UG ist keine eigene Rechts­form, son­dern lediglich die „kleine Schwest­er“ und damit eine Vari­ante der GmbH. Für sie gel­ten, bis auf wenige Aus­nah­men hin­sichtlich Stammkap­i­tal und Kap­i­ta­lauf­bringung, die gle­ichen Regelun­gen des GmbH-Geset­zes.

Die Haf­tungs­beschränkung der UG muss in der Außen­darstel­lung immer deut­lich wer­den. Das Unternehmen ist daher verpflichtet, den Klam­merzusatz „(haf­tungs­beschränkt)“ zu tra­gen.

Dieser Zusatz wird gerne wegge­lassen, da er optisch natür­lich nicht wahnsin­nig ansprechend ist. Das kann aber Haf­tungsrisiken (Rechtss­chein­haf­tung) nach sich ziehen. Mögliche Fir­mierun­gen wären daher bspw. „Max Muster UG (haf­tungs­beschränkt)“ oder „Max Muster Unternehmerge­sellschaft (haf­tungs­beschränkt)“.

 

Stammkapital

Der größte Unter­schied zu ein­er GmbH ist ein Stammkap­i­tal von weniger als 25.000 Euro. The­o­retisch ist sog­ar ein Stammkap­i­tal von einem sym­bol­is­chen Euro möglich. In der Prax­is führt dies allerd­ings dazu, dass das Kap­i­tal bere­its durch den Grün­dungsaufwand aufge­braucht und die Gesellschaft über­schuldet ist. Real­is­tisch ist es daher, eine UG ab 2.000 Euro Stammkap­i­tal zu grün­den und die Gesellschaft zügig mit weit­eren finanziellen Mit­teln auszus­tat­ten. Dazu gibt es unter­schiedliche Möglichkeit­en (Kap­i­taler­höhung, Gesellschaf­ter­dar­lehen etc.), die aber teil­weise mit weit­eren Kosten, z.B. für die Beurkun­dung, ver­bun­den sind. Eine Unterkap­i­tal­isierung birgt ein Insol­ven­zrisiko, welch­es nicht nur das Ende der Unternehmung ist, son­dern auch für den Geschäfts­führer mit Gefahren ver­bun­den ist (Stich­wort „Insol­ven­zantragspflicht“).

Da bei ein­er Kap­i­talge­sellschaft jede Rech­nung und jede Anschaf­fung über die Gesellschaft laufen muss, emp­fiehlt es sich, diese direkt von Anfang an mit genug Kap­i­tal auszus­tat­ten.

Ein Beispiel aus der Prax­is: Max Muster möchte sich selb­st­ständig machen und hat ein begren­ztes Bud­get. Er kauft sich für 1500 Euro einen Lap­top und mietet sich für 500 Euro im Monat in einem Co-Work­ing Space ein. An eine UG hat er von Anfang an gedacht, dafür aber lediglich 2000 Euro Stammkap­i­tal einge­plant. Nach drei Monat­en grün­det er sie.

In dieser Sit­u­a­tion hätte Max Muster bess­er direkt eine UG mit einem Stammkap­i­tal von 5000 Euro gegrün­det. Lap­top sowie Miete hät­ten aus dem eingezahlten Stammkap­i­tal bezahlt und diese Aus­gaben steuer­lich bei der UG gel­tend gemacht wer­den kön­nen.

Die UG hat bzgl. des Stammkap­i­tals gegenüber der GmbH einen entschei­den Nachteil. Der Betrag des Stammkap­i­tals muss in voller Höhe eingezahlt wer­den. Bei der GmbH dage­gen reicht es aus, wenn auf das Stammkap­i­tal ins­ge­samt nur die Hälfte eingezahlt wird. Die andere Hälfte wird zu einem späteren Zeit­punkt auf Ver­lan­gen der Gesellschafter­ver­samm­lung einge­fordert. In der Regel geschieht das aber nur, wenn die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage kommt.

Um diesen Nachteil deut­lich zu machen ein weit­eres Beispiel: Max und Moritz möcht­en eine Kap­i­talge­sellschaft grün­den, haben aber jew­eils nur 6.250 Euro zur Ver­fü­gung. Sie kön­nen damit eine UG mit einem Stammkap­i­tal von 12.500 Euro grün­den. Diesen Betrag müssen sie vor Ein­tra­gung in vollem Umfang auf das Gesellschaft­skon­to ein­zahlen. Sie kön­nen allerd­ings auch eine GmbH mit einem Stammkap­i­tal von 25.000 Euro grün­den, da es für die Ein­tra­gung aus­re­ichend ist, davon nur die Hälfte, also 12.500 Euro, auf das Gesellschaft­skon­to einzuzahlen.

 

Sacheinlagen

Bei der GmbH ist es zuläs­sig anstelle eines Geld­be­trags (=Barein­lage) eine Sachein­lage auf das Stammkap­i­tal zu erbrin­gen. Möchte ein Film­pro­duzent eine GmbH grün­den, kann er statt der Barein­lage auch sein Equip­ment im Wert von 25.000 Euro ein­brin­gen. Das kann sin­nvoll sein, muss es aber nicht. Sachein­la­gen sind mit einem erhöht­en Aufwand (Bew­er­tung, Sach­grün­dungs­bericht) ver­bun­den.

