GmbH und UG: Ab 1. August kommt die Online-Gründung

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Wer eine GmbH oder eine UG grün­den will, kann ab August vir­tu­ell zum Notar. Wie die Online-Grün­dung funk­tio­niert, wie­so sie beson­ders für Start­ups inter­es­sant wird und ob jetzt der „One-Stop-Shop“ für Grün­der kommt, erklärt Andre­as Lieb.

Deutsch­land hat die Umset­zungs­frist aus­ge­reizt, aber jetzt ist es so weit: Nota­re müs­sen ab dem 1. August 2022 die Bar­grün­dung einer Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung (GmbH) oder Unter­neh­mer­ge­sell­schaft (UG haf­tungs­be­schränkt) auch per Video­kom­mu­ni­ka­ti­on anbie­ten. Für die bereits ver­gan­ge­nen pan­de­mie­be­ding­ten Lock­downs kommt die­se Opti­on zu spät und von ech­ter Inno­va­ti­ons­för­de­rung ist sie noch weit ent­fernt. Doch die Online-Grün­dung ist ein Anfang – und vor allem für Start­ups sehr inter­es­sant.

Hin­ter­grund ist die Digi­ta­li­sie­rungs­richt­li­nie der Euro­päi­schen Uni­on (EU-Richt­li­nie 2019/1151), wonach die Mit­glied­staa­ten eine Grün­dung von Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten via Video­kon­fe­renz ermög­li­chen müs­sen. Das Gesetz zur Umset­zung der Digi­ta­li­sie­rungs­richt­li­nie (DiRUG) wur­de 2021 vom Bun­des­tag ver­ab­schie­det, Deutsch­land hat jedoch von der Mög­lich­keit Gebrauch gemacht, die Umset­zungs­frist um ein Jahr zu ver­län­gern. Doch jetzt steht die Online-Grün­dung vor der Tür.

So läuft die Gründung

Der Ablauf der Grün­dung von Gesell­schaf­ten wird dabei grund­sätz­lich nicht ver­än­dert. Ers­ter Ansprech­part­ner für eine Grün­dung soll­te ein Rechts­an­walt sein. Die­ser erstellt einen indi­vi­du­el­len Gesell­schafts­ver­trag und berei­tet die Grün­dung vor. Der Anwalt ist wich­tig, denn Nota­re bera­ten nicht, sie klä­ren auf. Das heißt, sie ach­ten nur dar­auf, dass die getrof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen recht­lich mög­lich sind und die Betei­lig­ten nicht benach­tei­ligt wer­den.

In dem Prä­senz­ter­min vor dem Notar, in dem der Ver­trag beur­kun­det wer­den muss, wird den Grün­dern der Gesell­schafts­ver­trag vor­ge­le­sen. Der Notar erteilt not­wen­di­ge Beleh­run­gen, die Betei­lig­ten kön­nen Rück­fra­gen stel­len. Im Anschluss wer­den Gesell­schafts­ver­trag und Grün­dungs­ur­kun­de unter­schrie­ben.

Die­ser Prä­senz­ter­min, der bis­lang zwin­gend in den Kanz­lei­räu­men des Notars statt­fin­den muss­te, kann künf­tig über ein von der Bun­des­no­tar­kam­mer zur Ver­fü­gung gestell­tes Online-Tool erfol­gen. Die­ses Video­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tem ist beson­ders gesi­chert und die Betei­lig­ten kön­nen sich mit ihrem Per­so­nal­aus­weis per Online-Aus­weis­funk­ti­on iden­ti­fi­zie­ren. Fak­tisch heißt das, dass der Notar wei­ter­hin an der Grün­dung betei­ligt ist, sei­ne Auf­klä­rungs­funk­ti­on über­neh­men kann und alle erfor­der­li­chen Wil­lens­er­klä­run­gen beur­kun­det. Der Ablauf bleibt eigent­lich gleich.

