Fast 90.000 Euro hatte ein Arbeitgeber in die Fortbildung eines Feuerwehrmanns investiert. Als der nach erfolgreichem Abschluss aber kündigte, weigerte er sich, die Fortbildungskosten wie vereinbart zurückzuzahlen. Vom LAG Köln bekam der Arbeitnehmer Recht: Die Vertragsklauseln seien unwirksam. Für Arbeitgeber ist das Urteil ein Warnsignal.
Wieder einmal hat sich jüngst ein Gericht mit der Rückforderung von Fortbildungskosten beschäftigen müssen. Diese Fälle gehen meist mit großem Frust beim Arbeitgeber einher: Er investiert in die Fortbildung eines Mitarbeiters, doch der verlässt dann frühzeitig den Betrieb. Die Klauseln im Vertrag, welche für diese Fälle die Rückzahlung der vom Arbeitgeber investierten Fortbildungskosten regeln sollen, bergen stets das Risiko, den Arbeitnehmer unangemessen zu benachteiligen und deshalb von Gerichten für unwirksam erklärt zu werden — dann bleibt der Arbeitgeber auf den Fortbildungskosten sitzen. So entschied auch das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 19. August 2025 (LAG Köln, Az. 7 SLa 647/24).
In dem Fall, über den die Kölner Arbeitsrichter zu entscheiden hatten, hatten die Parteien einen Arbeitsvertrag nebst Fortbildungsvereinbarung geschlossen. Der Arbeitnehmer wurde als Brandmeisteranwärter in der Abteilung Brandschutz eingestellt und nahm an einer Weiterbildung zum Feuerwehrmann teil. Im Rahmen der Fortbildungsvereinbarung verpflichtete sich der Arbeitgeber, die Kosten der Fortbildung zu übernehmen und den Arbeitnehmer für die Zeiten der Fortbildung freizustellen.
Gemäß § 4 des Fortbildungsvertrages sollte der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet sein, sofern das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Jahren nach erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung beendet würde aus Gründen, die er zu vertreten hat, auf seine Veranlassung hin oder auch im gegenseitigen Einvernehmen. In § 5 des Vertrags verpflichtete sich der Arbeitnehmer außerdem, dann auch die während der Freistellung gezahlte Bruttomonatsvergütung, ohne Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, ganz oder teilweise zurückzuzahlen.
Fast 90.000 Euro Fortbildungskosten – und dann die Kündigung
Der Mann schloss die Ausbildung erfolgreich ab. Danach kündigte er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der drei Jahre, ohne Gründe dazu anzugeben. Die Fortbildungskosten, die der Arbeitgeber getragen hatte, beliefen sich auf insgesamt etwa 88.500,00 Euro: rund 16.000 Euro Ausbildungskosten und 72.000 Euro Freistellungsvergütung.
Da der Arbeitgeber nicht auf den Kosten sitzen bleiben wollte, forderte er seinen ehemaligen Mitarbeiter zur Rückzahlung von ca. Euro 70.000 auf. Der kam dieser Forderung aber nicht nach. Er argumentierte, dass die in der Fortbildungsvereinbarung niedergelegten AGB unwirksam seien, da diese zu seinem wirtschaftlichen Ruin führen würden. Weiter habe er gekündigt, da der Arbeitgeber sich mehrfach nicht vertragstreu verhalten habe, die Kündigung sei daher der Risikosphäre des Arbeitgebers zuzurechnen.
Das Arbeitsgericht Siegburg wies die Zahlungsklage des Arbeitsgebers ab. In der Urteilsbegründung hieß es, dass die Rückzahlungsvereinbarung einer AGB-Kontrolle nicht standhalte. Insbesondere sei der ehemalige Arbeitnehmer dadurch unangemessen benachteiligt, dass der Vertrag auch dann eine Rückzahlungspflicht vorsehe, „wenn eine zur Kündigung führende Leistungsunfähigkeit auf einer einfachen Fahrlässigkeit des Beklagten beruht.“ Zu diesem Ergebnis kommen die Richter, indem sie das „Vertretenmüssen“ in der Fortbildungsvereinbarung auslegen.
Zu strikte Klausel wird zum Boomerang
Dem folgte auch das LAG Köln, das die Berufung des Arbeitgebers gegen diese Entscheidung als unbegründet zurückwies. Auch laut den rheinländischen Richtern ist der ehemalige Mitarbeiter nicht zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. Das LAG stellte fest, dass es sich bei den streitigen Klauseln um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handele und dass die in § 4 vereinbarte Rückzahlungsklausel wie auch § 5 der Vereinbarung den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligten im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Zwar billigten die Kölner Arbeitsrichter grundsätzlich das anzuerkennende Interesse vom Arbeitgeber an einer Rückzahlungsverpflichtung. So solle verhindert werden, dass Arbeitnehmer sich eine Ausbildung finanzieren lassen, nach deren Abschluss aber ohne erkennbaren Grund das Arbeitsverhältnis beenden und vielleicht sogar zur Konkurrenz wechseln. Doch eine Rückzahlungsverpflichtung darf sich laut dem LAG Köln auch nur darauf beziehen. Sie dürfe sich dagegen nicht pauschal auf alle Gründe beziehen, aus denen ein Arbeitsverhältnisses beendet werden kann. Eine Rückzahlungspflicht sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Abreitnehmer ohne triftigen Grund kündigt oder dieser Grund in seinem persönlichem Verantwortungsbereich liegt.
Weiter führte das LAG Köln aus, dass die in § 5 vereinbarte Vergütung keine sog. Freistellungsvergütung sei, die Arbeitgeber zurückfordern können, sondern eine Vergütung für geleistete Arbeit (§ 611a Abs. 2 BGB). Da die Fortbildungszeit gemäß Vertrag als Arbeitszeit galt, habe der Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Arbeitsleistung erbracht. Eine erbrachte Arbeitsleistung als Freistellung zu deklarieren, um dann die Freistellungsvergütung zurückfordern zu können, sei nicht nur unangemessen benachteiligend, sondern verstoße auch gegen gesetzliche Bestimmungen wie § 611a Abs. 2 BGB, §§ 2, 3 Entgeltfortzahlungsgesetz und §§ 1,11 Bundesurlaubsgesetz, so das LAG Köln.
Zu guter Letzt wiesen die Arbeitsrichter darauf hin, dass die Erstattungspflicht dem Mitarbeiter auch ihrem Umfang nach nicht zumutbar sei. Bei der Rückforderung in Höhe von Euro 70.000,00 handelte es sich um mehr als zwei Netto-Jahresvergütungen des Arbeitnehmers — und damit um eine ruinöse und auch aus diesem Grund unwirksame Klausel.
So nachvollziehbar es aus Arbeitgebersicht also auch sein mag, beim überraschenden Weggang eines Mitarbeiters, in dem man investiert hat, zumindest die getätigte Investition zurückzubekommen, so sehr kann eine zu strikte Rückzahlungsvereinbarung nach hinten losgehen. Unternehmen sollten darauf achten, die Rückzahlungsklauseln fair und bedacht auszugestalten – zu strikte Klauseln können schnell unwirksam sein. So vermeiden sie einen Boomerang, mit dem sie als Arbeitgeber am Ende womöglich auf sämtlichen Kosten sitzen bleiben.
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
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