Der Vorteil bei der GmbH im Gegen­satz zur UG ist die Flex­i­bil­ität. GmbH-Gesellschafter kön­nen sich aus­suchen, wie sie ihre Ein­lage erbrin­gen wollen. Für UG-Gesellschafter beste­ht diese Wahlmöglichkeit gar nicht. Hier muss die Ein­lage immer in Geld erfol­gen.

Rück­la­gen Als „kleine Schwest­er“ der GmbH ist das Ziel ein­er UG immer, im Laufe des Wirtschaft­slebens zu ein­er GmbH zu wer­den und das Stammkap­i­tal auf 25.000 Euro aufzu­s­tock­en. Zu diesem Zweck sieht das Gesetz eine Ansparpflicht zur Stärkung der Kap­i­taldeck­ung vor.

Die Gesellschaft muss ein Vier­tel, des um den Ver­lustvor­trag aus dem Vor­jahr geminderten Jahresüber­schuss­es, ein­be­hal­ten, bis das Stammkap­i­tal auf 25.000 Euro angewach­sen ist. Gesellschafter dür­fen sich Über­schüsse somit nicht in vollem Umfang auszahlen.

Ist das Stammkap­i­tal durch Rück­la­gen oder eine Kap­i­taler­höhung auf 25.000 Euro angewach­sen, darf die Gesellschaft kün­ftig als GmbH fir­mieren. Die Umfir­mierung ist mit Ver­wal­tungsaufwand und weit­eren Kosten (für Notar und Reg­is­ter, aber auch z.B. Home­page, Brief­pa­pi­er oder Werbe­mit­tel) ver­bun­den. Eine Pflicht zur Umfir­mierung gibt es allerd­ings nicht.

 

Praxisbetrachtung

In der Prax­is gibt es einen ganz ein­fachen Grund, warum die GmbH ein­er UG vorge­zo­gen wer­den sollte. Auch über ein Jahrzehnt nach Ein­führung der kleinen GmbH-Schwest­erge­sellschaft wird die UG vom Geschäftsverkehr immer noch mit Skep­sis betra­chtet.

Zwar ist sie mit­tler­weile bekan­nt und im Start­up-Umfeld akzep­tiert, aber tra­di­tionelle Branchen und der Mit­tel­stand zweifeln auf­grund des gerin­gen Kap­i­talbe­darfs immer noch an der Ern­sthaftigkeit oder Prof­itabil­ität der Unternehmung, wenn man als UG grün­det oder zu lange in dieser Rechts­form bleibt.

Einige Unternehmen weigern sich daher vol­lkom­men, mit Unternehmerge­sellschaft Ver­trags­beziehun­gen einzuge­hen und manche Banken vergeben keine Dar­lehen an diese.

 

Fazit

Betra­chtet man dies im Zusam­men­hang mit den oben genan­nten Nachteilen, ist klar, warum viele Grün­der sich nach Aufk­lärung schließlich doch für den direk­ten Weg in die GmbH entschei­den. Den­noch hat die UG ihre Daseins­berech­ti­gung und es gibt Branchen, in denen der schlechtere Ruf ein­er UG kein rel­e­van­ter Fak­tor ist. Man denke hier an rein dig­i­tale Geschäftsmod­elle, die nicht auf Geschäfts­beziehun­gen zu eher „tra­di­tionell“ geprägten Liefer­an­ten angewiesen sind. Haben diese am Anfang wenig Kap­i­tal zur Ver­fü­gung und benöti­gen für den Start vielle­icht auch nicht allzu viel Kap­i­tal, ist eine UG sicher­lich ein gang­bar­er Weg.

Bei der Frage, ob für Grün­der die UG oder GmbH die bessere Wahl ist und wie so ein Grün­dung­sprozess ablaufen kann, helfen wir gerne. Als ersten Kon­takt bieten wir ein kosten­los­es und unverbindlich­es Ken­nen­lern-Gespräch an.

 

Andreas Lieb berät mit­tel­ständis­che Unternehmen und Star­tups im Han­dels- und Gesellschaft­srecht. Dabei unter­stützt er bei der Grün­dung von Gesellschaften, Kap­i­tal­maß­nah­men, Struk­turierun­gen, Finanzierun­gen und Erstel­lung von Beteili­gungsverträ­gen sowie bei Unternehmen­skäufen. https://de.linkedin.com/in/andreaslieb

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Gesellschaftsrecht 5. September 2024

Brauchen wir mehr persönliche Haftung von Unternehmern?

„Die Entscheidungsträger müssen wieder in die Haftung“, sagte der Familienunternehmer Wolfgang Grupp kurz vor seinem Rückzug als Chef von TRIGEMA, die Familie führt das Textilunternehmen persönlich haftend weiter. Doch ist die persönliche Haftung für jeden Unternehmer das Richtige?   Wolfgang Grupp ist ein bekannter deutscher Unternehmer und ehemaliger Inhaber von TRIGEMA W. Grupp KG (ehemals TRIGEMA Inh. W. Grupp e.K.)....

Start-ups 24. August 2023

Acceleratoren und Inkubatoren: Professionelle Starthilfe auf dem Weg zum Erfolg

In der dynamischen Start-up-Welt sind Acceleratoren und Inkubatoren entscheidende Instrumente, um Ihr Unternehmen voranzubringen. Acceleratoren bieten intensive Starthilfen für einen raschen Markteintritt, während Inkubatoren einen gezielten Nährboden für die detaillierte Ausarbeitung Ihrer Geschäftsidee schaffen. Doch welches Programm ist das richtige für Sie? Andreas Lieb bietet einen fundierten Einblick in beide Ansätze.  (mehr …)