SNP Schlawien macht den Praxistest: Virtuelle Gesellschafterversammlung mit dem Notar?

© Andrey Popov/stock.adobe.com
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Vir­tu­el­le Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen kann man für die GmbH per Sat­zung mög­lich machen. Aber wird das auch aner­kannt, wenn der Beschluss nota­ri­ell beur­kun­det wer­den muss? Wir von SNP Schla­wi­en dach­ten uns: Pro­bie­ren wir es doch ein­fach mal aus.

In unse­rem Bei­trag vom 17. Febru­ar 2022 haben wir die vir­tu­el­le Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung näher unter­sucht. Gesetz­li­che Rege­lun­gen gibt es auch nach mehr als zwei Jah­ren Pan­de­mie noch nicht, doch die Gesell­schaf­ter kön­nen sie per Sat­zung mög­lich machen.

Wei­ter­hin gibt es aber kei­ne höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung zu einer prak­tisch sehr wich­ti­gen Fra­ge: Kön­nen Beschlüs­se, die nota­ri­ell beur­kun­det wer­den müs­sen, ins­be­son­de­re also Sat­zungs­än­de­run­gen und Kapi­tal­maß­nah­men, anders als in Prä­senz gefasst wer­den? Also haben wir uns gedacht: War­um die Din­ge nicht selbst in die Hand neh­men?

Die Idee und ihre Vorbereitung

In unse­rem Team ent­stand die Idee, für einen nota­ri­ell zu beur­kun­den­den und zur Ein­tra­gung in das Han­dels­re­gis­ter anzu­mel­den­den Beschluss eine teils vir­tu­el­le (Hybrid-)Gesellschafterversammlung abzu­hal­ten. Die Ände­rung wür­den wir zur Ein­tra­gung in das Han­dels­re­gis­ter anmel­den und abwar­ten, was das Regis­ter­ge­richt tun wird. Das Ergeb­nis war für uns tat­säch­lich eher zweit­ran­gig. Wir woll­ten eher wis­sen, wie eine etwa­ige Begrün­dung des Regis­ter­ge­richts gegen die Ein­tra­gung des Regis­ter­ge­richts aus­fal­len wür­de.

Bezüg­lich der Umset­zung stan­den für uns intern von vor­ne­her­ein zwei Din­ge fest:

  1. Wir wer­den das „Expe­ri­ment“ selbst­ver­ständ­lich nicht an einer Man­dan­tin durch­füh­ren, son­dern eine intern bestehen­de GmbH nut­zen.
  2. Wir wer­den einen sat­zungs­än­dern­den Beschluss vor­neh­men, wobei der zu regeln­de Punkt in der Sat­zung nicht von all­zu gro­ßer Bedeu­tung für die Gesell­schaft sein darf.

Zunächst haben wir die Sat­zung der GmbH dahin­ge­hend geän­dert, dass wir vir­tu­el­le und hybri­de Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen aus­drück­lich auf­ge­nom­men haben (hier geht es zu den Details, die zu beach­ten sind).

ver­ein­bar­ten wir einen Ter­min beim Notar unse­res Ver­trau­ens und berei­te­ten alles für die teils vir­tu­el­le Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung vor. Hier­zu gehö­ren:

  • Ord­nungs­ge­mä­ße Ladung (Form, Frist, Ein­wahl­da­ten, Tages­ord­nung)
  • Gesell­schaf­ter­be­schluss
  • Nie­der­schrift über die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung
  • Anmel­dung zur Ein­tra­gung in das Han­dels­re­gis­ter

Das Experiment und die Entscheidung des Registergerichts

Am Mon­tag, den 7. Febru­ar 2022, began­nen wir dann mit unse­rem Expe­ri­ment. Die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung fand – teils in den Amts­räu­men des Notars, teils vir­tu­ell – statt. Der Kol­le­ge Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er befand sich vor Ort beim Notar. Zusam­men wähl­ten sich die bei­den in eine Bespre­chung ein, an der auch mei­ne Kol­le­gin Chris­ti­ne Lan­ge und ich – jeweils ein­zeln – digi­tal teil­nah­men.

