Grundsatzurteil vom Bundesarbeitsgericht: Kein Anspruch auf Entgeltabrechnung in Papierform

© Stockfotos-MG/stock.abode.com
Arbeitsrecht | 13. März 2025
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Deutsch­lands höchs­te Arbeits­rich­ter geben in einem aktu­el­len Urteil eine kla­re Rich­tung vor: Arbeit­ge­ber müs­sen Ent­gelt­ab­rech­nun­gen nicht mehr in Papier­form erstel­len. Ein elek­tro­ni­sches Post­fach und die Mög­lich­keit für die Mit­ar­bei­ter, die­ses im Betrieb abzu­ru­fen, rei­chen aus.

Vie­le Arbeit­ge­ber stel­len ihren Mit­ar­bei­tern die Ent­gelt­ab­rech­nun­gen bereits seit Jah­ren über pass­wort­ge­schütz­te Mit­ar­bei­ter­por­ta­le in elek­tro­ni­scher Form zur Ver­fü­gung. Sie ver­zich­ten gänz­lich auf die Aus­hän­di­gung in Papier­form. Im Jahr 2025 klingt dies auch plau­si­bel und in jedem Fall effi­zi­ent.

Das fand eine Arbeit­neh­me­rin der Ede­ka-Grup­pe aller­dings nicht. Weil auch die Super­markt­ket­te nach einer inter­nen Ver­ein­ba­rung die Ent­gelt­ab­rech­nun­gen nur noch über ein elek­tro­ni­sches pass­wort­ge­schütz­tes Mit­ar­bei­ter­post­fach bereit­stellt, ver­klag­te sie ihren Arbeit­ge­ber auf Aus­hän­di­gung der Ent­gelt­ab­rech­nung in Papier­form. Vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Nie­der­sach­sen hat­te sie noch Erfolg. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ver­sag­te ihr jedoch einen sol­chen Anspruch klar.

 

BAG: Digi­ta­le Abrech­nung reicht

In der Gewer­be­ord­nung (§ 108 Abs. 1 GewO) ist gere­gelt, dass der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer bei Zah­lung des Arbeits­ent­gelts eine Abrech­nung in Text­form zu ertei­len ist. Dass die­se Abrech­nung in Papier­form erfol­gen müss­te, regelt das Gesetz nicht.

Die Erfur­ter Rich­ter ent­schie­den am 28. Janu­ar 2025, dass eine elek­tro­ni­sche Bereit­stel­lung die­sen Anfor­de­run­gen des Geset­zes genügt (BAG, Az. 9 AZR 48/24). Beim Anspruch des Arbeit­neh­mers auf eine Ent­gelt­ab­rech­nung han­de­le es sich um eine soge­nann­te Hol­schuld. Bei die­ser recht­li­chen Kon­struk­ti­on lie­gen der Leis­tungs- und Erfolgs­ort beim Schuld­ner, das heißt, der Gläu­bi­ger muss sich die Leis­tung beim Schuld­ner holen.

Für den Fall der Ent­gelt­ab­rech­nung bedeu­tet dies, dass der Arbeit­ge­ber sein Soll erfüllt hat, wenn er die Ent­gelt­ab­rech­nung digi­tal im Mit­ar­bei­ter­post­fach bereit­ge­stellt hat und der Arbeit­neh­mer sie dort „abho­len“ kann. Für Arbeit­neh­mer, die zuhau­se kei­nen Online-Zugriff haben, muss es laut dem BAG im Betrieb des Arbeits­ge­bers eine Mög­lich­keit geben, auf die Gehalts­ab­rech­nung zuzu­grei­fen. Das war bei Ede­ka der Fall, die papier­af­fi­ne Mit­ar­bei­te­rin konn­te ihre Gehalts­ab­rech­nung dort anse­hen und aus­dru­cken. Das reicht, urteil­te das BAG in erfreu­li­cher Ein­deu­tig­keit, es gibt kei­nen Anspruch mehr auf eine Ent­gelt­ab­rech­nung, die auf Papier im hei­mi­schen Brief­kas­ten ankommt.

 

Wer nicht mit der Zeit geht …

Damit hat das höchs­te deut­sche Arbeits­ge­richt eine zeit­ge­mä­ße Ent­schei­dung getrof­fen. Die Digi­ta­li­sie­rung der Arbeits­welt schrei­tet vor­an. Für Arbeit­ge­ber heißt es, ihre alten Mus­ter zu durch­bre­chen und sich den Chan­cen der digi­ta­len Arbeits­welt zu stel­len. Es ist an der Zeit, zeit­ge­mä­ße Ansät­ze zu ent­wi­ckeln und neue Tech­no­lo­gien zu inte­grie­ren, um wett­be­werbs­fä­hig zu blei­ben.  Denn wie Fried­rich Schil­ler bereits vor über 200 Jah­ren sag­te: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Arbeitsrecht 27. Februar 2025

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Wann Arbeitgeber Zweifel haben dürfen

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat in der Rechtsprechung einen hohen Stellenwert als Beweismittel. Als das wichtigste gesetzlich vorgeschriebene Dokument reicht sie in der Regel aus, um im Arbeitsgerichtsverfahren die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers nachzuweisen. Doch gleich mehrere neue höchstrichterliche Urteile stellen klar: Es gibt sehr wohl Fälle, in denen Arbeitgeber diesen Beweiswert erschüttern können.   Mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung können Arbeitnehmer regelmäßig nachweisen, dass...

Arbeitsrecht 16. Januar 2025

Der Widerruf einer Homeoffice-Erlaubnis muss sachlich begründet sein.

Eine einmal gegebene Homeoffice-Erlaubnis zu widerrufen ist nicht so einfach wie gedacht. Das LAG Köln hat in seinem Urteil vom 11.07.2024 – 6 Sa 579/23 klargestellt, dass der Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis ohne sachlichen Grund oder dringende betriebliche Erfordernisse nicht möglich ist.    In seinem Urteil hat das Gericht die Grenzen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts im Zusammenhang mit einer Homeoffice-Erlaubnis näher ausgeführt...