Arbeitgeberdarlehen: Pauschale Fälligkeitsklausel unwirksam

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Arbeitsrecht | 2. Oktober 2025
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Wenn Arbeit­neh­mer vom Arbeit­ge­ber ein Dar­le­hen erhal­ten, darf die Rück­zah­lung nicht pau­schal an das Ende des Arbeits­ver­hält­nis­ses gekop­pelt wer­den. Das LAG Köln erklär­te eine sol­che Fäl­lig­keits­klau­sel jüngst für unwirk­sam – und gibt Arbeit­ge­bern damit wich­ti­ge Hin­wei­se für die Ver­trags­ge­stal­tung.

 

Gerät ein Arbeit­neh­mer in finan­zi­el­le Eng­päs­se, ist er häu­fig froh, vom Arbeit­ge­ber ein Dar­le­hen zu bekom­men. Doch was pas­siert mit dem Kre­dit, wenn das Arbeits­ver­hält­nis been­det wird? Mit die­ser und wei­te­ren Fra­gen hat sich das LAG Köln mit Urteil vom 29. April 20025 befasst (Az. 8 Sa 64/23).

Die Köl­ner Arbeits­rich­ter stel­len klar, dass Rück­zah­lungs- und Fäl­lig­keits­re­ge­lun­gen in Arbeits- wie auch in Dar­le­hens­ver­trä­gen einer stren­ger AGB-Kon­trol­le unter­lie­gen (§ 307 BGB). Klau­seln, die vor­se­hen, dass immer, wenn das Arbeits­ver­hält­nis been­det wird, auch ein Kre­dit sofort zurück­ge­zahlt wer­den muss, sind regel­mä­ßig unwirk­sam.

 

Arbeit­ge­ber kün­digt — und ver­langt 25.000 Euro auf einen Schlag zurück

In dem Fall, über den das LAG zu ent­schei­den hat­te, hat­te ein Arbeit­ge­ber mit sei­nem Arbeit­neh­mer einen Dar­le­hens­ver­trag über 25.000 Euro geschlos­sen, zu ver­zin­sen mit 4,5 %. Die Rück­zah­lung war in monat­li­chen Raten zu je 100 Euro ver­ein­bart. Die Klau­sel, auf die es ankam: „Im Fal­le der Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses wird das Dar­le­hen, in bei­der­sei­ti­gem Ein­ver­ständ­nis, sofort fäl­lig.“

Ein knap­pes Jahr nach Abschluss des Ver­trags, im Sep­tem­ber 2021, kün­dig­te der Arbeit­ge­ber das Arbeits­ver­hält­nis mit dem Arbeit­neh­mer zum Ende des Jah­res und ver­lang­te den aus­ge­zahl­ten Betrag plus Zin­sen zurück. Im Janu­ar 2022 zahl­te der Arbeit­neh­mer 20.000 Euro zurück.

Der Arbeit­ge­ber klag­te und ver­lang­te den Rest­be­trag von 5.000 Euro zuzüg­lich der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Zin­sen von rund 1.300 Euro nebst wei­te­ren Ver­zugs­zin­sen. Der Arbeit­neh­mer hielt den Dar­le­hens­ver­trag für unwirk­sam, da ihn die Rück­zah­lungs­ver­ein­ba­rung, die eine Fäl­lig­keit mit Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses vor­sieht, unan­ge­mes­sen benach­tei­li­ge. In ers­ter Instanz wies das das ArbG Köln die Kla­ge des Arbeit­ge­bers ab. Das LAG Köln erklär­te nun zwar die Fäl­lig­keits­klau­sel für unwirk­sam, zurück­zah­len muss der Arbeit­neh­mer das Dar­le­hen den­noch.

 

LAG Köln: Fäl­lig­keits­klau­sel unwirk­sam, Dar­le­hens­ver­trag bleibt wirk­sam

Das LAG Köln hält den Dar­le­hens­ver­trag an sich näm­lich für wirk­sam, der Arbeit­ge­ber hat daher einen Anspruch auf Rück­zah­lung. Die Fäl­lig­keits­klau­sel aber, wonach das Dar­le­hen sofort fäl­lig sein soll, wenn das Arbeits­ver­hält­nis endet, hält die Kam­mer für eine unan­ge­mes­se­ne Benach­tei­li­gung des Arbeit­neh­mers nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn der Dar­le­hens­ver­trag wird, da es sich um vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen han­del­te, am Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen gemes­sen.