Der Beschluss erging ein­stim­mig und so dau­er­te die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung kei­ne 10 Minu­ten.

Nach­dem der Notar die Unter­la­gen an das Regis­ter­ge­richt wei­ter­ge­lei­tet hat­te, begann die Zeit des War­tens. Die zog sich durch­aus hin, zwei­ein­halb Mona­te spä­ter, am 27. April 2022 erhiel­ten wir schließ­lich Nach­richt vom Regis­ter­ge­richt Mün­chen. Die Ein­tra­gungs­mit­tei­lung besag­te: Unse­re Sat­zungs­än­de­rung wur­de erfolg­reich ein­ge­tra­gen.

Gesche­hen ist das ohne Zwi­schen­ver­fü­gung, vom Regis­ter­ge­richt gab es kei­nen erklä­ren­den Kom­men­tar und kei­ne Begrün­dung der Ent­schei­dung. Wir waren selbst bei­na­he ein wenig ver­blüfft, wie ein­fach es ging – ohne Dis­kus­sio­nen, Argu­men­ta­tio­nen oder gar den Weg durch die Instan­zen, auf den wir uns schon fast ein­ge­stellt hat­ten.

Und nun?

Natür­lich ist unser klei­ner Pra­xis­test der berühm­te Ein­zel­fall und nicht reprä­sen­ta­tiv. Natür­lich kann man nun nicht ver­all­ge­mei­nernd sagen, dass teil­vir­tu­el­le Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen für nota­ri­ell zu beur­kun­den­de Beschlüs­se aner­kannt sei­en und die Beschlüs­se ohne wei­te­res von den Regis­ter­ge­rich­ten ein­ge­tra­gen wür­den.

Die Ein­tra­gung hängt von wei­te­ren Fak­to­ren ab. Ein ande­res Gericht, ja schon ein ande­rer Rich­ter hät­te viel­leicht anders ent­schie­den. Aber ein klei­ner Prä­ze­denz­fall ist geschaf­fen, über den wir auf Anfra­ge gern näher infor­mie­ren. Wie die Rechts­la­ge sich wei­ter­ent­wi­ckelt, bleibt abzu­war­ten. Sicher ist: Wir blei­ben am Ball, freu­en uns über ande­re Erfah­run­gen mit dem The­ma und wer­den in jedem Fall über aktu­el­le Ent­wick­lun­gen und Erfah­run­gen wei­ter­hin berich­ten.

Chris­tia­ne Butt­s­chardt berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, vor­wie­gend mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter und Geschäfts­füh­rer in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts. Sie ist ins­be­son­de­re auch bei Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen bera­tend tätig. https://de.linkedin.com/in/christiane-buttschardt-899398211

 

 

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Virtuelle Optionsrechte: Auch nach Eigenkündigung kein sofortiger Verfall

Virtuelle Optionsrechte sind eine beliebte Form der Mitarbeiterbeteiligung. Doch was, wenn das Arbeitsverhältnis endet? Das BAG passt jetzt seine Rechtsprechung zugunsten der Arbeitnehmer an: Virtuelle Optionen seien Vergütung und nicht Belohnung für Betriebstreue. Das bedeutet auch: Ein sofortiger Verfall von gevesteten Optionen bei Eigenkündigung benachteiligt Arbeitnehmer unangemessen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine wichtige Entscheidung zum Verfall von virtuellen Optionsrechten nach...

Arbeitsrecht zu Karneval: Frei für alle oder Pappnas und Bützje im Büro?

Die Kostüme sind fast fertig, das Konfetti steht parat: In einer Woche ist Weiberfastnacht, so manche Narren und Jecken sind dann tagelang im Ausnahmezustand. Das Arbeitsrecht allerdings gilt auch zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch – wenn auch in den Hochburgen manchmal ein bisschen weniger als andernorts.         Die fünfte Jahreszeit ist für viele Arbeitnehmer der Höhepunkt des Jahres. Wochenlang...