Arbeitszeit im Fokus: Ein umfassender Einblick

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Arbeitsrecht | 22. September 2023
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Im dyna­mi­schen Gefü­ge der moder­nen Arbeits­welt erge­ben sich immer kom­ple­xe­re Fra­ge­stel­lun­gen zur Arbeits­zeit. Von der Ruf­be­reit­schaft bis hin zu den sub­ti­len Unter­schie­den zwi­schen Mehr­ar­beit und Über­stun­den – die Nuan­cen sind viel­fäl­tig und die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen oft nicht ganz klar. In unse­rem Inter­view mit Dr. Petra Oster­mai­er gehen wir auf die Fein­hei­ten der Arbeits­zeit­ge­stal­tung ein. 


Begin­nen wir mit den Grund­la­gen: Kön­nen Sie uns einen Über­blick über die recht­li­che Defi­ni­ti­on der Arbeits­zeit geben, spe­zi­ell im Kon­text des euro­päi­schen Rechts, des deut­schen öffent­li­chen und pri­va­ten Arbeits­rechts sowie des betriebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Arbeits­zeit­be­griffs? 

Recht­lich betrach­tet gibt es ver­schie­de­ne Arbeits­zeit­be­grif­fe, je nach Sach­zu­sam­men­hang:

Euro­pa­recht­lich wird als Arbeits­zeit jede Zeit­span­ne bezeich­net, wäh­rend der ein Arbeit­neh­mer gemäß den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Gepflo­gen­hei­ten arbei­tet, dem Arbeit­ge­ber zur Ver­fü­gung steht und sei­ne Tätig­keit aus­übt oder Auf­ga­ben wahr­nimmt. Der Begriff der Arbeits­zeit steht dabei dem der Ruhe­zeit gegen­über; die Begrif­fe schlie­ßen sich aus, und es gibt auch nichts dazwi­schen.

Das öffent­li­che (deut­sche) Arbeits­zeit­recht defi­niert die Arbeits­zeit schlicht als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhe­pau­sen; wesent­lich ist die Befrie­di­gung eines frem­den Bedürf­nis­ses. Das öffent­li­che Arbeits­zeit­recht ist Arbeits­schutz­recht; Ziel ist der Schutz des Arbeit­neh­mers vor Über­for­de­rung, wobei das öffent­li­che Arbeits­zeit­recht den Arbeit­ge­ber ver­pflich­tet zu gewähr­leis­ten, dass bestimm­te Gren­zen bei der Arbeits­zeit ein­ge­hal­ten wer­den.

Das pri­va­te Arbeits­zeit­recht defi­niert die Arbeits­zeit zwar wie das öffent­li­che Arbeits­zeit­recht. Im Fokus steht aber die Fest­le­gung zwi­schen den Arbeits­ver­trags­par­tei­en, wann genau die Beschäf­tig­ten wie lan­ge arbei­ten müs­sen und wofür sie Anspruch auf Arbeits­ver­gü­tung haben.

Letzt­lich gibt es auch noch einen betriebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Arbeits­zeit­be­griff. Danach ist Arbeits­zeit die Zeit, wäh­rend der ein Arbeit­neh­mer die von ihm in einem kon­kre­ten zeit­li­chen Umfang nach sei­nem Arbeits­ver­trag oder einem Tarif­ver­trag geschul­de­te Arbeits­leis­tung tat­säch­lich zu erbrin­gen hat. Das Mit­be­stim­mungs­recht des Betriebs­rats greift also nur hin­sicht­lich der Fest­le­gung des Zeit­raums ein, wäh­rend des­sen der Arbeit­ge­ber vom Arbeit­neh­mer die Erfül­lung sei­ner ver­trag­li­chen Haupt­leis­tungs­pflich­ten ver­lan­gen und die­ser sie ihm anbie­ten kann.

Obwohl sich die Arbeits­zeit­be­grif­fe weit­ge­hend über­schnei­den, gibt es durch­aus Fäl­le, in denen z.B. bestimm­te Zei­ten nicht als Arbeits­zeit nach dem Arbeits­zeit­ge­setz zu wer­ten sind, aber den­noch nach dem pri­va­ten Arbeits­recht als Arbeits­zeit zu ver­gü­ten sind. Umge­kehrt kön­nen auf­ge­dräng­te Über­stun­den Arbeits­zeit nach dem Arbeits­zeit­ge­setz sein, vom Arbeit­ge­ber aber den­noch nicht zu ver­gü­ten sein. Inso­weit ist bei einer Arbeits­zeit­er­fas­sung rich­ti­ger­wei­se zwi­schen einer nach dem Arbeits­zeit­ge­setz und einer im Sin­ne der Erfül­lung der Haupt­leis­tungs­pflich­ten zu unter­schei­den.

