Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs offenbart die Unwirksamkeit zahlreicher Vertragsstrafenklauseln in bestehenden Einheitspreisverträgen. Gleichzeitig zeigt die Entscheidung, worauf man bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe in AGB künftig achten muss.
Regelungen zu Vertragsstrafen bei Verzug des Auftragnehmers sind in Bauverträgen sowohl im Zusammenhang mit der Einhaltung von Fertigstellungsfristen als auch bei Zwischenfristen weit verbreitet. Die Vertragsstrafe dient einerseits als Druckmittel, um die termingerechte Fertigstellung des Bauwerks sicherzustellen, andererseits bietet sie dem Auftraggeber die Möglichkeit, sich schadlos zu halten, ohne seinen konkreten Schaden nachweisen zu müssen. Doch diese Klauseln sind nicht selten unwirksam.
Die Anforderungen an wirksame Vertragsstrafenklauseln in Bauverträgen sind stark von der Rechtsprechung geprägt. Was man zulässig vereinbaren kann, ist aber nach wie vor rechtlich nicht abschließend geklärt. Eine Klausel, die über Jahrzehnte als rechtlich sicher galt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem aktuellen Urteil gekippt.
So urteilte der BGH bisher zur Höchstgrenze
Vertragsstrafenklauseln sind in AGB nur wirksam, wenn sie den Auftragnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Die Anforderungen an die Angemessenheit werden insbesondere durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konkretisiert. Unter anderem hatten Deutschlands oberste Zivilrichter sich bereits mehrfach mit der Frage der Anforderungen an eine Höchstgrenze der Vertragsstrafe zu befassen.
Vertragsstrafenklauseln müssen nach oben hin begrenzt sein, das hatte der BGH bereits im Jahre 1982 klargestellt. Welche konkreten Anforderungen aber an eine solche Höchstgrenze zu stellen sind, blieb jedoch weiterhin stark umstritten und auch die Rechtsprechung des BGH selbst hat sich seitdem im Laufe der Jahre geändert.
Nachdem er im Jahr 1986 noch eine Höchstgrenze von 10 % der Angebotssumme für wirksam erachtete hatte, urteilte der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 23. Januar 2003, dass eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel den Auftragnehmer bereits dann unangemessen benachteilige, wenn sie auf mehr als 5 % der Auftragssumme gedeckelt ist. Auf Basis dieser Entscheidung wurden seitdem die meisten Vertragsstrafenklauseln formuliert — bis heute, denn nun gilt auch das nicht mehr uneingeschränkt.
Neue Rechtsprechung: 5% der Abrechnungssumme
In seiner aktuellen Entscheidung vom 15. Februar 2024 hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befasst, ob eine in einem Einheitspreisvertrag vereinbarte Vertragsstrafenklausel, die auf insgesamt 5 % der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt war, den Auftragnehmer unangemessen benachteilige (Az. VII ZR 42/22).
Während weite Teile der Fachliteratur das mit „Nein“ beantwortet hätten, hat der BGH einmal mehr die eigene Linie präzisiert. Der unter anderem für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat stellte klar, dass sich die Höchstgrenze von 5 % nicht auf die Auftragssumme, sondern vielmehr auf die Abrechnungssumme in ihrer objektiv richtigen Höhe beziehen muss.
Andernfalls könnte, so die Bundesrichter, die Vertragsstrafe nach Feststellung des Aufmaßes und Unterschreitung der im Angebot kalkulierten Auftragssumme die Höchstgrenze von 5 % der Vergütungssumme überschreiten. Dies wiederum würde zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers führen, da dieser typischerweise durch einen Verlust von über 5 % der Vergütungssumme nicht nur seinen Gewinn verliere, sondern auch darüber hinaus noch einen spürbaren Verlust erleide.
Und nun? Empfehlungen für Bauverträge
Mit Blick auf diese aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs sollten Bauherren wie Bauunternehmer bestehende Klauseln zu Vertragsstrafen kritisch auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen. Das gilt insbesondere auch für Formulierungen, die bereits bei der Überschreitung von Zwischenfristen eine Vertragsstrafe vorsehen.
Künftige Klauseln müssen die Vorgaben der Entscheidung aus Karlsruhe berücksichtigen. Dazu bieten sich unterschiedliche Gestaltungsvarianten an.
Rechtsanwalt
Dipl. Rechtspfleger (FH)
Ist eine Forderung verjährt, ist das für den Gläubiger meist keine gute Nachricht: Er kann nichts mehr fordern, während der Schuldner nichts mehr zu befürchten hat. Richtig? Keineswegs, urteilt der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Mietrechtsfall. (mehr …)