Beschränkte gesetzliche Auskunftsrechte des Kommanditisten sollten vertraglich erweitert werden

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Wel­che Aus­kunfts­rech­te habe ich als Kom­man­di­tist?

Ein Kom­man­di­tist ist ein Gesell­schaf­ter einer Kom­man­dit­ge­sell­schaft des­sen Haf­tung für die Ver­bind­lich­kei­ten der Gesell­schaft gemäß § 171 Abs. 1 HGB auf die ein­ge­tra­ge­ne Haft­sum­me beschränkt ist. Er ist – im Gegen­zug für das Haf­tungs­pri­vi­leg – gemäß § 164 HGB von der Geschäfts­füh­rung aus­ge­schlos­sen und hat damit nach dem gesetz­li­chen Regel­bild nur begrenz­te Mög­lich­kei­ten, die ein­zel­nen geschäft­li­chen Ent­schei­dun­gen zu beein­flus­sen: Der Kom­man­di­tist ist vor­ran­gig ein Kapi­tal­an­le­ger.

Zur effek­ti­ven Siche­rung und Durch­set­zung sei­ner Ein­fluss­nah­me­mög­lich­kei­ten auf die Ent­schei­dun­gen des geschäfts­füh­ren­den Komplementärs/ der geschäfts­füh­ren­den Kom­ple­men­tä­rin bzw. zur Kon­trol­le der­sel­ben kommt dem Aus­kunfts- und Infor­ma­ti­ons­recht des Kom­man­di­tis­ten daher ent­schei­den­des Gewicht zu. Nur recht­zei­tig und aus­rei­chend infor­miert kann der Kom­man­di­tist sei­ne eige­nen Mit­glied­schafts­rech­te wah­ren.

 

I. Der Grund­satz

Ein Kom­man­di­tist hat gemäß § 166 HGB zur Wahr­neh­mung sei­ner Kon­troll­be­fug­nis­se Anspruch auf Aus­kunfts­er­tei­lung sowohl gegen­über der Gesell­schaft als auch gegen­über den geschäfts­füh­ren­den Gesell­schaf­tern: Er kann eine Abschrift des Jah­res­ab­schlus­ses ver­lan­gen und Ein­sicht in die zum Jah­res­ab­schluss gehö­ren­den Geschäfts­un­ter­la­gen neh­men. Wei­ter­ge­hend gewährt § 166 Abs. 1 Satz 2 HGB dem Kom­man­di­tis­ten ein Aus­kunfts­recht über „gesell­schafts­be­zo­ge­ne Ange­le­gen­hei­ten“, soweit dies zur Wahr­neh­mung sei­ner gesell­schaft­li­chen Inter­es­sen erfor­der­lich ist. Die­ses nur anlass­be­zo­ge­ne Recht besteht z.B., wenn ein begrün­de­ter Ver­dacht auf eine unred­li­che oder nach­tei­li­ge Geschäfts­füh­rung auf­kommt. Es ist aber zugleich inhalt­lich auf den Anlass beschränkt. D.h. Auskunft/ Ein­sicht kann nur in die im Ein­zel­fall maß­geb­lich erschei­nen­den Unter­la­gen und Infor­ma­tio­nen ver­langt wer­den, d.h. z.B. die­je­ni­gen, die erfor­der­lich sind, um die Recht­mä­ßig­keit und Wirt­schaft­lich­keit der Geschäfts­füh­rung im kon­kre­ten Fall zu über­prü­fen.

Die­se Aus­kunfts­rech­te sind damit deut­lich enger gefasst als etwa das eines BGB-Gesell­schaf­ters oder eines GmbH Gesell­schaf­ters: Nach § 717 BGB hat der BGB-Gesell­schaf­ter ein jeder­zei­ti­ges Recht auf Ein­sicht in alle Unter­la­gen und auf Aus­kunft über die Gesell­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten. § 51a GmbHG gewährt eben­falls ein umfas­sen­des Recht auf jeder­zei­ti­ge, unver­züg­lich zu ertei­len­de Aus­künf­te über alle Ange­le­gen­hei­ten der Gesell­schaft.

Wäh­rend GmbH- und GbR-Gesell­schaf­tern somit ein umfas­sen­des Aus­kunfts- und Ein­sichts­recht ohne beson­de­re Vor­aus­set­zun­gen zusteht, ist das Aus­kunfts­recht der Kom­man­di­tis­ten vom Gesetz­ge­ber bewusst beschränkt wor­den, um so der Stel­lung des Kom­man­di­tis­ten als vor­ran­gig Kapi­tal­an­le­ger  Rech­nung zu tra­gen, sind doch sei­ne Ein­fluss­mög­lich­kei­ten auf die geschäft­li­chen Ent­schei­dun­gen mit Blick auf die von ihm in Anspruch genom­me­ne Haf­tungs­be­schrän­kung stark ein­ge­schränkt.