In der Pra­xis erlebt man es häu­fig, dass zwi­schen den ver­schie­de­nen Arbeits­zeit­be­grif­fen nicht unter­schie­den wird und bei einer „Arbeits­zeit“ von über 10 Stun­den an einem Tag, die auch alle ver­gü­tet wer­den, der Vor­wurf des Ver­sto­ßes gegen das Arbeits­zeit­ge­setz gemacht wird, obwohl die­ser z.B. wegen einer län­ge­ren Rei­se mit einem öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel tat­säch­lich gar nicht vor­liegt.

 

Im Anschluss an die Defi­ni­ti­on, wie legen das Gesetz und die Arbeits­ver­trä­ge fest, wann die Arbeits­zeit anfängt und endet? Kön­nen Sie auch erläu­tern, wie Vor­ar­bei­ten, Nach­ar­bei­ten und bestimm­te Pau­sen in die­sen Zeit­rah­men ein­flie­ßen?

Mit der Defi­ni­ti­on, dass Arbeits­zeit „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhe­pau­sen ist“, weiß man ernst­lich nicht viel mehr als zuvor.

Grund­sätz­lich beginnt die Arbeit erst mit der Auf­nah­me der geschul­de­ten Arbeit bzw. wenn der Arbeit­neh­mer bereit­steht, die Arbeits­leis­tung zu erbrin­gen, so dass der Arbeit­ge­ber die Arbeits­kraft auch ver­wer­ten kann. Die Arbeit beginnt also übli­cher­wei­se nicht schon mit dem Betre­ten des Betriebs, son­dern grund­sätz­lich erst, wenn der eigent­li­che Arbeits­platz, also z.B. das eige­ne Büro, erreicht ist und die Jacke aus­ge­zo­gen ist.

Etwas ande­res gilt dann, wenn Zeit­er­fas­sungs­ge­rä­te instal­liert sind; dann ist auch der fol­gen­de Weg zum Arbeits­platz bereits als Arbeits­zeit zu ver­ste­hen, jeden­falls ver­gü­tungs­recht­lich. In gro­ßen Betrie­ben gibt es daher meh­re­re Zeit­er­fas­sungs­ge­rä­te und Zuord­nun­gen, wer an wel­chem Zeit­er­fas­sungs­ge­rät stem­peln muss. Vor­ar­bei­ten gehö­ren natür­lich auch schon zur Arbeits­zeit, wie z.B. das Hoch­fah­ren des Com­pu­ters, selbst­ver­ständ­lich auch, wenn erst ein­mal alle Updates gela­den wer­den. In der Zeit darf der Arbeit­neh­mer streng­ge­nom­men weder „Däum­chen dre­hen“ oder pri­va­ten Tätig­kei­ten nach­ge­hen, wenn er auch ande­res machen kann, etwa den Arbeits­platz her­rich­ten, Akten zurecht­le­gen etc. Nur wenn es nichts ande­res zu tun gibt, darf der Arbeit­neh­mer auch untä­tig blei­ben.

Die Arbeit endet umge­kehrt daher, wenn der Arbeit­neh­mer sei­nen Arbeits­platz ver­lässt, sei­ne Arbeit ein­stellt bzw. sei­ne Arbeits­leis­tung nicht mehr anbie­tet. Das Her­un­ter­fah­ren des Com­pu­ters, das Auf­räu­men des Arbeits­plat­zes und sons­ti­ge Nach­ar­bei­ten gehö­ren also noch zur Arbeits­zeit, nicht aber das Frisch­ma­chen vor dem Gehen, das Anzie­hen des Man­tels usw. Gibt es Zeit­er­fas­sungs­ge­rä­te im Betrieb, endet die Arbeits­zeit erst mit Aus­stem­peln an dem zuge­ord­ne­ten Gerät.

Das gilt selbst­ver­ständ­lich auch alles im Home­of­fice.

 

Da wir über die Arbeits­zeit im All­ge­mei­nen gespro­chen haben, könn­ten wir nun in die Details gehen: Was sind die Haupt­un­ter­schie­de zwi­schen Ruf­be­reit­schaft und Bereit­schafts­dienst in Bezug auf die Arbeits­zeit? Wie wird das recht­lich behan­delt?

