Bauverträge: Vertragsstrafenklausel kann auch bei Einhaltung der 5-%-Grenze unwirksam sein

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Baurecht | 29. Mai 2024
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Eine aktu­el­le Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs offen­bart die Unwirk­sam­keit zahl­rei­cher Ver­trags­stra­fen­klau­seln in bestehen­den Ein­heits­preis­ver­trä­gen. Gleich­zei­tig zeigt die Ent­schei­dung, wor­auf man bei der Ver­ein­ba­rung einer Ver­trags­stra­fe in AGB künf­tig ach­ten muss. 

 

Rege­lun­gen zu Ver­trags­stra­fen bei Ver­zug des Auf­trag­neh­mers sind in Bau­ver­trä­gen sowohl im Zusam­men­hang mit der Ein­hal­tung von Fer­tig­stel­lungs­fris­ten als auch bei Zwi­schen­fris­ten weit ver­brei­tet. Die Ver­trags­stra­fe dient einer­seits als Druck­mit­tel, um die ter­min­ge­rech­te Fer­tig­stel­lung des Bau­werks sicher­zu­stel­len, ande­rer­seits bie­tet sie dem Auf­trag­ge­ber die Mög­lich­keit, sich schad­los zu hal­ten, ohne sei­nen kon­kre­ten Scha­den nach­wei­sen zu müs­sen. Doch die­se Klau­seln sind nicht sel­ten unwirk­sam.

Die Anfor­de­run­gen an wirk­sa­me Ver­trags­stra­fen­klau­seln in Bau­ver­trä­gen sind stark von der Recht­spre­chung geprägt. Was man zuläs­sig ver­ein­ba­ren kann, ist aber nach wie vor recht­lich nicht abschlie­ßend geklärt. Eine Klau­sel, die über Jahr­zehn­te als recht­lich sicher galt, hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) mit einem aktu­el­len Urteil gekippt.

 

So urteil­te der BGH bis­her zur Höchst­gren­ze

Ver­trags­stra­fen­klau­seln sind in AGB nur wirk­sam, wenn sie den Auf­trag­neh­mer nicht unan­ge­mes­sen benach­tei­li­gen. Die Anfor­de­run­gen an die Ange­mes­sen­heit wer­den ins­be­son­de­re durch die Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs kon­kre­ti­siert. Unter ande­rem hat­ten Deutsch­lands obers­te Zivil­rich­ter sich bereits mehr­fach mit der Fra­ge der Anfor­de­run­gen an eine Höchst­gren­ze der Ver­trags­stra­fe zu befas­sen.

Ver­trags­stra­fen­klau­seln müs­sen nach oben hin begrenzt sein, das hat­te der BGH bereits im Jah­re 1982 klar­ge­stellt. Wel­che kon­kre­ten Anfor­de­run­gen aber an eine sol­che Höchst­gren­ze zu stel­len sind, blieb jedoch wei­ter­hin stark umstrit­ten und auch die Recht­spre­chung des BGH selbst hat sich seit­dem im Lau­fe der Jah­re geän­dert.

Nach­dem er im Jahr 1986 noch eine Höchst­gren­ze von 10 % der Ange­bots­sum­me für wirk­sam erach­te­te hat­te, urteil­te der Bun­des­ge­richts­hof in sei­ner Grund­satz­ent­schei­dung vom 23. Janu­ar 2003, dass eine in all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen des Auf­trag­ge­bers ent­hal­te­ne Ver­trags­stra­fen­klau­sel den Auf­trag­neh­mer bereits dann unan­ge­mes­sen benach­tei­li­ge, wenn sie auf mehr als 5 % der Auf­trags­sum­me gede­ckelt ist. Auf Basis die­ser Ent­schei­dung wur­den seit­dem die meis­ten Ver­trags­stra­fen­klau­seln for­mu­liert — bis heu­te, denn nun gilt auch das nicht mehr unein­ge­schränkt.

 

Neue Recht­spre­chung: 5% der Abrech­nungs­sum­me

In sei­ner aktu­el­len Ent­schei­dung vom 15. Febru­ar 2024 hat sich der Bun­des­ge­richts­hof mit der Fra­ge befasst, ob eine in einem Ein­heits­preis­ver­trag ver­ein­bar­te Ver­trags­stra­fen­klau­sel, die auf ins­ge­samt 5 % der im Auf­trags­schrei­ben genann­ten Auf­trags­sum­me (ohne Umsatz­steu­er) begrenzt war, den Auf­trag­neh­mer unan­ge­mes­sen benach­tei­li­ge (Az. VII ZR 42/22).

Wäh­rend wei­te Tei­le der Fach­li­te­ra­tur das mit „Nein“ beant­wor­tet hät­ten, hat der BGH ein­mal mehr die eige­ne Linie prä­zi­siert. Der unter ande­rem für das Werk­ver­trags­recht zustän­di­ge VII. Zivil­se­nat stell­te klar, dass sich die Höchst­gren­ze von 5 % nicht auf die Auf­trags­sum­me, son­dern viel­mehr auf die Abrech­nungs­sum­me in ihrer objek­tiv rich­ti­gen Höhe bezie­hen muss.

Andern­falls könn­te, so die Bun­des­rich­ter, die Ver­trags­stra­fe nach Fest­stel­lung des Auf­ma­ßes und Unter­schrei­tung der im Ange­bot kal­ku­lier­ten Auf­trags­sum­me die Höchst­gren­ze von 5 % der Ver­gü­tungs­sum­me über­schrei­ten. Dies wie­der­um wür­de zu einer unan­ge­mes­se­nen Benach­tei­li­gung des Auf­trag­neh­mers füh­ren, da die­ser typi­scher­wei­se durch einen Ver­lust von über 5 % der Ver­gü­tungs­sum­me nicht nur sei­nen Gewinn ver­lie­re, son­dern auch dar­über hin­aus noch einen spür­ba­ren Ver­lust erlei­de.

 

Und nun? Emp­feh­lun­gen für Bau­ver­trä­ge

Mit Blick auf die­se aktu­el­le Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs soll­ten Bau­her­ren wie Bau­un­ter­neh­mer bestehen­de Klau­seln zu Ver­trags­stra­fen kri­tisch auf ihre Wirk­sam­keit hin über­prü­fen. Das gilt ins­be­son­de­re auch für For­mu­lie­run­gen, die bereits bei der Über­schrei­tung von Zwi­schen­fris­ten eine Ver­trags­stra­fe vor­se­hen.

Künf­ti­ge Klau­seln müs­sen die Vor­ga­ben der Ent­schei­dung aus Karls­ru­he berück­sich­ti­gen. Dazu bie­ten sich unter­schied­li­che Gestal­tungs­va­ri­an­ten an.

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