Gesellschafterversammlung: Wann Berater, Vertreter und andere Externe dabei sein dürfen

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Bera­ter in Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen? Das wirft regel­mä­ßig Fra­gen auf: Wann darf er teil­neh­men, wann müs­sen ande­re Gesell­schaf­ter das akzep­tie­ren? Wo lie­gen recht­li­che Gren­zen, ins­be­son­de­re im Ver­gleich zwi­schen GmbH und Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten? Und was ist eigent­lich mit einem Ver­tre­ter? Ein aktu­el­ler Über­blick.

 

Gesell­schaf­ter einer GmbH oder Per­so­nen­ge­sell­schaft ste­hen häu­fig vor der Fra­ge, ob und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen sie sich in Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen ver­tre­ten oder von einem Bera­ter beglei­ten las­sen dür­fen. Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen sind das Herz von Gesell­schaf­ten. Die Gesell­schaf­ter von GmbHs und Per­so­nen­ge­sell­schaft fas­sen dort durch Beschluss alle für die Gesell­schaft wich­ti­gen Ent­schei­dun­gen. Nicht erst bei Kon­flik­ten unter den Gesell­schaf­tern kann es für ein­zel­ne Betei­lig­te sinn­voll oder sogar not­wen­dig sein, fach­kun­di­ge Unter­stüt­zung – etwa durch einen Rechts­an­walt, Steu­er­be­ra­ter, Sach­ver­stän­di­gen oder einen ande­ren Bera­ter – in Anspruch zu neh­men.

Einen sol­chen zur Vor­be­rei­tung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung hin­zu­zie­hen, ist unpro­ble­ma­tisch und häu­fig rat­sam. Soll der Bera­ter aber an der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung selbst teil­neh­men, ist im Ein­zel­fall sorg­fäl­tig zu prü­fen, wel­che Funk­ti­on bezie­hungs­wei­se Rol­le ihm wäh­rend der Ver­samm­lung zukom­men soll.

 

Steht’s im Gesell­schafts­ver­trag?

Maß­geb­lich ist zunächst, ob der Gesell­schafts­ver­trag eine ent­spre­chen­de Bestim­mung ent­hält. Da das Gesetz die Anwe­sen­heit eines Bera­ters in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung nicht vor­sieht, ist eine Teil­nah­me ohne spe­zi­el­le Rege­lung grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen. Ange­sichts oft unter­schied­lich gela­ger­ter Inter­es­sen — der eine Gesell­schaf­ter wünscht sich beson­de­re Sach­kun­de, ein ande­rer fürch­tet häu­fig man­geln­de Ver­trau­lich­keit — ist eine kla­re gesell­schafts­ver­trag­li­che Rege­lung zu emp­feh­len.

Der Gesell­schafts­ver­trag kann dabei aus­drück­lich vor­se­hen, dass ein Bera­ter gene­rell, auf Mehr­heits­be­schluss der Gesell­schaf­ter oder auf Ent­schei­dung des Ver­samm­lungs­lei­ters zur Ver­samm­lung hin­zu­ge­zo­gen wer­den darf. Eben­so lässt sich regeln, dass sei­ne Teil­nah­me von bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen abhängt, etwa einer berufs­be­ding­ten Ver­schwie­gen­heits­pflicht oder der Zuge­hö­rig­keit zu bestimm­ten Berufs­grup­pen, zuge­las­sen sein kön­nen etwa nur Rechts­an­wäl­te oder Steu­er­be­ra­ter.

Der Gesell­schafts­ver­trag kann auch fest­le­gen, in wel­chem Umfang ein Bera­ter an der Ver­samm­lung mit­wir­ken darf, wobei das Stimm­recht stets dem Gesell­schaf­ter vor­be­hal­ten bleibt. Das Recht auf die Anwe­sen­heit eines Bera­ters in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung steht nicht dem Bera­ter selbst zu, son­dern ist ein Recht des jewei­li­gen Gesell­schaf­ters, der sich bera­ten las­sen möch­te.

 

Auch ohne Ver­ein­ba­rung: Wann Gesell­schaf­ter einen Bera­ter zulas­sen müs­sen

Gibt es eine sol­che ver­trag­li­che Grund­la­ge (noch) nicht, kann ein Bera­ter auch durch einen Gesell­schaf­ter­be­schluss mit der erfor­der­li­chen Mehr­heit zur Ver­samm­lung zuge­las­sen wer­den. Auch aus der gesell­schafts­recht­li­chen Treue­pflicht kann eine Pflicht ande­rer Gesell­schaf­ter ent­ste­hen, einem Gesell­schaf­ter im Ein­zel­fall zu geneh­mi­gen, einen Bera­ter zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung hin­zu­zu­zie­hen.

