Die Kündigung einer schwangeren Frau ist grundsätzlich verboten. Zu Beginn einer Schwangerschaft weiß die Frau aber meist selbst noch nicht sicher, ob sie schwanger ist oder nicht. Braucht sie, um das ärztlich feststellen zu lassen, länger als die Drei-Wochen-Frist für eine Kündigungsschutzklage, kann die Klage gegen die Kündigung nachträglich zugelassen werden.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über eine Kündigungsschutzklage zu urteilen, die eine schwangere Arbeitnehmerin erhoben hatte. Ihr war ordentlich am 14. Mai 2022 gekündigt worden, sie wusste aber zu diesem Zeitpunkt selbst noch gar nicht, dass sie schwanger war. Vierzehn Tage später machte sie zuhause einen Schwangerschaftstest, der positiv ausfiel. Hierüber informierte sie ihren Arbeitgeber.
Einen Termin bei ihrem Frauenarzt konnte sie jedoch erst für den 17. Juni 2022 bekommen. Am 13. Juni 2022 erhob sie Kündigungsschutzklage und beantragte, die Klage nachträglich zuzulassen. Am 17. Juni 2022 reichte sie das ärztliche Attest ein, das bestätigte, dass sie schon schwanger gewesen war, als ihr Arbeitgeber ihr am 14. Mai gekündigt hatte.
Der Arbeitgeber berief sich auf den Ablauf der drei-wöchigen Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass seine Mitarbeiterin schon durch den Schwangerschaftstest am 29. Mai 2022 ausreichende Kenntnis von ihrer Schwangerschaft gehabt habe und sie die Drei-Wochen-Frist deshalb hätte einhalten können. Das BAG folgte dieser Argumentation nicht (BAG, Urt. v. 03.04.2025, Az. 2 AZR 156/24).
Wer nichts von Schwangerschaft weiß, kann noch später klagen
Die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin ist unwirksam. Sie verstößt gegen die mutterschutzrechtliche Vorschrift des § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG, die eine Kündigung während einer Schwangerschaft verbietet. Entscheidend ist dabei, dass die Frau zum Kündigungszeitpunkt schwanger ist. Nach § 17 Abs. 1 S. 1 MuSchG genügt es, wenn sie die Schwangerschaft dem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitteilt.
Allerdings gilt nach § 7 Hs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) eine Kündigung als von Anfang an rechtswirksam, wenn nicht rechtzeitig binnen der Drei-Wochen-Frist nach § 4 S. 1 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben wird. Das gilt auch dann, wenn die Kündigung an sich wegen Verstoßes gegen dieses Verbot rechtswidrig war. Versäumt die Arbeitnehmerin die Klagefrist, kann jedoch ein Antrag auf nachträgliche Zulassung nach § 5 KSchG helfen.
Wer einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung stellt, muss darlegen, dass er trotz aller Sorgfalt die Klage nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erheben konnte. Das gilt nach § 5 Abs. 1 S. 2 KSchG ausdrücklich auch, wenn eine Frau erst mehr als drei Wochen nach der Kündigung erfährt, dass sie schwanger ist, ohne dass ihr dies anzulasten wäre. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung muss innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses gestellt werden.
Test zuhause sagt nichts über Beginn der Schwangerschaft
Das BAG hat die Klage der Arbeitnehmerin im entschiedenen Fall nachträglich zugelassen. Denn erst durch die ärztliche Beurteilung habe sie sicher von ihrer Schwangerschaft wissen können.
Ein selbst durchgeführter Schwangerschaftstest kann zwar bei richtiger Anwendung kaum falsch positiv, sondern nur falsch negativ sein. Er sagt jedoch nichts darüber aus, wie lange die Schwangerschaft schon besteht, insbesondere nicht, ob die Frau bereits zum Kündigungszeitpunkt schwanger war. Genau hierauf kommt es aber für die Frage an, ob eine Kündigung gegen § 17 Abs. 1 MuSchG verstößt an.
Auch wenn die Arbeitnehmerin erst nach der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfährt, muss sie handeln
Allerdings darf auch die Arbeitnehmerin, die erst nach der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfährt und den Arbeitgeber darüber informiert, sich nicht schlicht darauf verlassen, dass der Arbeitgeber die Kündigung deswegen als gegenstandslos erachtet. Auch in diesem Fall muss sie Kündigungsschutzklage erheben und gegebenenfalls einen Antrag auf nachträgliche Zulassung stellen. Das Arbeitsgericht Mainz hatte das 2024 in einem anderen Fall noch anders gesehen (Urt. v. 14.08.2024, Az. 4 Ca 1424/22), diese Auffassung teilt das BAG nun ausdrücklich nicht.
Hingegen reichte es den Erfurter Richtern, dass die Arbeitnehmerin mit ihrem Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage die Gründe für die Verspätung nannte, aber noch kein Attest vorlegte. Dass sie darlegen konnte, keinen früheren Arzttermin bekommen zu haben und das Attest erst einige Tage später nachreichte, genügte dem Senat.
Kündigung einer Schwangeren: Nur ausnahmsweise mit behördlicher Zustimmung
Erfährt ein Arbeitgeber erst im Nachhinein, dass eine Mitarbeiterin bei der Kündigung schon schwanger war, kann er noch prüfen, ob eine – neue — Kündigung mit behördlicher Zustimmung möglich ist. Die Zustimmung wird nur erteilt, wenn die Gründe für die Kündigung nicht mit der Schwangerschaft in Zusammenhang stehen. Erteilt die Behörde ihre Zustimmung, muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe in der Kündigungserklärung mitteilen, § 17 Abs. 2 S. 2 MuSchG. Auch eine solche Kündigung können Arbeitnehmerinnen aber natürlich arbeitsgerichtlich überprüfen lassen.
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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