Geschäftsführer schreibt auf Geschäftspapier: Im Zweifel für die Gesellschaft

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Eine Erklä­rung von Herrn Mül­ler oder von der Mey­er GmbH? Der BGH hat nun klar­ge­stellt: Gibt ein Geschäfts­füh­rer auf dem Brief­pa­pier der Gesell­schaft eine Erklä­rung zu einem Gesell­schafts­ver­hält­nis ab, han­delt er in der Regel für die Gesell­schaft. Das schafft Rechts­si­cher­heit, Geschäfts­füh­rer müs­sen sich die­se Regel aber bewusst machen.

 

Der Geschäfts­füh­rer ist das gesetz­li­che Ver­tre­tungs­or­gan einer Gesell­schaft. Er han­delt für sie und schließt in ihrem Namen Rechts­ge­schäf­te mit Drit­ten ab. Sowohl für den han­deln­den Geschäfts­füh­rer und die Gesell­schaft als auch für die Gesell­schaf­ter und die Ver­trags­part­ner der Gesell­schaft ist dabei ent­schei­dend, ob eine Erklä­rung tat­säch­lich die Gesell­schaft bin­det oder pri­vat vom Geschäfts­füh­rer kommt. Vor allem, wenn die Aus­gangs­si­tua­ti­on nicht ein­deu­tig ist, kann das zu Unsi­cher­hei­ten füh­ren.

In dem Fall, über den Deutsch­lands höchs­te Rich­ter für Gesell­schafts­recht zu ent­schei­den hat­ten,  klag­te ein Gesell­schaf­ter­ge­schäfts­füh­rer auf Zah­lung sei­ner Geschäfts­füh­rer­be­zü­ge. Er bestritt, dass sein Geschäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trag wirk­sam gekün­digt wor­den sei.

Die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung hat­te die Abbe­ru­fung und die außer­or­dent­li­che Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­tra­ges beschlos­sen. Gemäß der Sat­zung muss­te die Gesell­schaft bei der Been­di­gung des Anstel­lungs­ver­tra­ges von den Gesell­schaf­tern und der Geschäfts­füh­rung gemein­sam ver­tre­ten wer­den. Per Beschluss der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung wur­de einer der Mit­ge­sell­schaf­ter, der auch Geschäfts­füh­rer war, mit dem Aus­spruch der Kün­di­gung beauf­tragt. Er kün­dig­te auf dem Geschäfts­pa­pier der Gesell­schaft, das auch ihn als Geschäfts­füh­rer aus­wies, jedoch ohne genaue­re Funk­ti­ons­be­zeich­nung. Es fand sich nur die Anga­be „in Erfül­lung des Auf­trags der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung“. Ein sons­ti­ger, vor allem indi­vi­du­el­ler Hin­weis auf eine Erklä­rung (auch) als Geschäfts­füh­rer, fin­det sich nicht.

Streit­fra­ge des Falls war, ob die­se Erklä­rung der GmbH zuzu­rech­nen ist oder nur als Erklä­rung des Unter­zeich­ners bzw. der Gesell­schaf­ter zu wer­ten ist. Die Vor­in­stan­zen gaben dem kla­gen­den Gekün­dig­ten Recht, sie hiel­ten die Kün­di­gung man­gels sat­zungs­mä­ßi­ger Ver­tre­tung für unwirk­sam. Zwar sei der kün­di­gen­de Gesell­schaf­ter­ge­schäfts­füh­rer wohl beauf­tragt gewe­sen, die Kün­di­gung aus­zu­spre­chen, doch habe er dabei nicht auch in sei­ner Eigen­schaft als Geschäfts­füh­rer gehan­delt. Dafür sahen die Vor­in­stan­zen näm­lich kei­ne Anhalts­punk­te: Der Hin­weis auf die Geschäfts­füh­rer­stel­lung auf dem Geschäfts­pa­pier der GmbH sei ledig­lich gesetz­lich vor­ge­schrie­ben, § 35 GmbHG, und kein Aus­druck organ­schaft­li­chen Han­delns. Ein Zusatz zur Unter­schrift als „Geschäfts­füh­rer“ sei eben­falls nicht erfolgt, so dass die Kün­di­gung als Boten­er­klä­rung zu wer­ten und damit nicht wirk­sam sei.