Bereit­schafts­diens­te sind Zei­ten, in denen sich der Arbeit­neh­mer an einer vom Arbeit­ge­ber bestimm­ten Stel­le inner­halb oder außer­halb des Betriebs auf­hal­ten muss, um ggf. sei­ne Arbeits­leis­tung zu erbrin­gen. Die­se Zei­ten gel­ten als Arbeits­zeit.

Bei Ruf­be­reit­schaft hält sich der Arbeit­neh­mer zu Hau­se oder an einem Ort eige­ner Wahl auf, ist für den Arbeit­ge­ber dort erreich­bar und muss auf Abruf die Arbeit auf­neh­men. Muss der Arbeit­neh­mer bin­nen 20 Minu­ten am Ein­satz­ort sein, wird dies inzwi­schen aber schon als Bereit­schafts­dienst gewer­tet, bei einer Pflicht, inner­halb von 45 Minu­ten am Ein­satz­ort zu sein, kommt es auf die Umstän­de des Ein­zel­falls an. Bei Ruf­be­reit­schaft gel­ten bis­lang nur die eigent­li­chen Ein­satz­zei­ten als Arbeits­zeit; euro­pa­recht­lich ist dies aber frag­lich.

 

Eine spe­zi­el­le Kate­go­rie der Arbeits­zeit sind Rei­sen: Kön­nen Sie uns die Betrach­tungs­wei­se von Wege­zei­ten, Rei­se­zei­ten und Dienst­rei­se­zei­ten im Rah­men des Arbeits­zeit­ge­set­zes erläu­tern? Wie wer­den die­se Zei­ten bewer­tet?

Wege­zei­ten von zu Hau­se zum Betrieb und wie­der zurück sind nie Arbeits­zeit. Stellt eine Fahrt die Haupt­leis­tungs­pflicht aus dem Arbeits­ver­trag dar, wie z.B. bei Pilo­ten, Kabi­nen­per­so­nal, Zug­füh­rern, Zug­per­so­nal, Bus­fah­rern und LKW-Fah­rern, aber auch bei Außen­dienst­lern, ist die „Rei­se­zeit“ natür­lich Arbeits­zeit.

Davon abzu­gren­zen sind Dienst­rei­se­zei­ten. Als Dienst­rei­sen sind alle Rei­sen des Arbeit­neh­mers anzu­se­hen, die dem Zweck die­nen, außer­halb der Betriebs­stät­te des Arbeit­ge­bers ein Dienst­ge­schäft zu erle­di­gen, ohne dass die „Rei­se“ Haupt­leis­tungs­pflicht ist.

Arbeits­zeit­recht­lich wur­de bis­lang nach der Belas­tung ent­schie­den, ob Arbeits­zeit vor­lag oder nicht: Lenk­te der Arbeit­neh­mer auf Wei­sung des Arbeit­ge­bers selbst ein Auto oder war er gehal­ten, auf einer Bahn­rei­se zu arbei­ten, lag arbeits­zeit­recht­lich und meist auch ver­gü­tungs­recht­lich Arbeits­zeit vor, und zwar auch unter Ein­schluss von Ver­spä­tun­gen. War ein Arbeit­neh­mer nur Bei­fah­rer oder ent­schied sich ein Arbeit­neh­mer ent­ge­gen dem Ange­bot des Arbeit­ge­bers, ein öffent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel zu nut­zen, die Stre­cke mit dem Auto selbst zu fah­ren, oder stand es ihm frei, in der Bahn zu arbei­ten oder auch nicht, han­del­te es sich nicht um Arbeits­zeit im Sin­ne des Arbeits­zeit­ge­set­zes. Soweit die­se Zei­ten in den Zeit­rah­men der „nor­ma­len“ Arbeits­zeit fie­len, han­del­te es sich aber um ver­gü­tungs­pflich­ti­ge Arbeits­zeit. Zei­ten außer­halb der „nor­ma­len“ Arbeits­zeit wur­den aber nicht unbe­dingt oder nur bis zu einer Arbeits­zeit von ins­ge­samt acht oder zehn Stun­den am Tag ver­gü­tet. Für Rei­se­zei­ten kann aber eine gerin­ge­re Ver­gü­tung ver­ein­bart oder eine sol­che ganz aus­ge­schlos­sen wer­den, soweit den­noch der Min­dest­lohn im Monats­durch­schnitt erreicht wird.

Rei­ne War­te­zei­ten, die vom Arbeit­neh­mer eigen­nüt­zig ver­wen­det wer­den kön­nen, sol­len dage­gen nicht zur ent­gelt­pflich­ti­gen Arbeits­zeit gehö­ren.

