Befristete Arbeitsverträge: Wahl in den Betriebsrat schützt nicht vor Befristungsende

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Arbeitsrecht | 7. August 2025
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Wird ein Arbeit­neh­mer wäh­rend eines befris­te­ten Arbeits­ver­hält­nis­ses in den Betriebs­rat gewählt, führt die­ses Ehren­amt nicht auto­ma­tisch zu einem Anspruch auf Ent­fris­tung – das Arbeits­ver­hält­nis endet regu­lär mit Ablauf der Befris­tung. Nur wenn der Ver­trag gera­de wegen der Betriebs­rats­tä­tig­keit nicht ent­fris­tet wür­de, ent­stün­de ein Scha­dens­er­satz­an­spruch.

 

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in einer aktu­el­len Ent­schei­dung (BAG, Urt. v. 18.06.2025, Az. 7 AZR 50/24) erneut klar­ge­stellt, dass die Wahl in den Betriebs­rat nicht vor dem Ende eines befris­te­ten Arbeits­ver­hält­nis­ses schützt. In dem Fall, über den Deutsch­lands höchs­te Arbeits­rich­ter im Juni zu ent­schei­den hat­ten, war der kla­gen­de Arbeit­neh­mer seit Anfang 2021 befris­tet bei einem Logis­tik­un­ter­neh­men beschäf­tigt gewe­sen.

Zunächst war sein Arbeits­ver­trag auf ein Jahr, dann nach­träg­lich bis zum 14. Febru­ar 2023 ver­län­gert wor­den. Im Som­mer 2022 wur­de er in den Betriebs­rat gewählt. Als die Befris­tung aus­lief, erhiel­ten von 19 betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten 16 das Ange­bot, künf­tig unbe­fris­tet wei­ter­zu­ar­bei­ten – der spä­ter kla­gen­de Arbeit­neh­mer jedoch nicht.

Er behaup­te­te, die Ableh­nung eines unbe­fris­te­ten Fol­ge­ver­trags sei allein auf sein Betriebs­rats­man­dat zurück­zu­füh­ren. Der Mann ver­wies dar­auf, dass ande­re Betriebs­rats­mit­glie­der unbe­fris­te­te Ver­trä­ge erhal­ten hät­ten, nicht aber die­je­ni­gen, die – wie er – auf der Gewerk­schafts­lis­te kan­di­diert hät­ten. Die Arbeit­ge­be­rin bestritt das und berief sich unter ande­rem auf unzu­rei­chen­de Arbeits­leis­tung und per­sön­li­che Fak­to­ren im Ver­hal­ten des befris­te­tet Beschäf­tig­ten.

 

Wahl in den Betriebs­rat ent­fris­tet kei­nen Arbeits­ver­trag

Der Arbeit­neh­mer klag­te auf Fest­stel­lung der Unwirk­sam­keit der Befris­tung, hilfs­wei­se auf den Abschluss eines unbe­fris­te­ten Arbeits­ver­trags. Doch sämt­li­che Instan­zen und nun auch das BAG wie­sen sei­ne Kla­ge ab: Sein Arbeits­ver­hält­nis ende­te nach Ablauf der Befris­tung, die Wahl zum Betriebs­rats­mit­glied führ­te nicht zu einem Anspruch auf Wei­ter­be­schäf­ti­gung, so die Erfur­ter Rich­ter.

Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch, der auf Abschluss eines unbe­fris­te­ten Arbeits­ver­trags gerich­tet wäre, wäre dem Mann nur dann ent­stan­den, wenn gera­de sein Betriebs­rats­amt kau­sal für die Ent­schei­dung des Arbeit­ge­bers gewe­sen wäre, ihm kei­nen Fol­ge­ver­trag anzu­bie­ten.

Dafür sah das BAG aber nicht genug Anhalts­punk­te. Die Erfur­ter Rich­ter zeig­ten sich viel­mehr von der Argu­men­ta­ti­on der Arbeit­ge­be­rin über­zeugt, dass sach­li­che Grün­de ent­schei­dend gewe­sen sei­en, den Ver­trag des Mit­ar­bei­ters nicht zu ent­fris­ten. Der Senat stellt klar: Das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz, kon­kret § 78 Satz 2 BetrVG, schützt Betriebs­rats­mit­glie­der zwar vor Behin­de­run­gen und Benach­tei­li­gun­gen im Zusam­men­hang mit ihrer Amts­tä­tig­keit. Dass befris­te­te Arbeits­ver­hält­nis­se sich nach einer Betriebs­rats­wahl auto­ma­tisch in unbe­fris­te­te Ver­trä­ge ver­wan­deln wür­den, schreibt das Gesetz aber nicht vor – auch nicht nach Maß­ga­be des euro­päi­schen Rechts.

 

Arbeit­ge­ber: Sach­li­che Ent­schei­dung nach­voll­zieh­bar begrün­den

Mit die­ser Ent­schei­dung bestä­tigt das BAG sei­ne bis­he­ri­ge Recht­spre­chung: Betriebs­rats­mit­glie­der sind vor Benach­tei­li­gun­gen geschützt, genie­ßen aber kein „Ent­fris­tungs­recht“ auf­grund ihrer Wahl. Will ein befris­tet ange­stell­tes Betriebs­rats­mit­glied den Abschluss eines Fol­ge­ver­trags ein­kla­gen, muss es bewei­sen, dass die Ver­wei­ge­rung gera­de wegen der Betriebs­rats­tä­tig­keit erfolg­te.

Arbeit­ge­ber soll­ten den­noch größ­te Sorg­falt auf eine nach­voll­zieh­bar sach­li­che Ent­schei­dungs­fin­dung ver­wen­den. Auch der gerings­te Ein­druck einer unzu­läs­si­gen Benach­tei­li­gung soll­te ver­mie­den wer­den, da Unter­neh­men sich unter Umstän­den sonst auch scha­dens­er­satz­pflich­tig machen kön­nen.

 

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