 

Geschäfts­füh­rer auf Brief­pa­pier: In der Regel im Namen der Gesell­schaft

Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hin­ge­gen sieht die Kün­di­gung sehr wohl als durch einen Geschäfts­füh­rer aus­ge­spro­chen an und hat sie damit für wirk­sam erklärt (BGH, Urt. v. 18.03.2025, Az. II ZR 77/24). Das Beru­fungs­ge­richt habe gegen aner­kann­te Aus­le­gungs­grund­sät­ze ver­sto­ßen, so der für das Gesell­schafts­recht zustän­di­ge II. Zivil­se­nat. Im Rechts­ver­kehr wer­den Erklä­run­gen nach ihrem objek­ti­ven Erklä­rungs­wert aus­ge­legt: Was wür­de ein objek­ti­ver Drit­ter, der die­se Erklä­rung erhiel­te, bei Gesamt­be­trach­tung aller Umstän­de ver­ste­hen?

Dazu stellt der BGH nun einen Regel­satz auf: Gibt ein Geschäfts­füh­rer auf Geschäfts­pa­pier der Gesell­schaft eine Erklä­rung ab, die auf Ver­trags­ver­hält­nis­se der Gesell­schaft zielt, ist grund­sätz­lich davon aus­zu­ge­hen, dass er die Erklä­rung im Namen der Gesell­schaft abgibt.

So auch hier: Die Kün­di­gung erfolg­te als Geschäfts­füh­rer und war wirk­sam, befand der Senat. Das Brief­pa­pier ent­hielt – wie in § 35a GbmHG vor­ge­schrie­ben — Anga­ben zu den Geschäfts­füh­rern. Für den Erklä­rungs­emp­fän­ger sei daher die organ­schaft­li­che Stel­lung des Unter­zeich­ners erkenn­bar gewe­sen, auch ohne klä­ren­den Zusatz wie „in Ver­tre­tung“ oder „als Geschäfts­füh­rer“. Inhalt­lich war die Erklä­rung unmiss­ver­ständ­lich auf ein Rechts­ver­hält­nis (das Anstel­lungs­ver­hält­nis) bezo­gen; Hin­wei­se auf eine per­sön­li­che Erklä­rung oder einen Boten­gang sah der Senat nicht.

Mit die­ser Argu­men­ta­ti­on stellt der Senat kon­se­quent auf den objek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont ab. So kann ein Ver­trags­part­ner im geschäft­li­chen Kon­text mit der GmbH davon aus­ge­hen, dass eine Erklä­rung auf dem Geschäfts­pa­pier, die die Gesell­schaft betrifft, auch in deren Namen abge­ge­ben wur­de. Wei­te­re Zusät­ze sind nicht erfor­der­lich – oder eben nur dann, wenn der Ver­fas­ser des Schrei­bens klar­stel­len will, dass er aus­nahms­wei­se nicht für die Gesell­schaft will.

So schützt das Urteil des BGH den Unter­neh­mer­all­tag vor unnö­ti­ger For­ma­li­sie­rung und stärkt Die Rechts­si­cher­heit im Rechts­ver­kehr. Für Geschäfts­füh­rer bedeu­tet das Karls­ru­her Urteil, dass ihre Erklä­run­gen auf Brief­pa­pier der Gesell­schaft typi­scher­wei­se als organ­schaft­lich ver­stan­den wer­den. Wer als Pri­vat­per­son auf­tre­ten will, muss das kennt­lich machen. Kla­re Ver­tre­tungs­zu­sät­ze ver­mei­den Strei­tig­kei­ten.

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