 

II. Kei­ne Ände­rung durch das MoPeG

Das Gesetz zur Moder­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts (MoPeG), in Kraft getre­ten 2024, hat das Aus­kunfts- und Kon­troll­recht des Kom­man­di­tis­ten nicht inhalt­lich umge­stal­tet, son­dern „nur“ die bereits bestehen­de Rechts­la­ge bestä­tigt. Dies bedeu­tet, dass die vom Gesetz­ge­ber vor­ge­nom­me­ne Beschrän­kung des Aus­kunfts­rechts im Ver­gleich zu ande­ren Gesell­schaf­ten mit klei­ne­rem („per­sön­li­che­rem“) Gesell­schaf­ter­kreis fort­be­steht.

Die teil­wei­se Neu­re­ge­lung wirft aller­dings neue Fra­gen auf, die in den kom­men­den Jah­ren durch die Recht­spre­chung geklärt wer­den müs­sen. So muss ins­be­son­de­re im Rah­men des situa­ti­ven Aus­kunfts­rechts im Sin­ne von § 166 Abs. 1 S. 2 HGB noch geklärt wer­den, wann eine Aus­kunft tat­säch­lich zur Wahr­neh­mung der Mit­glied­schafts­rech­te „erfor­der­lich“ ist und wie der Begriff der „unred­li­chen Geschäfts­füh­rung“ aus­zu­le­gen ist. Es bleibt abzu­war­ten, ob die Gerich­te durch eine groß­zü­gi­ge Anwen­dung der neu­en Norm den Kreis der aus­kunfts­pflich­ti­gen Vor­gän­ge erwei­tern oder bei den über die letz­ten Jahr­zehn­te fest­ge­leg­ten Prin­zi­pi­en blei­ben und damit die Beschrän­kung des Aus­kunfts­rechts bei­be­hal­ten.

 

III. Erwei­te­rung der Infor­ma­ti­ons­rech­te durch Gesell­schafts­ver­trag

Vor die­sem Hin­ter­grund rückt die Gestal­tungs­frei­heit bei der Er-/Be­ar­bei­tung des Gesell­schafts­ver­trags in den Vor­der­grund: Es besteht Ver­trags­frei­heit – auch bei der Kom­man­dit­ge­sell­schaft – solan­ge das Aus­kunfts­recht nicht aus­ge­schlos­sen oder beschränkt wird, § 166 Abs. 2 HGB. D.h. es kön­nen im Gesell­schafts­ver­trag Erwei­te­run­gen oder zumin­dest Aus­ge­stal­tun­gen des Aus­kunfts­rechts eines Kom­man­di­tis­ten ver­ein­bart wer­den. Bei­spiels­wei­se sind denk­bar Rege­lun­gen,

  • wie das Ver­fah­ren für die Aus­übung des Infor­ma­ti­ons­rechts aus­se­hen soll, z.B. an wen der Kom­man­di­tist sich zu wen­den hat, in wel­chem zeit­li­chen Rah­men die Aus­kunft zu erfol­gen hat, wo und wie er Aus­kunft und Ein­sicht erhält usw.);
  • was unter als eine Infor­ma­ti­on in der Sache zu ver­ste­hen ist, zu wel­chen Infor­ma­tio­nen der Kom­man­di­tist Zugang erhal­ten soll und wann ein Fall ein­tritt, in dem der Kom­man­di­tist die Infor­ma­ti­on zur Wahr­neh­mung sei­ner Mit­glied­schafts­rech­te für erfor­der­lich hal­ten darf, oder
  • dass das Infor­ma­ti­ons­recht über die Gren­zen des § 166 HGB erwei­tert wird, wie z.B. eine Annä­he­rung an die Infor­ma­ti­ons­rech­te nach § 51a GmbHG, bspw.: „Die Kom­man­di­tis­ten haben ein Recht auf Aus­kunft und Ein­sicht in die Bücher der Gesell­schaft nach Maß­ga­be von § 51a GmbHG.

Die Bei­spie­le zei­gen, dass die Band­brei­te der mög­li­chen Rege­lun­gen groß ist: von einer Annä­he­rung an die Rech­te von GbR- oder GmbH-Gesell­schaf­tern mit ihren wei­ten Infor­ma­ti­ons­rech­te bis hin zu Klarstellungen/ Aus­ge­stal­tun­gen bzgl. der oben genann­ten noch offe­nen recht­li­chen Fra­gen. Damit lässt sich je nach Bedeu­tung der Kom­man­di­tis­ten für die Gesell­schaft und ihre Kapi­ta­li­sie­rung und die Stel­lung des Kom­ple­men­tärs jeweils eine aus­ge­wo­ge­ne Lösung fin­den, die die Infor­ma­ti­ons­rech­te der Kom­man­di­tis­ten sichert oder aus­baut. Auf eine ent­spre­chen­de Gestal­tung soll­te ein Kom­man­di­tist ach­ten.

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