Tat­säch­lich stel­len neue­re Ent­schei­dun­gen des EuGH, der bei Bereit­schafts­dienst auf die kon­kre­te Ein­schrän­kung der per­sön­li­chen Frei­heit abstellt, die­se Sicht­wei­se in Fra­ge. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Lüne­burg (Urteil vom 02.05.2023 – VG 3 A 146/22) hat auf die­ser Grund­la­ge für die „beson­de­re Fall­kon­stel­la­ti­on“ eines Berufs­kraft­fah­rers, des­sen Auf­ga­ben Fahr­zeug­über­füh­run­gen sind, ent­schie­den, dass die Bahn­fahrt zum zu über­füh­ren­den Fahr­zeug Arbeits­zei­ten i. S. d. Arbeits­zeit­ge­set­zes sei. Begrün­det hat es das im Wesent­li­chen damit, dass die Bahn­fahrt not­wen­di­ges Mit­tel für die eigent­li­che Leis­tungs­er­brin­gung sei, der Fah­rer über kei­nen fes­ten Arbeits­platz ver­fü­ge und sei­ne Arbeits­leis­tung nicht in einer Betriebs­stät­te erbrin­ge, sich wäh­rend der Fahrt für Umdis­po­nie­run­gen zur Ver­fü­gung hal­ten und tele­fo­nisch erreich­bar sein müs­se und bestimm­te Gegen­stän­de für die nach­fol­gen­de Über­füh­rung bei sich füh­ren müs­se.

Fol­ge wäre, dass Bahn­fahr­ten über 10 Stun­den (hier­zu zäh­len natür­lich auch die Über­schrei­tun­gen durch Ver­spä­tun­gen) danach grund­sätz­lich unzu­läs­sig wären. Auch wenn die­se Ent­schei­dung eine „beson­de­re Fall­kon­stel­la­ti­on“ betrifft, so ist der Weg nicht mehr weit, auch die Frei­zeit wäh­rend einer Dienst­rei­se (ggf. noch mit Aus­nah­me der Schla­fens­zei­ten) als Arbeits­zeit anzu­se­hen, da die Dienst­rei­sen­den durch die Orts­ab­we­sen­heit auch in ihrer per­sön­li­chen Frei­heit ein­ge­schränkt sind. Das Arbeits­zeit­ge­setz in der jet­zi­gen Fas­sung wür­de unter Zugrun­de­le­gung des wei­ten euro­pa­recht­li­chen Arbeits­zeit­be­griffs übli­che Arbeits­ab­läu­fe in zeit­li­cher Hin­sicht ver­kom­pli­zie­ren bzw. unwirt­schaft­lich machen.

 

Ein wei­te­res inter­es­san­tes The­ma sind beson­de­re Arbeits­zei­ten, wie Umklei­de­zei­ten: Unter wel­chen Umstän­den wer­den die­se als Arbeits­zeit ange­se­hen, die ver­gü­tungs­pflich­tig ist? Gibt es hier­zu bestimm­te Vor­schrif­ten oder Prä­ze­denz­fäl­le?

Umklei­de­zei­ten sind dann ver­gü­tungs­pflich­ti­ge Arbeits­zeit, wenn sie einem frem­den Bedürf­nis die­nen und nicht zugleich ein eige­nes Bedürf­nis erfül­len.

Schreibt der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer vor, eine bestimm­te Dienst­klei­dung zu tra­gen und sie im Betrieb an- und abzu­le­gen oder darf sie – z.B. aus hygie­ni­schen Grün­den – erst im Betrieb ange­legt wer­den, so han­delt es sich sowohl bei der Zeit für das An- und Umklei­den als auch für den Weg zwi­schen Umklei­de­raum und Arbeits­platz um ver­gü­tungs­pflich­ti­ge Arbeits­zeit und auch um Arbeits­zeit im arbeits­zeit­recht­li­chen Sin­ne.

Ist die Dienst­klei­dung beson­ders auf­fäl­lig, weil der Arbeit­neh­mer auf­grund ihrer Gestal­tung in der Öffent­lich­keit einem bestimm­ten Arbeit­ge­ber oder einem bestimm­ten Berufs­zweig bezie­hungs­wei­se einer bestimm­ten Bran­che zuge­ord­net wer­den kann, oder han­delt es sich um Schutz­aus­rüs­tung, kann der Arbeit­neh­mer die Dienst­klei­dung im Betrieb an- und able­gen, was dann auch als ver­gü­tungs­pflich­ti­ge Arbeits­zeit gilt, wohl aber nicht als Arbeits­zeit im Sin­ne des Arbeits­zeit­ge­set­zes. Zieht er sich aber trotz beson­de­rer Auf­fäl­lig­keit der Dienst­klei­dung zu Hau­se um, han­delt es sich hin­ge­gen nicht um ver­gü­tungs­pflich­ti­ge Arbeits­zeit.