Ob sie ihren Ver­trag in Prä­senz oder online beur­kun­den las­sen wol­len, kön­nen die Grün­der selbst ent­schei­den. Der Notar aller­dings kann die Beur­kun­dung mit­tels Video­kom­mu­ni­ka­ti­on ableh­nen, wenn er sich digi­tal kei­ne Gewiss­heit über die Per­son eines Betei­lig­ten ver­schaf­fen kann oder Zwei­fel an der erfor­der­li­chen Rechts­fä­hig­keit oder Geschäfts­fä­hig­keit eines Betei­lig­ten hat (§ 16a Abs. 2 Beur­kun­dungs­ge­setz, BeurkG).

Interessant gerade für Startups

Für eta­blier­te Unter­neh­men erleich­tert die Neue­rung die Grün­dung von Toch­ter­ge­sell­schaf­ten in der Kon­zern­struk­tur. Aber gera­de auch Start­ups pro­fi­tie­ren von der Online-Grün­dung. Bei digi­ta­len Geschäfts­mo­del­len ist ein phy­si­sches Zusam­men­ar­bei­ten ohne­hin nicht nötig, die Grün­der sind häu­fig über das gan­ze Land ver­teilt. War­um soll­ten dann knap­pe mone­tä­re Res­sour­cen dar­auf ver­schwen­det wer­den, den Grün­dungs­ter­min vor Ort in Prä­senz wahr­zu­neh­men?

Auch eine Grün­dung nach einem sog. Mus­ter­pro­to­koll mit­tels Video­kom­mu­ni­ka­ti­on bleibt mög­lich. Bei die­sem For­mu­lar, das in kei­ner Wei­se ver­än­dert wer­den darf, gilt aller­dings wie bis­her auch: Für die Grün­dung einer Ein­per­so­nen­ge­sell­schaft ist das Mus­ter­pro­to­koll sinn­voll. Meh­re­re Grün­der soll­ten hin­ge­gen auf jeden Fall einen vom Rechts­an­walt indi­vi­du­ell für sie erstell­ten Gesell­schafts­ver­trag nut­zen, um wich­ti­ge Rege­lun­gen für ihren kon­kre­ten Fall zu tref­fen. Das mini­miert für die Zukunft das Kon­flikt­po­ten­zi­al und ver­mei­det ggf. erheb­li­che Oppor­tu­ni­täts­kos­ten.

Jetzt auch aus dem Ausland gründen

Bis­her lie­fen Grün­dun­gen aus der Fer­ne inner­halb Deutsch­lands umständ­lich über Voll­mach­ten oder als voll­macht­lo­ser Ver­tre­ter mit anschlie­ßen­der Geneh­mi­gung. Für bei­de Vari­an­ten ist neben der Grün­dung jeweils ein wei­te­rer Gang zum Notar nötig, um auch die Voll­macht bzw. die Geneh­mi­gung zu beur­kun­den. Das kos­tet Zeit und Geld.

Noch pro­ble­ma­ti­scher war die Situa­ti­on bis­her, wenn sich einer der Grün­der im Aus­land befin­det. Aus­län­di­sche nota­ri­el­le Akte wer­den in Deutsch­land nur unter ganz bestimm­ten, eng defi­nier­ten Vor­aus­set­zun­gen aner­kannt. Grund­sätz­lich ist für aus­län­di­sche Urkun­den eine sog. Lega­li­sa­ti­on not­wen­dig, ein Kon­su­lar­be­am­ter des Staa­tes, in dem die Urkun­de ver­wen­det wer­den soll, muss ihre Echt­heit bestä­ti­gen. In Ver­trags­staa­ten des Haa­ger Über­ein­kom­mens kann die Lega­li­sa­ti­on zwar durch die sog. Haa­ger Apos­til­le ersetzt wer­den, so dass zumin­dest kein Kon­su­lar­be­am­ter mehr betei­ligt wer­den muss. Doch der gesam­te Pro­zess kos­tet nicht nur Zeit und Geld, son­dern erfor­dert auch viel Bera­tungs­auf­wand.

