Wer in Deutschland Vermögensanlagen öffentlich anbietet, muss nach dem Vermögensanlagengesetz Jahresberichte offenlegen. Das gilt aber nur, solange die Anlage nicht vollständig getilgt ist. Gerade Schwarmfinanzierer geraten dabei häufig zu Unrecht ins Visier der Behörden. Denn die schlagen zu, obwohl ihnen wichtige Informationen fehlen.
Unternehmen, die in Deutschland Vermögensanlagen anbieten, sind aktuell im Fokus der deutschen Behörden. Diese kontrollieren verstärkt, ob die – oft ausländischen – Kapitalgesellschaften ihre Offenlegungspflichten einhalten. Werden Jahresberichte nicht, nicht vollständig oder verspätet offengelegt, strengt das Bundesamt für Justiz Ordnungsgeldverfahren an, die gravierende Folgen haben können: Bei Emittenten nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) liegt das angedrohte und schlimmstenfalls festgesetzte Ordnungsgeld selbst bei einem Erstverstoß bei 25.000 Euro. Betroffen sind derzeit besonders häufig sogenannte Schwarmfinanzierer.
Das Problem dabei: Ordnungsgeldverfahren werden von den Behörden mitunter auch dann eingeleitet, wenn überhaupt keine Offenlegungspflicht (mehr) besteht, zum Beispiel weil die Vermögensanlage vollständig getilgt ist – im Ergebnis also zu Unrecht.
Aktuell ist es gar nicht selten der Fall, dass die zuständigen Behörden überhaupt nicht genug Tatsachenwissen haben, um zu überprüfen, ob das Unternehmen (noch) zur Offenlegung verpflichtet war, bevor sie ein Ordnungsgeld androhen. Denn nur dann wäre die Androhung eines Ordnungsgelds ja gerechtfertigt. Dies wiederum liegt daran, dass derzeit nach der Gesetzessystematik in bestimmten Konstellationen kein lückenloser Informationsaustausch zwischen den involvierten Behörden sichergestellt ist.
Schwarmfinanzierer: Spezielle Offenlegungspflicht – mit klarem Ende
Kaufleute und Handelsgesellschaften sind – nicht nur in Deutschland – verpflichtet, einen Jahresabschluss zu erstellen. Insbesondere Kapitalgesellschaften müssen diesen außerdem auch (elektronisch) offenlegen. Ihre Pflichten richten sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Landes, in dem das Unternehmen sitzt.
In Deutschland erfolgt die Offenlegung über das Unternehmensregister, registerführende Stelle ist der Bundesanzeiger Verlag. Zuständig für Ordnungsgeldverfahren, wenn Unternehmen – angeblich oder tatsächlich – gegen die Regeln verstoßen, ist das Bundesamt für Justiz.
Unternehmen, die in Deutschland öffentlich Vermögensanlagen anbieten, unterliegen unabhängig davon, ob sie ihren Sitz in Deutschland haben, dem VermAnlG. Dessen § 23 sieht eine spezielle Berichts- und Offenlegungspflicht vor, die zusätzlich zu den allgemeinen nationalen Rechnungslegungsvorschriften gilt – aber nur, solange die Vermögensanlage nicht vollständig getilgt ist. Zuständige Aufsichtsbehörde nach dem VermAnlG ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
So unterliegen auch ausländische Kapitalgesellschaften, die in Deutschland Vermögensanlagen anbieten, die dem VermAnlG unterfallen,– neben anderen Verpflichtungen aus dem VermAnlG – einer zusätzlichen Berichts- und Offenlegungspflicht in Deutschland. Häufig betrifft das sogenannte Schwarmfinanzierer nach § 1a VermAnlG: Vereinfacht gesagt bieten diese Unternehmen Vermögensanlagen im Internet an, um mit dem Geld einer Vielzahl von Anlegern bestimmte Projekte von Unternehmen zu finanzieren.
