Rechtsformen für die Existenzgründung: Unterschiede zwischen GmbH und Unternehmergesellschaft

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Start-ups | 11. Mai 2023
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Star­tet man gera­de erst in die eige­ne Selbst­stän­dig­keit, hat man zunächst genug ande­re The­men als die Fra­ge der Rechts­form im Kopf. Irgend­wann kommt aber der Punkt, an dem man sich ent­schei­den muss, wel­cher Weg ein­ge­schla­gen wer­den soll. Ob GmbH oder Unter­neh­mer­ge­sell­schaft — Andre­as Lieb erklärt die Unter­schie­de sowie Vor- und Nach­tei­le. 

Eine Kapi­tal­ge­sell­schaft kann durch­aus Vor­tei­le haben. Die­se Vor­tei­le „erkauft“ man sich durch die Auf­brin­gung eines bestimm­ten Geld­be­trags, dem sog. Stamm­ka­pi­tal.

Das Stamm­ka­pi­tal einer Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung (GmbH) muss min­des­tens 25.000 Euro betra­gen. Da Geld in der Grün­dungs­pha­se aber oft eine knap­pe Res­sour­ce ist, über­le­gen vie­le Grün­der statt der GmbH eine Unter­neh­mer­ge­sell­schaft (UG) zu grün­den, wel­che theo­re­tisch ein Stamm­ka­pi­tal von ledig­lich einem Euro benö­tigt.

Grundsätzliches

Sowohl GmbH als auch UG sind Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten und damit eigen­stän­di­ge juris­ti­sche Per­so­nen. Bei ihnen steht – wie der Name Kapi­tal­ge­sell­schaft schon deut­lich macht – das Kapi­tal im Vor­der­grund. Nur die Gesell­schaft und deren auf­ge­brach­tes sowie erwirt­schaf­te­tes Kapi­tal ste­hen den Gläu­bi­gern der Gesell­schaft als Haf­tungs­sub­jekt zur Ver­fü­gung. Damit unter­schei­den sich Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten von den Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten, wel­che kei­ne juris­ti­schen Per­so­nen sind und deren Gesell­schaf­ter mit ihrem pri­va­ten Ver­mö­gen für Ver­bind­lich­kei­ten der Gesell­schaft ein­ste­hen müs­sen.

Die­ser Vor­teil der Haf­tungs­be­schrän­kung gilt neben der GmbH auch im vol­len Umfang für die UG. Zu Recht stel­len sich Grün­der daher die Fra­ge, war­um sie über­haupt eine GmbH als Rechts­form vor­zie­hen sol­len.

 

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

Die UG ist kei­ne eige­ne Rechts­form, son­dern ledig­lich die „klei­ne Schwes­ter“ und damit eine Vari­an­te der GmbH. Für sie gel­ten, bis auf weni­ge Aus­nah­men hin­sicht­lich Stamm­ka­pi­tal und Kapi­tal­auf­brin­gung, die glei­chen Rege­lun­gen des GmbH-Geset­zes.

Die Haf­tungs­be­schrän­kung der UG muss in der Außen­dar­stel­lung immer deut­lich wer­den. Das Unter­neh­men ist daher ver­pflich­tet, den Klam­mer­zu­satz „(haf­tungs­be­schränkt)“ zu tra­gen.

Die­ser Zusatz wird ger­ne weg­ge­las­sen, da er optisch natür­lich nicht wahn­sin­nig anspre­chend ist. Das kann aber Haf­tungs­ri­si­ken (Rechts­schein­haf­tung) nach sich zie­hen. Mög­li­che Fir­mie­run­gen wären daher bspw. „Max Mus­ter UG (haf­tungs­be­schränkt)“ oder „Max Mus­ter Unter­neh­mer­ge­sell­schaft (haf­tungs­be­schränkt)“.

 

