Wenn Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein Darlehen erhalten, darf die Rückzahlung nicht pauschal an das Ende des Arbeitsverhältnisses gekoppelt werden. Das LAG Köln erklärte eine solche Fälligkeitsklausel jüngst für unwirksam – und gibt Arbeitgebern damit wichtige Hinweise für die Vertragsgestaltung.
Gerät ein Arbeitnehmer in finanzielle Engpässe, ist er häufig froh, vom Arbeitgeber ein Darlehen zu bekommen. Doch was passiert mit dem Kredit, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird? Mit dieser und weiteren Fragen hat sich das LAG Köln mit Urteil vom 29. April 20025 befasst (Az. 8 Sa 64/23).
Die Kölner Arbeitsrichter stellen klar, dass Rückzahlungs- und Fälligkeitsregelungen in Arbeits- wie auch in Darlehensverträgen einer strenger AGB-Kontrolle unterliegen (§ 307 BGB). Klauseln, die vorsehen, dass immer, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, auch ein Kredit sofort zurückgezahlt werden muss, sind regelmäßig unwirksam.
Arbeitgeber kündigt — und verlangt 25.000 Euro auf einen Schlag zurück
In dem Fall, über den das LAG zu entscheiden hatte, hatte ein Arbeitgeber mit seinem Arbeitnehmer einen Darlehensvertrag über 25.000 Euro geschlossen, zu verzinsen mit 4,5 %. Die Rückzahlung war in monatlichen Raten zu je 100 Euro vereinbart. Die Klausel, auf die es ankam: „Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird das Darlehen, in beiderseitigem Einverständnis, sofort fällig.“
Ein knappes Jahr nach Abschluss des Vertrags, im September 2021, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer zum Ende des Jahres und verlangte den ausgezahlten Betrag plus Zinsen zurück. Im Januar 2022 zahlte der Arbeitnehmer 20.000 Euro zurück.
Der Arbeitgeber klagte und verlangte den Restbetrag von 5.000 Euro zuzüglich der vertraglich vereinbarten Zinsen von rund 1.300 Euro nebst weiteren Verzugszinsen. Der Arbeitnehmer hielt den Darlehensvertrag für unwirksam, da ihn die Rückzahlungsvereinbarung, die eine Fälligkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, unangemessen benachteilige. In erster Instanz wies das das ArbG Köln die Klage des Arbeitgebers ab. Das LAG Köln erklärte nun zwar die Fälligkeitsklausel für unwirksam, zurückzahlen muss der Arbeitnehmer das Darlehen dennoch.
LAG Köln: Fälligkeitsklausel unwirksam, Darlehensvertrag bleibt wirksam
Das LAG Köln hält den Darlehensvertrag an sich nämlich für wirksam, der Arbeitgeber hat daher einen Anspruch auf Rückzahlung. Die Fälligkeitsklausel aber, wonach das Darlehen sofort fällig sein soll, wenn das Arbeitsverhältnis endet, hält die Kammer für eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn der Darlehensvertrag wird, da es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen handelte, am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemessen.
Eine Fälligkeitsklausel, die ein Darlehen an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses knüpft, verstößt nach Ansicht des LAG Köln gegen Treu und Glauben, wenn sie auch Fallgestaltungen erfasst, an denen der Arbeitgeber kein schützenswertes Interesse hat. Das war hier der Fall: Denn wenn der Arbeitgeber den Vertrag kündigt oder den Arbeitnehmer dazu veranlasst, seinerseits zu kündigen, hat er kein schützenswertes Interesse daran, dass der Darlehensvertrag dann vorzeitig abgewickelt wird. Schließlich hat der Arbeitnehmer es dann nicht allein in der Hand, zu verhindern, dass das Darlehen sofort insgesamt fällig wird, indem er sich betriebstreu und vertragsgerecht verhält, sondern der Arbeitgeber als Darlehensgeber kann den Grund für die Gesamtfälligkeit jederzeit selbst herbeiführen.
Dem Arbeitgeber ist in solchen Fällen vielmehr laut dem LAG Köln zumutbar, dass der Darlehensvertrag auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers abgewickelt wird, wie es im Darlehensvertrag vereinbart worden ist, hier also mit einer Zahlung von 100 Euro plus Zinsen pro Monat.
Die für unwirksam erklärte Fälligkeitsklausel entfällt deshalb ersatzlos. Der Darlehensvertrag bleibt laut LAG Köln im Übrigen aber wirksam, der Arbeitnehmer müsste also weiterhin monatlich die Zahlung und Zinsen leisten. In der Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs durch den Arbeitgeber sieht das LAG Köln allerdings eine konkludente Kündigung des Darlehensvertrages, und da es nun die unwirksame Fälligkeitsklausel nicht mehr gab, gilt das Gesetz: Der Rückzahlungsanspruch wurde gemäß § 488 Abs. 3 BGB fällig, die Kündigungsfrist betrug drei Monate.
Besser eine differenzierte, faire Fälligkeitsklausel
Am Ende müsste der Arbeitnehmer nach dem Urteil des LAG Köln den Restbetrag zuzüglich Darlehenszinsen bis zum Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist zwar zurückzahlen, was sich in dem konkreten Fall jedoch erledigte, weil der Arbeitnehmer seinerseits noch offene Forderungen gegen den Arbeitgeber hatte. Verzugszinsen hatte der Arbeitnehmer in dieser Konstellation nicht zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits mussten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer jeweils zur Hälfte tragen.
Ein kosten- und ressourcenintensiver Rechtsstreit, den der Arbeitgeber sicherlich gern vermieden hätte. Regelungen, die eine sofortige Rückzahlung bzw. Fälligkeit für alle Fälle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses — insbesondere unabhängig von der jeweiligen Verantwortlichkeit und Interessenslage — vorsehen‑, sind regelmäßig unwirksam.
Arbeitgeber sollten bei der Vertragsformulierung differenzierte Fälligkeitsklauseln verwenden, die auf ihren eigenen Veranlassungsbereich und berechtigte Interessen Rücksicht nehmen. Pauschale Fälligstellungen sollte man unbedingt vermeiden.
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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