Die­ser umständ­li­che Weg kann durch die Online-Grün­dung ver­mie­den wer­den. Ab dem 1. August wer­den die digi­tal zuge­schal­te­ten Grün­der behan­delt, als wären sie vor Ort beim Notar anwe­send. Für vie­le Unter­neh­men, deren Grün­der über die gan­ze Welt ver­streut sind, wird eine wirt­schaft­li­che Grün­dung von GmbH oder UG in Deutsch­land also mit der Online-Grün­dung fak­tisch über­haupt erst mög­lich.

Ein guter Anfang

Auch wenn das DiRUG ers­te Schrit­te in die rich­ti­ge Rich­tung geht, ist es in vie­len Fäl­len noch nicht aus­rei­chend. So ist die Online-Grün­dung nur für GmbH und UG (haf­tungs­be­schränkt) vor­ge­se­hen und auch dort nur für Bar­grün­dun­gen, wenn die Grün­der ihre Ein­la­ge also in Geld auf­brin­gen wol­len.  Sach­grün­dun­gen bzw. eine gemisch­te Bar- und Sach­grün­dung sind auch in Zukunft genau­so wenig mög­lich wie die Grün­dung ande­rer Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten wie der Akti­en­ge­sell­schaft (AG), der euro­päi­schen Akti­en­ge­sell­schaft SE oder der eher sel­te­nen Kom­man­dit­ge­sell­schaft auf Akti­en (KGaA).

Begrün­det wird dies mit erhöh­ter Kom­ple­xi­tät. Natür­lich ist die Grün­dung einer AG kom­ple­xer als die Grün­dung einer GmbH. Die­se Kom­ple­xi­tät wird durch das Online-Ver­fah­ren jedoch nicht erhöht. Fak­tisch müs­sen die glei­chen Schrit­te abge­ar­bei­tet wer­den  unab­hän­gig davon, ob nun in Per­son oder online gegrün­det wird. Schwie­rig­kei­ten spe­zi­ell beim Online-Ver­fah­ren gibt es haupt­säch­lich bei der Veri­fi­zie­rung der Grün­der und die­se unter­schei­det sich bei den ver­schie­de­nen Gesell­schafts­for­men nicht.

Dar­über hin­aus wird nur die Beur­kun­dung von Grün­dun­gen und damit zusam­men­hän­gen­den Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen mög­lich. Dabei müs­sen in der GmbH auch wei­te­re Hand­lun­gen wie Sat­zungs­än­de­run­gen oder der Ver­kauf von Antei­len beur­kun­det wer­den, wofür wei­ter­hin kein Online-Ver­fah­ren vor­ge­se­hen ist. Es wäre wich­tig, im nächs­ten Schrit­te auch wei­te­re – bes­ten­falls alle – Notar­ter­mi­ne über Video­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­te­me anbie­ten zu kön­nen.

In Sachen Digi­ta­li­sie­rung ist also noch viel Luft nach oben. Von einem sog. One-Stop-Shop für Grün­der, also einem elek­tro­ni­schen Por­tal für den kom­plet­ten Grün­dungs­vor­gang, das eine Grün­dung bes­ten­falls bin­nen 24 Stun­den ermög­licht, sind wir noch weit ent­fernt. Immer­hin steht der One-Stop-Shop als Ziel­vor­ga­be im Koali­ti­ons­ver­trag (S. 30) der Ampel­re­gie­rung. Es bleibt zu hof­fen, dass er noch in der aktu­el­len Legis­la­tur­pe­ri­ode vor­an­ge­trie­ben wird.

Andre­as Lieb berät mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men und Startups im Han­dels- und Gesell­schafts­recht. Dabei unter­stützt er bei der Grün­dung von Gesell­schaf­ten, Kapi­tal­maß­nah­men, Struk­tu­rie­run­gen, Finan­zie­run­gen und Erstel­lung von Betei­li­gungs­ver­trä­gen sowie bei Unter­neh­mens­käu­fen. https://de.linkedin.com/in/andreaslieb 

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