Von einer sol­chen Pflicht gehen Gerich­te aus, wenn das berech­tig­te Bera­tungs­in­ter­es­se des betrof­fe­nen Gesell­schaf­ters das Geheim­hal­tungs­be­dürf­nis oder sons­ti­ge schutz­wür­di­ge Belan­ge der Mit­ge­sell­schaf­ter über­wiegt – etwa bei Beschluss­ge­gen­stän­den von erheb­li­cher Trag­wei­te (vgl. für die GmbH: OLG Dres­den, Urt. v. 25.08.2016, Az. 8 U 347/16), bei beson­ders weit­rei­chen­den Ent­schei­dun­gen, feh­len­der eige­ner Sach­kun­de des Gesell­schaf­ters (vgl. BGH, Urt. v. 27.04.2009, Az. II ZR 167/07) oder auf­grund beson­de­rer per­sön­li­cher Umstän­de.

Wird ein Bera­ter zuge­las­sen, gebie­tet es aller­dings der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, auch den übri­gen Gesell­schaf­tern die Mög­lich­keit der Bera­tung durch einen exter­nen Bera­ter zu eröff­nen. Sinn­voll kann es sein, die Zulas­sung auf ein­zel­ne Tages­ord­nungs­punk­te zu beschrän­ken.

 

Wann Bera­ter nicht dabei sein dür­fen – und die Kon­se­quen­zen

Ande­rer­seits kann aber es aber auch gute Grün­de geben, die Teil­nah­me von Bera­tern an der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung aus­zu­schlie­ßen – etwa die Gefähr­dung der Inter­es­sen der Gesell­schaft oder berech­tig­te Belan­ge der Mit­ge­sell­schaf­ter.

Wird ein Bera­ter ohne Befug­nis zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung zuge­las­sen, macht das die gefass­ten Beschlüs­se im Regel­fall nicht anfecht­bar. Nur aus­nahms­wei­se – etwa wenn ein Drit­ter nach­weis­lich die Mit­ge­sell­schaf­ter erheb­lich beein­flusst oder unter Druck setzt  (vgl. OLG Stutt­gart, Urt. v. 27.06.2018, Az. 14 U 33/17) – kann ein Anfech­tungs­grund vor­lie­gen. Aber Ach­tung: Wer mit der Anwe­sen­heit des nicht befug­ten Drit­ten nicht ein­ver­stan­den ist, muss die­se noch wäh­rend der Ver­samm­lung rügen, sonst gilt der Ver­fah­rens­feh­ler als geheilt.

Der Bera­ter soll nicht aktiv auf die Wil­lens­bil­dung der übri­gen Gesell­schaf­ter Ein­fluss neh­men. Er steht dem Gesell­schaf­ter unter­stüt­zend zur Sei­te; sämt­li­che Gesell­schaf­ter­rech­te, ins­be­son­de­re das Stimm­recht, übt wei­ter­hin aus­schließ­lich der Gesell­schaf­ter per­sön­lich aus. Das unter­schei­det ihn von einem Ver­tre­ter für den Gesell­schaf­ter, der des­sen Rech­te und Pflich­ten in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung an sei­ner Stel­le wahr­nimmt.

 

Von Bera­tern und Ver­tre­tern

Die blo­ße Teil­nah­me eines vom Gesell­schaf­ter mit­ge­brach­ten Bera­ters ist nicht mit der Anwe­sen­heit und Mit­wir­kung des Gesell­schaf­ters selbst in der Ver­samm­lung gleich­zu­set­zen. Die­se Grund­sät­ze fin­den glei­cher­ma­ßen auf Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen einer GmbH und von Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten Anwen­dung.

Ein gesetz­li­cher oder organ­schaft­li­cher Ver­tre­ter – etwa der Geschäfts­füh­rer einer GmbH, die selbst Gesell­schaf­ter ist – kann ohne wei­te­res für den Gesell­schaf­ter an der Ver­samm­lung teil­neh­men. Das spielt vor allem eine Rol­le, wenn eine juris­ti­sche Per­son als Gesell­schaf­ter auf­tritt und durch ihr ver­tre­tungs­be­rech­tig­tes Organ han­delt.

