Umwandlung von Unternehmen: BGH lässt Nachreichen der Schlussbilanz zu

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Gesellschaftsrecht | 9. Oktober 2025
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Nicht immer ist die Bilanz vom letz­ten Geschäfts­jahr fer­tig, wenn bis zum 31. August eine Umwand­lung ange­mel­det wer­den soll. Nun hat der BGH ent­schie­den: Ja, es geht erst mal auch ohne Schluss­bi­lanz. Doch es ist eher ein „Ja, aber“ aus Karls­ru­he.  Durch­at­men kön­nen Unter­neh­men nicht.

 

Im August herrscht bei Regis­ter­ge­rich­ten regel­mä­ßig Hoch­be­trieb. Eine der Haupt­ur­sa­chen ist, dass vie­le Unter­neh­men ver­su­chen, ihre Umwand­lungs­maß­nah­me bis zum 31. August ein­zu­tra­gen. Bis vor weni­gen Mona­ten war höchst­rich­ter­lich nicht geklärt, ob sie dabei schon die Schluss­bi­lanz bei­fü­gen muss­ten oder die­se spä­ter nach­rei­chen konn­ten.

Der BGH bringt nun end­lich Klar­heit; doch eine Maxi­mal­frist zum Nach­rei­chen kommt auch aus Karls­ru­he nicht. Viel­mehr über­tra­gen Deutsch­lands höchs­te Rich­ter für Gesell­schafts­recht die Ver­ant­wor­tung dafür, bis wann Unter­neh­men die Schluss­bi­lanz vor­le­gen kön­nen, den Regis­ter­ge­rich­ten.

 

War­um der 31. August?

Nach § 17 Abs. 2 UmwG muss, wer einen Umwand­lungs­vor­gang zum Han­dels­re­gis­ter anmel­den will, die sog. Schluss­bi­lanz des über­tra­ge­nen Rechts­trä­gers bei­fü­gen, auf­ge­stellt auf einen höchs­tens acht Mona­te vor der Anmel­dung lie­gen­den Stich­tag.

Bei den meis­ten Unter­neh­men ent­spricht das Geschäfts­jahr dem Kalen­der­jahr. Die­se Unter­neh­men erstel­len ihren Jah­res­ab­schluss also regel­mä­ßig mit Stich­tag zum 31. Dezem­ber. Weil der Jah­res­ab­schluss als Schluss­bi­lanz im Sin­ne des Umwand­lungs­ge­set­zes genutzt wer­den kann, erfol­gen die Anmel­dun­gen der Umwand­lun­gen regel­mä­ßig bis zum 31. August.

In der Pra­xis berei­tet die Ein­hal­tung die­ser Acht­mo­nats­frist jedoch regel­mä­ßig Schwie­rig­kei­ten, denn der Jah­res­ab­schluss zum 31. Dezem­ber des Vor­jah­res muss nicht nur voll­stän­dig erstellt, son­dern auch fest­ge­stellt und geprüft wer­den. Dass es dabei häu­fig hakt, muss nicht immer an inter­nen Unter­neh­mens­struk­tu­ren lie­gen, auch exter­ne Fak­to­ren kön­nen zu Ver­zö­ge­run­gen füh­ren.

Die des­halb seit lan­gem offe­ne Fra­ge, ob Unter­neh­men die Schluss­bi­lanz unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen spä­ter auf­stel­len und nach­ge­rei­chen kön­nen, hat der BGH nun mit Beschluss vom 18. März 2025 (Az. II ZB 1/24) mit Ja beant­wor­tet.

 

BGH: Schluss­bi­lanz kein wesent­li­cher Bestand­teil der Umwand­lung

Der Ent­schei­dung lag der Antrag einer GmbH zugrun­de, ihre Ver­schmel­zung auf ihren Allein­ge­sell­schaf­ter in das Han­dels­re­gis­ter ein­zu­tra­gen. Dem Antrag fehl­te zum Zeit­punkt der Anmel­dung jedoch die Schluss­bi­lanz, die noch nicht auf­ge­stellt war.

