Betriebsschließungsversicherung in der Corona-Pandemie: BGH bejaht Entschädigung für Hotelschließung im zweiten Lockdown

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(Manche) Hote­liers und Gast­wirte dür­fen jubeln: Der BGH schafft weit­ere Klarheit mit sein­er Entschei­dung zur Entschädi­gung für Betrieb­ss­chließun­gen während der Coro­na-Pan­demie. Die Hin­ter­gründe des Urteils erläutert Markus Kim­pel. 

Mit seinem ersten Urteil zur Betrieb­ss­chließungsver­sicherung vom 26.01.2022 (Az. IV ZR 144/21) lehnte der Bun­des­gericht­shof (BGH) jegliche Entschädi­gung ab. Dieser Entschei­dung lagen Ver­sicherungs­be­din­gun­gen zugrunde, die eine Liste mit einzel­nen meldepflichti­gen Krankheit­en und Krankheit­ser­reger bein­hal­teten, wobei die Covid-19-Krankheit bzw. das Coro­na-Virus nicht aufge­führt waren. Hier­aus, so der BGH in der dama­li­gen Entschei­dung, ergebe sich für den durch­schnit­tlichen Ver­sicherten, dass es sich um eine abschließende Auflis­tung han­dele und daher Ver­sicherungss­chutz nur für die dort expliz­it genan­nten Krankheit­en und Erreger ein­greife.

In dem aktuellen Urteil hat der BGH demge­genüber das Ein­greifen von Ver­sicherungss­chutz für eine Betrieb­ss­chließung im zweit­en Coro­na-Lock­down bejaht. Ver­sicherungsleis­tung für die Schließung im ersten Lock­down wurde hinge­gen ver­sagt.

 

Entscheidend ist die Fassung der Versicherungsbedingungen

In dem Fall ging es um eine Hotel­be­treiberin aus Nieder­sach­sen, die ihren Betrieb auf behördliche Anord­nung hin vom 18. März bis zum 25. Mai 2020 und erneut ab dem 2. Novem­ber 2020 zum größten Teil ein­stellen musste. In den ihrer Betrieb­ss­chließungsver­sicherung zugrunde liegen­den Bedin­gun­gen ist geregelt, dass „die im Infek­tion­ss­chutzge­setz in §§ 6 und 7 namentlich genan­nten Krankheit­en und Krankheit­ser­reger“ ver­sichert sind. Eine eigene Auflis­tung ver­sichert­er Krankheit­en und Erreger war nicht enthal­ten. Der Ver­sicher­er hat­te einen Aus­gle­ich der während der Schließun­gen ent­stande­nen Schä­den mit der Begrün­dung abgelehnt, das Coro­na-Virus sei zum Zeit­punkt des Abschlusses der Ver­sicherung noch nicht als meldepflichtiger Erreger im Infek­tion­ss­chutzge­setz aufgenom­men gewe­sen.

Dies hat der BGH nun anders beurteilt. Maßge­blich für die Bes­tim­mung, welche Krankheit­en von der Ver­sicherung abgedeckt sind, sei nicht der Zeit­punkt des Ver­tragss­chlusses, son­dern des Ein­tritts des Schadens­falls. Dieses Ergeb­nis folge aus der sog. Unklarheit­en­regel des § 305c Abs. 2 Bürg­er­lich­es Geset­zbuch (BGB). Für den durch­schnit­tlichen Ver­sicherungsnehmer sei nicht ein­deutig erkennbar, auf welchen Zeit­punkt es ankomme. Die Klauseln in den Ver­sicherungs­be­din­gun­gen kön­nen hier­nach zum einen so ver­standen wer­den, dass es darauf ankommt, welche Krankheit­en bzw. Erreger im Infek­tion­ss­chutzge­setz zum Zeit­punkt des Ver­tragss­chlusses als meldepflichtig aufge­lis­tet sind. Möglich sei aber auch die Inter­pre­ta­tion, dass es auf die spätere Fas­sung des Geset­zes zum Zeit­punkt des Ver­sicherungs­falls ankomme. Diese Ausle­gungszweifel gehen zu Las­ten des Ver­sicher­ers. Somit sei auf den für den Ver­sicherungsnehmer gün­stigeren Zeit­punkt des Ver­sicherungs­falls abzustellen.

 

Entschädigung nur für den zweiten, nicht für den ersten Lockdown

Entschädi­gung hat der BGH nur für die zweite Schließung ab dem 2. Novem­ber 2020 gewährt. Für die erste Schließung vom 18. März bis 25. Mai 2020 schei­de Ver­sicherungsleis­tung aus, weil die Covid-19-Krankheit bzw. das Coro­na-Virus erst nach dieser Schließung in die Liste der meldepflichti­gen Krankheit­en und Erreger in §§ 6 und 7 des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes aufgenom­men wur­den. Der Umstand, dass die Meldepflicht­en bere­its früher mit Rechtsverord­nung vom 1. Feb­ru­ar 2020 auf den neuar­ti­gen Coro­na-Erreger erweit­ert wor­den sind, führe nicht zum Ein­greifen von Ver­sicherungss­chutz. Denn es sei, so der BGH, durch den Wort­laut der Ver­sicherungs­be­din­gun­gen für den Ver­sicherungsnehmer klar erkennbar, dass nur solche Krankheit­en und Krankheit­ser­reger vom Ver­sicherungss­chutz umfasst sind, die zum Zeit­punkt der Betrieb­ss­chließung aus­drück­lich im Infek­tion­ss­chutzge­setz selb­st aufge­führt wer­den.

 

Fazit

Gemäß der aktuellen BGH-Entschei­dung kann ein Teil der betrof­fe­nen Hote­liers und Gast­wirte Entschädi­gung für behördliche Schließun­gen im zweit­en Coro­na-Lock­down beanspruchen. Allerd­ings dürften dem über­wiegen­den Teil der Betrieb­ss­chließungsver­sicherun­gen Bedin­gun­gen zugrunde liegen, die eine eigene, das Coro­na-Virus nicht umfassende Auflis­tung der ver­sicherten Krankheit­en und Erreger bein­hal­ten und für die der BGH mit seinem ersten Urteil zur Betrieb­ss­chließungsver­sicherung jeglichen Ver­sicherungss­chutz verneint hat.

Für von den Schließun­gen Betrof­fene kann es sich somit lohnen, genau zu prüfen, wie ihre Ver­sicherungs­be­din­gun­gen for­muliert sind. Ansprüche wegen des zweit­en Lock­downs in 2020 sind noch nicht ver­jährt.

 

Der Autor Markus Kim­pel ist Fachan­walt für Ver­sicherungsrecht bei SNP Schlaw­ien Part­ner­schaft mbB in Düs­sel­dorf und hat langjährige Erfahrung in der Beratung und Vertre­tung von Ver­sicherungsnehmern und Ver­sicherung­sun­ternehmen. https://de.linkedin.com/in/markus-kimpel-19968b173

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