Darf der Arbeit­neh­mer im Übri­gen die Dienst­klei­dung mit nach Hau­se neh­men, ist das An- und Able­gen der Dienst­klei­dung kei­ne ver­gü­tungs­pflich­ti­ge Arbeits­zeit, egal ob der Arbeit­neh­mer sie dann tat­säch­lich zu Hau­se an- und aus­zieht oder doch erst bzw. schon in einem Umklei­de­raum im Betrieb.

 

Zum Abschluss die­ses Teils des Inter­views: Wie wer­den Akti­vi­tä­ten wie Small­talk, pri­va­te Ange­le­gen­hei­ten, Toi­let­ten­gän­ge und Rau­cher­pau­sen in Bezug auf die Arbeits­zeit inter­pre­tiert? Gibt es Richt­li­ni­en, die die­se Akti­vi­tä­ten inner­halb der Arbeits­zeit regeln?

Streng genom­men gehö­ren Small­talks mit Kol­le­gen, pri­va­te Tele­fo­na­te und Han­dy­nut­zung, das Kaf­fee­holen und selbst Toi­let­ten­gän­ge nicht zur Arbeits­zeit, wobei für letz­te­res aber natür­lich zumin­dest ein Frei­stel­lungs­an­spruch besteht. In der Pra­xis wer­den sol­che pri­va­ten Din­ge, wo es die Arbeit zulässt, aber von den Arbeit­ge­bern tole­riert, jeden­falls wenn der Arbeit­neh­mer im Gegen­zug ins­be­son­de­re bei fixen Arbeits­zei­ten auch nicht beim Arbeits­en­de auf die Minu­te ach­tet. Rau­cher­pau­sen sind hin­ge­gen inzwi­schen übli­cher­wei­se aus­zu­stem­peln, wenn Zeit­er­fas­sungs­ge­rä­te bestehen; hier hat­ten Nicht­rau­cher eine Ungleich­be­hand­lung gel­tend gemacht, da sie die­se zusätz­li­chen Pau­sen nicht bekom­men wür­den.

Wenn nun aus arbeits­schutz­recht­li­chen Grün­den die Arbeits­zeit zu erfas­sen ist, wären natür­lich sämt­li­che Unter­bre­chun­gen der Arbeits­zeit zu erfas­sen, um zu ver­mei­den, dass am Ende des Tages ohne die Erfas­sun­gen sol­cher Unter­bre­chun­gen die täg­li­che Höchst­ar­beits­zeit auch über­schrit­ten wird. Der­zeit heißt es zwar auch noch, dass die arbeits­schutz­recht­lich vor­ge­schrie­be­ne Arbeits­zeit­er­fas­sung kein Prä­ju­diz für die Ver­gü­tungs­pflicht wäre – aber das kann künf­tig auch anders – und dann auch mit Rück­wir­kung – bewer­tet wer­den. Ob man mit solch einer klein­tei­li­gen Arbeits­zeit­er­fas­sung, jeden­falls bei Tätig­kei­ten mit eige­nem Frei­raum, den Beschäf­tig­ten wirk­lich einen Dienst erwie­sen hat, wird sich zei­gen – sicher­lich wer­den Betriebs­rä­te eine Über­wa­chung befürch­ten.

 

Dr. Petra Oster­mai­er ist schwer­punkt­mä­ßig im Arbeits­recht tätig. Sie berät und betreut neben mul­ti­na­tio­na­len Kon­zer­nen auch mit­tel­stän­di­sche und klei­ne­re Unter­neh­men in allen Fra­gen des indi­vi­du­el­len und kol­lek­ti­ven Arbeits­rechts. Hier­bei ver­tritt sie Arbeit­ge­ber nicht nur vor Gericht, son­dern beglei­tet die­se auch bei Ver­hand­lun­gen mit Gewerk­schaf­ten, Betriebs­rä­ten und in Eini­gungs­stel­len. Dane­ben unter­stützt Petra Oster­mai­er Vor­stän­de, Geschäfts­füh­rer und lei­ten­de Ange­stell­te bei ihren Ver­trags­ver­hand­lun­gen mit Unter­neh­men. www.linkedin.com/in/dr-petra-ostermaier

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