Die Mög­lich­keit, sich in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung durch einen rechts­ge­schäft­li­chen Ver­tre­ter ver­tre­ten zu las­sen, kann im Gesell­schafts­ver­trag einer GmbH zwar ein­ge­schränkt oder aus­ge­schlos­sen wer­den; grund­sätz­lich ist die Ver­tre­tung jedoch zuläs­sig. Ist im Ver­trag nichts gere­gelt, kön­nen die Gesell­schaf­ter einer GmbH (§ 47 Abs. 3 GmbHG) wie auch die Aktio­nä­re einer Akti­en­ge­sell­schaft  (§ 134 Abs. 2 S. 1 AktG) sich ver­tre­ten las­sen.

 

Ein Ver­tre­ter in der Fami­li­en­ge­sell­schaft?

Nur die Sat­zung einer GmbH, nicht hin­ge­gen die einer Akti­en­ge­sell­schaft, kann bestim­men, dass die Gesell­schaf­ter­rech­te aus­schließ­lich per­sön­lich aus­ge­übt wer­den dür­fen. Das emp­fiehlt sich ins­be­son­de­re bei fami­li­en­ge­führ­ten Gesell­schaf­ten, in denen der per­sön­li­che Aus­tausch im Vor­der­grund steht. Der Wunsch nach höchst­per­sön­li­cher Aus­übung der Gesell­schaf­ter­rech­te kann auch dadurch ver­deut­licht wer­den, dass der Gesell­schafts­ver­trag sowohl die Teil­nah­me von Bera­tern als auch die rechts­ge­schäft­li­che Ver­tre­tung gene­rell aus­schließt.

In per­so­na­lis­tisch gepräg­ten GmbHs, bei denen die höchst­per­sön­li­che Stimm­rechts­aus­übung gesell­schafts­ver­trag­lich fest­ge­legt ist, sowie bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten, bei denen das Stimm­recht nach ganz herr­schen­der Mei­nung ganz grund­sätz­lich höchst­per­sön­li­cher Natur ist, gel­ten für die Zulas­sung eines Ver­tre­ters beson­ders stren­ge Anfor­de­run­gen. Für Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten gilt im Grund­satz, dass das Stimm­recht wegen des per­so­na­lis­ti­schen Cha­rak­ters der Gesell­schaft nicht auf einen Bevoll­mäch­tig­ten über­tra­gen wer­den kann (vgl. OLG Mün­chen, Urteil vom 7. März 2012 – 7 U 3453/11; LG Darm­stadt, Urteil vom 04.03.2024 – 18 O 34/21).

In die­sen Gesell­schaf­ten, die stark auf Per­so­nen und ihren Bin­dun­gen zuein­an­der basie­ren, müs­sen die Mit­ge­sell­schaf­ter in ihren Rei­hen nur ganz aus­nahms­wei­se einen Ver­tre­ter dul­den, etwa bei schwer­wie­gen­den gesund­heit­li­chen Grün­den wie einer Hoch­ri­si­ko­schwan­ger­schaft oder andau­ern­der Krank­heit, und auch das nur mit ihrer aus­drück­li­chen Zustim­mung. Wer ohne ein­schlä­gi­ge Rege­lung im Gesell­schafts­ver­trag einen Ver­tre­ter zulas­sen will, braucht die erfor­der­li­che sat­zungs­än­dern­de Mehr­heit für einen Gesell­schaf­ter­be­schluss.

 

Pra­xis­tipps

  • Wer die Beglei­tung oder Ver­tre­tung eines Gesell­schaf­ters in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung wünscht, soll­te kla­re Vor­ga­ben im Gesell­schafts­ver­trag einer GmbH oder Per­so­nen­ge­sell­schaft ver­an­kern.
  • Um die Ver­trau­lich­keit gesell­schafts­in­ter­ner Ange­le­gen­hei­ten zu wah­ren, soll­te die Ver­tre­tung auf bestimm­te Per­so­nen­krei­se wie Mit­ge­sell­schaf­ter, enge Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge oder Bera­ter beschränkt wer­den, die beruf­lich zur Ver­schwie­gen­heit ver­pflich­tet sind. So kann Trans­pa­renz geschaf­fen und gleich­zei­tig die Inter­es­sen aller Gesell­schaf­ter geschützt wer­den.
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