Stammkapital

Der größ­te Unter­schied zu einer GmbH ist ein Stamm­ka­pi­tal von weni­ger als 25.000 Euro. Theo­re­tisch ist sogar ein Stamm­ka­pi­tal von einem sym­bo­li­schen Euro mög­lich. In der Pra­xis führt dies aller­dings dazu, dass das Kapi­tal bereits durch den Grün­dungs­auf­wand auf­ge­braucht und die Gesell­schaft über­schul­det ist. Rea­lis­tisch ist es daher, eine UG ab 2.000 Euro Stamm­ka­pi­tal zu grün­den und die Gesell­schaft zügig mit wei­te­ren finan­zi­el­len Mit­teln aus­zu­stat­ten. Dazu gibt es unter­schied­li­che Mög­lich­kei­ten (Kapi­tal­erhö­hung, Gesell­schaf­ter­dar­le­hen etc.), die aber teil­wei­se mit wei­te­ren Kos­ten, z.B. für die Beur­kun­dung, ver­bun­den sind. Eine Unter­ka­pi­ta­li­sie­rung birgt ein Insol­venz­ri­si­ko, wel­ches nicht nur das Ende der Unter­neh­mung ist, son­dern auch für den Geschäfts­füh­rer mit Gefah­ren ver­bun­den ist (Stich­wort „Insol­venz­an­trags­pflicht“).

Da bei einer Kapi­tal­ge­sell­schaft jede Rech­nung und jede Anschaf­fung über die Gesell­schaft lau­fen muss, emp­fiehlt es sich, die­se direkt von Anfang an mit genug Kapi­tal aus­zu­stat­ten.

Ein Bei­spiel aus der Pra­xis: Max Mus­ter möch­te sich selbst­stän­dig machen und hat ein begrenz­tes Bud­get. Er kauft sich für 1500 Euro einen Lap­top und mie­tet sich für 500 Euro im Monat in einem Co-Working Space ein. An eine UG hat er von Anfang an gedacht, dafür aber ledig­lich 2000 Euro Stamm­ka­pi­tal ein­ge­plant. Nach drei Mona­ten grün­det er sie.

In die­ser Situa­ti­on hät­te Max Mus­ter bes­ser direkt eine UG mit einem Stamm­ka­pi­tal von 5000 Euro gegrün­det. Lap­top sowie Mie­te hät­ten aus dem ein­ge­zahl­ten Stamm­ka­pi­tal bezahlt und die­se Aus­ga­ben steu­er­lich bei der UG gel­tend gemacht wer­den kön­nen.

Die UG hat bzgl. des Stamm­ka­pi­tals gegen­über der GmbH einen ent­schei­den Nach­teil. Der Betrag des Stamm­ka­pi­tals muss in vol­ler Höhe ein­ge­zahlt wer­den. Bei der GmbH dage­gen reicht es aus, wenn auf das Stamm­ka­pi­tal ins­ge­samt nur die Hälf­te ein­ge­zahlt wird. Die ande­re Hälf­te wird zu einem spä­te­ren Zeit­punkt auf Ver­lan­gen der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung ein­ge­for­dert. In der Regel geschieht das aber nur, wenn die Gesell­schaft in eine wirt­schaft­li­che Schief­la­ge kommt.

Um die­sen Nach­teil deut­lich zu machen ein wei­te­res Bei­spiel: Max und Moritz möch­ten eine Kapi­tal­ge­sell­schaft grün­den, haben aber jeweils nur 6.250 Euro zur Ver­fü­gung. Sie kön­nen damit eine UG mit einem Stamm­ka­pi­tal von 12.500 Euro grün­den. Die­sen Betrag müs­sen sie vor Ein­tra­gung in vol­lem Umfang auf das Gesell­schafts­kon­to ein­zah­len. Sie kön­nen aller­dings auch eine GmbH mit einem Stamm­ka­pi­tal von 25.000 Euro grün­den, da es für die Ein­tra­gung aus­rei­chend ist, davon nur die Hälf­te, also 12.500 Euro, auf das Gesell­schafts­kon­to ein­zu­zah­len.

 

Sacheinlagen

Bei der GmbH ist es zuläs­sig anstel­le eines Geld­be­trags (=Bar­ein­la­ge) eine Sach­ein­la­ge auf das Stamm­ka­pi­tal zu erbrin­gen. Möch­te ein Film­pro­du­zent eine GmbH grün­den, kann er statt der Bar­ein­la­ge auch sein Equip­ment im Wert von 25.000 Euro ein­brin­gen. Das kann sinn­voll sein, muss es aber nicht. Sach­ein­la­gen sind mit einem erhöh­ten Auf­wand (Bewer­tung, Sach­grün­dungs­be­richt) ver­bun­den.

Der Vor­teil bei der GmbH im Gegen­satz zur UG ist die Fle­xi­bi­li­tät. GmbH-Gesell­schaf­ter kön­nen sich aus­su­chen, wie sie ihre Ein­la­ge erbrin­gen wol­len. Für UG-Gesell­schaf­ter besteht die­se Wahl­mög­lich­keit gar nicht. Hier muss die Ein­la­ge immer in Geld erfol­gen.