Das Regis­ter­ge­richt erließ eine Zwi­schen­ver­fü­gung mit der Auf­for­de­rung, die Zwi­schen­bi­lanz inner­halb eines Monats nach­zu­rei­chen. Die Frist konn­te die GmbH nicht hal­ten, wes­halb das Regis­ter­ge­richt den Ein­tra­gungs­an­trag zurück­wies. Die GmbH leg­te Beschwer­de ein, die von der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung fest­ge­stell­te Bilanz reich­te das Unter­neh­men zwei Mona­te nach Anmel­dung nach. Das OLG Düs­sel­dorf ent­schied zunächst, dass die der Anmel­dung bei­zu­fü­gen­de Bilanz bereits im Zeit­punkt der Anmel­dung vor­han­den sein müs­se. Das hat der BGH nun anders beur­teilt.

Einig­keit besteht in der Recht­spre­chung und Lite­ra­tur dar­über, dass nur sol­che Unter­la­gen nach­ge­scho­ben wer­den dür­fen, die kei­ne wesent­li­chen Bestand­tei­le des Umwand­lungs­vor­gangs ent­hal­ten. Vor­lie­gen müs­sen also unstrit­tig der Ver­schmel­zungs­ver­trag und die Zustim­mungs­be­schlüs­se der Anteils­in­ha­ber. Ob auch die Schluss­bi­lanz in die­sem Sin­ne wesent­li­cher Bestand­teil ist, war bis­her umstrit­ten.

Der BGH schließt sich der über­wie­gen­den Lite­ra­tur- und Recht­spre­chungs­mei­nung an und geht davon aus, dass die Schluss­bi­lanz kein wesent­li­cher Bestand­teil des Umwand­lungs­vor­gan­ges ist. Sie kann des­halb auch nach Ablauf der Acht­mo­nats­frist nach­ge­scho­ben wer­den, wenn das denn „zeit­nah“ erfolgt.

 

Und was heißt zeit­nah?

Zeit­nah aller­dings, das ist ein wei­tes Feld, oder, wie die Juris­ten es nen­nen, ein aus­le­gungs­be­dürf­ti­ger Begriff. Der BGH stellt dazu fest: Das Nach­rei­chen sei als zeit­nah anzu­se­hen, wenn es inner­halb einer durch Zwi­schen­ver­fü­gung gesetz­ten ange­mes­se­nen Frist erfol­ge. Er über­trägt die Ver­ant­wor­tung für eine ange­mes­se­ne Frist also den Regis­ter­ge­rich­ten.

Die im ent­schie­de­nen Fall vom Regis­ter­ge­richt gesetz­te Frist von einem Monat hielt der BGH für ange­mes­sen. Hät­te die GmbH die Schluss­bi­lanz inner­halb die­ses Mona­tes nach­ge­reicht, hät­te das also genügt. Weil sie aber auch die­se Frist nicht hat­te hal­ten kön­nen, blieb ihre Beschwer­de letzt­lich erfolg­los.

Offen bleibt, ob die Frist noch län­ger als einen Monat aus­fal­len kann. Dies obliegt letzt­end­lich der Ent­schei­dung des Regis­ter­ge­richts und ist damit vom Ein­zel­fall abhän­gig.

Gera­de des­halb soll­te das Nach­rei­chen von Unter­la­gen eine Aus­nah­me blei­ben. Indem der BGH die Ver­ant­wor­tung für die zuläs­si­ge Dau­er des Nach­rei­chens dem Regis­ter­ge­richt über­tra­gen hat, hat er eine Kom­po­nen­te geschaf­fen, die ein Unter­neh­men nicht abschät­zen kann.  Ziel jedes Unter­neh­mens soll­te es des­halb auch nach der Ent­schei­dung aus Karls­ru­he sein, die Schluss­bi­lanz bereits mit der Anmel­dung der Umwand­lung ein­zu­rei­chen.

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