Eine Fäl­lig­keits­klau­sel, die ein Dar­le­hen an den Fort­be­stand des Arbeits­ver­hält­nis­ses knüpft, ver­stößt nach Ansicht des LAG Köln gegen Treu und Glau­ben, wenn sie auch Fall­ge­stal­tun­gen erfasst, an denen der Arbeit­ge­ber kein schüt­zens­wer­tes Inter­es­se hat. Das war hier der Fall: Denn wenn der Arbeit­ge­ber den Ver­trag kün­digt oder den Arbeit­neh­mer dazu ver­an­lasst, sei­ner­seits zu kün­di­gen, hat er kein schüt­zens­wer­tes Inter­es­se dar­an, dass der Dar­le­hens­ver­trag dann vor­zei­tig abge­wi­ckelt wird. Schließ­lich hat der Arbeit­neh­mer es dann nicht allein in der Hand, zu ver­hin­dern, dass das Dar­le­hen sofort ins­ge­samt fäl­lig wird, indem er sich betriebs­treu und ver­trags­ge­recht ver­hält, son­dern der Arbeit­ge­ber als Dar­le­hens­ge­ber kann den Grund für die Gesamt­fäl­lig­keit jeder­zeit selbst her­bei­füh­ren.

Dem Arbeit­ge­ber ist in sol­chen Fäl­len viel­mehr laut dem LAG Köln zumut­bar, dass der Dar­le­hens­ver­trag auch nach dem Aus­schei­den des Arbeit­neh­mers abge­wi­ckelt wird, wie es im Dar­le­hens­ver­trag ver­ein­bart wor­den ist, hier also mit einer Zah­lung von 100 Euro plus Zin­sen pro Monat.

Die für unwirk­sam erklär­te Fäl­lig­keits­klau­sel ent­fällt des­halb ersatz­los. Der Dar­le­hens­ver­trag bleibt laut LAG Köln im Übri­gen aber wirk­sam, der Arbeit­neh­mer müss­te also wei­ter­hin monat­lich die Zah­lung und Zin­sen leis­ten. In der Gel­tend­ma­chung des Rück­zah­lungs­an­spruchs durch den Arbeit­ge­ber sieht das LAG Köln aller­dings eine kon­klu­den­te Kün­di­gung des Dar­le­hens­ver­tra­ges, und da es nun die unwirk­sa­me Fäl­lig­keits­klau­sel nicht mehr gab, gilt das Gesetz: Der Rück­zah­lungs­an­spruch wur­de gemäß § 488 Abs. 3 BGB fäl­lig, die Kün­di­gungs­frist betrug drei Mona­te.

 

Bes­ser eine dif­fe­ren­zier­te, fai­re Fäl­lig­keits­klau­sel

Am Ende müss­te der Arbeit­neh­mer nach dem Urteil des LAG Köln den Rest­be­trag zuzüg­lich Dar­le­hens­zin­sen bis zum Ablauf der drei­mo­na­ti­gen Kün­di­gungs­frist zwar zurück­zah­len, was sich in dem kon­kre­ten Fall jedoch erle­dig­te, weil der Arbeit­neh­mer sei­ner­seits noch offe­ne For­de­run­gen gegen den Arbeit­ge­ber hat­te. Ver­zugs­zin­sen hat­te der Arbeit­neh­mer in die­ser Kon­stel­la­ti­on nicht zu zah­len. Die Kos­ten des Rechts­streits muss­ten der Arbeit­ge­ber und der Arbeit­neh­mer jeweils zur Hälf­te tra­gen.

Ein kos­ten- und res­sour­cen­in­ten­si­ver Rechts­streit, den der Arbeit­ge­ber sicher­lich gern ver­mie­den hät­te. Rege­lun­gen, die eine sofor­ti­ge Rück­zah­lung bzw. Fäl­lig­keit für alle Fäl­le der Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses — ins­be­son­de­re unab­hän­gig von der jewei­li­gen Ver­ant­wort­lich­keit und Inter­es­sens­la­ge — vorsehen‑, sind regel­mä­ßig unwirk­sam.

Arbeit­ge­ber soll­ten bei der Ver­trags­for­mu­lie­rung dif­fe­ren­zier­te Fäl­lig­keits­klau­seln ver­wen­den, die auf ihren eige­nen Ver­an­las­sungs­be­reich und berech­tig­te Inter­es­sen Rück­sicht neh­men. Pau­scha­le Fäl­lig­stel­lun­gen soll­te man unbe­dingt ver­mei­den.

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