Rück­la­gen Als „klei­ne Schwes­ter“ der GmbH ist das Ziel einer UG immer, im Lau­fe des Wirt­schafts­le­bens zu einer GmbH zu wer­den und das Stamm­ka­pi­tal auf 25.000 Euro auf­zu­sto­cken. Zu die­sem Zweck sieht das Gesetz eine Anspar­pflicht zur Stär­kung der Kapi­tal­de­ckung vor.

Die Gesell­schaft muss ein Vier­tel, des um den Ver­lust­vor­trag aus dem Vor­jahr gemin­der­ten Jah­res­über­schus­ses, ein­be­hal­ten, bis das Stamm­ka­pi­tal auf 25.000 Euro ange­wach­sen ist. Gesell­schaf­ter dür­fen sich Über­schüs­se somit nicht in vol­lem Umfang aus­zah­len.

Ist das Stamm­ka­pi­tal durch Rück­la­gen oder eine Kapi­tal­erhö­hung auf 25.000 Euro ange­wach­sen, darf die Gesell­schaft künf­tig als GmbH fir­mie­ren. Die Umfir­mie­rung ist mit Ver­wal­tungs­auf­wand und wei­te­ren Kos­ten (für Notar und Regis­ter, aber auch z.B. Home­page, Brief­pa­pier oder Wer­be­mit­tel) ver­bun­den. Eine Pflicht zur Umfir­mie­rung gibt es aller­dings nicht.

 

Praxisbetrachtung

In der Pra­xis gibt es einen ganz ein­fa­chen Grund, war­um die GmbH einer UG vor­ge­zo­gen wer­den soll­te. Auch über ein Jahr­zehnt nach Ein­füh­rung der klei­nen GmbH-Schwes­ter­ge­sell­schaft wird die UG vom Geschäfts­ver­kehr immer noch mit Skep­sis betrach­tet.

Zwar ist sie mitt­ler­wei­le bekannt und im Start­up-Umfeld akzep­tiert, aber tra­di­tio­nel­le Bran­chen und der Mit­tel­stand zwei­feln auf­grund des gerin­gen Kapi­tal­be­darfs immer noch an der Ernst­haf­tig­keit oder Pro­fi­ta­bi­li­tät der Unter­neh­mung, wenn man als UG grün­det oder zu lan­ge in die­ser Rechts­form bleibt.

Eini­ge Unter­neh­men wei­gern sich daher voll­kom­men, mit Unter­neh­mer­ge­sell­schaft Ver­trags­be­zie­hun­gen ein­zu­ge­hen und man­che Ban­ken ver­ge­ben kei­ne Dar­le­hen an die­se.

 

Fazit

Betrach­tet man dies im Zusam­men­hang mit den oben genann­ten Nach­tei­len, ist klar, war­um vie­le Grün­der sich nach Auf­klä­rung schließ­lich doch für den direk­ten Weg in die GmbH ent­schei­den. Den­noch hat die UG ihre Daseins­be­rech­ti­gung und es gibt Bran­chen, in denen der schlech­te­re Ruf einer UG kein rele­van­ter Fak­tor ist. Man den­ke hier an rein digi­ta­le Geschäfts­mo­del­le, die nicht auf Geschäfts­be­zie­hun­gen zu eher „tra­di­tio­nell“ gepräg­ten Lie­fe­ran­ten ange­wie­sen sind. Haben die­se am Anfang wenig Kapi­tal zur Ver­fü­gung und benö­ti­gen für den Start viel­leicht auch nicht all­zu viel Kapi­tal, ist eine UG sicher­lich ein gang­ba­rer Weg.

Bei der Fra­ge, ob für Grün­der die UG oder GmbH die bes­se­re Wahl ist und wie so ein Grün­dungs­pro­zess ablau­fen kann, hel­fen wir ger­ne. Als ers­ten Kon­takt bie­ten wir ein kos­ten­lo­ses und unver­bind­li­ches Ken­nen­lern-Gespräch an.

 

Andre­as Lieb berät mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men und Start­ups im Han­dels- und Gesell­schafts­recht. Dabei unter­stützt er bei der Grün­dung von Gesell­schaf­ten, Kapi­tal­maß­nah­men, Struk­tu­rie­run­gen, Finan­zie­run­gen und Erstel­lung von Betei­li­gungs­ver­trä­gen sowie bei Unter­neh­mens­käu­fen. https://de.linkedin.com/in/andreaslieb

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