Am Anfang der Kette fehlt ein Glied
Schwarmfinanzierer können sich nach § 1a VermAnlG auf bestimmte Erleichterungen berufen. So müssen sie keinen Prospekt bei der BaFin hinterlegen und sind auch von weiteren Pflichten befreit. So sind sie, und das ist eines der Probleme, zum Beispiel von der Pflicht nach § 10 VermAnlG befreit, der BaFin zu melden, dass eine Vermögensanlage vollständig getilgt ist. Auch die Schwarmfinanzierer müssen der Finanzaufsichtsbehörde aber zu Beginn zumindest anzeigen, dass sie beabsichtigen, Vermögensanlagen über das Internet in Deutschland anzubieten, und ein sogenanntes Vermögensanlageninformationsblatt mit bestimmten Basisdaten zur Vermögensanlage hinterlegen.
Das setzt eine Kette in Gang, an deren Anfang ein Glied fehlt: § 31 VermAnlG legt fest, dass die BaFin halbjährlich dem Unternehmensregister (also dem Bundesanzeiger Verlag als registerführender Stelle) Namen und Anschrift aller ihr bekannt gewordenen Emittenten und Vermögensanlagen sowie weitere Informationen übermittelt. Auf dieser Basis prüft das Unternehmensregister, ob die Offenlegung erfolgt ist. Ist dem nicht so, übergibt es den Fall an das Bundesamt für Justiz, das dann ein Ordnungsgeldverfahren einleitet.
31 VermAnlG sieht auch vor, dass die BaFin dem Unternehmensregister das Datum der vollständigen Tilgung der Vermögensanlage mitteilt — sofern die BaFin das denn weiß, weil bei ihr eine Meldung des Emittenten nach § 10 VermAnlG eingegangen ist. Genau das aber ist ja bei Schwarmfinanzierern nicht der Fall.
Der nach der Gesetzessystematik vorgesehene Informationsaustausch, basierend zunächst auf der Meldung der vollständigen Tilgung nach § 10 VermAnlG, geht völlig ins Leere. Schon die erste Information in der Kette wird den Finanzaufsehern nicht mitgeteilt, weil die Schwarmfinanzierer von der Mitteilungspflicht befreit sind. Auch das für das Ordnungsgeldverfahren zuständige Bundesamt für Justiz kann somit nach derzeitigem Stand gerade bei Schwarmfinanzierern überhaupt nicht wissen, ob die Offenlegungspflicht (noch) besteht.
So flattert dem möglicherweise längst nicht mehr offenlegungspflichtigen Unternehmen die Androhung des Ordnungsgeldes ins Haus – und es kommt die Frage auf, ob denn nun doch lieber offengelegt werden sollte, um zumindest zu verhindern, dass das Verfahren noch weitergeht.
Praxistipp: Was tun, wenn die Ordnungsgeldandrohung kommt?
Richtig und wichtig sind stattdessen in einem solchen Fall zwei Maßnahmen: Zum einen müssen gerade ausländische Emittenten, die in Deutschland Zustellungsbevollmächtigte benannt haben, sicherstellen, dass an den gemeldeten Zustelladressen die Post auch zeitnah bearbeitet und weitergeleitet wird.
Zum anderen muss zwingend ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung der Verwaltung form- und fristgerecht eingereicht und die Tilgung der Vermögensanlage nachgewiesen werden. Die im Ordnungsgeldverfahren vorgegebenen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe innerhalb der hierfür geltenden Fristen wahrzunehmen und dem Bundesamt für Justiz die bereits erfolgte Tilgung nachzuweisen, ist die einzige Möglichkeit, zu erreichen, dass die die zu Unrecht ergangene Verwaltungsentscheidung wieder aufgehoben wird.
Gerade Schwarmfinanzierer – hier in erster Linie ausländische Emittenten – befinden sich derzeit in einer Grauzone. Sie haben erst zu einem unnötig späten Verfahrensstand die Möglichkeit, die Behörden über die erfolgte vollständige Tilgung zu informieren, um hierdurch einem zu Unrecht angedrohten oder gar festgesetzten Ordnungsgeld zu entgehen. Das liegt am Gesetz und der hieraus resultierenden derzeitigen Verwaltungspraxis.
Zwar mag man erwarten, dass Behörden ein Ordnungsgeldverfahren nur einleiten, wenn das nach ihrem gesicherten Wissensstand zumindest zu Beginn des Verfahrens gerechtfertigt erscheint. Die Praxis zeigt jedoch, dass dies nicht immer der Fall ist. Jedenfalls bis zu einer Nachjustierung der Verwaltungspraxis – oder des Gesetzes selbst – ist für Schwarmfinanzierer also höchste Vorsicht geboten!
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
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