Klar ist, dass ein Recht auf „Fußball gucken“ während der Arbeitszeit nicht besteht. Der Arbeitnehmer kann nicht von seinem Chef einfordern, dass er ihn von seinen arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten während der Arbeitszeit für EM-Fußballspiele befreit.
Am 14. Juni fiel der Startpfiff für die Fußball-Europameisterschaft der Männer mit Auftaktspiel in der Allianz Arena in München. Deutschland eröffnet mit seinem ersten Kontrahenten Schottland das sportliche Großereignis. Während manche in den Urlaub flüchten, um von dem Wahnsinn nichts mitzubekommen, freuen sich viele fußballbegeisterte Fans auf diese Meisterschaft und möchten kein Spiel verpassen. Die Spiele finden auch während der Arbeitszeit statt. Der ein oder andere sportbegeisterte Arbeitnehmer will es sich dann nicht nehmen lassen, während der Arbeitszeit das Spiel auf dem Smartphone, auf dem betrieblichen Laptop oder über einen Radio-Stream zu verfolgen. Manche Beschäftigte fordern die kurzfristige Gewährung von Urlaub oder einen Schichtentausch, um sich das Spiel mit Freunden anzuschauen.
Eleni Mpoura und Christiane Buttschardt haben die wichtigsten Fragen zur EM am Arbeitsplatz für Sie beantwortet:
Ist es erlaubt während der Arbeitszeit Fußballspiele per Livestream oder im Radio zu verfolgen?
Klar ist, dass ein Recht auf „Fußball gucken“ während der Arbeitszeit nicht besteht. Der Arbeitnehmer kann nicht von seinem Chef einfordern, dass er ihn von seinen arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten während der Arbeitszeit für EM-Fußballspiele befreit. Das Anschauen eines Fußballspieles während der Arbeitszeit ist grundsätzlich vertragswidrig.
Sicherlich gibt es Konstellationen, in denen der Arbeitgeber selbst als großer Fußballfan seinen Mitarbeitern erlaubt, Fußballspiele während der Arbeitszeit zu schauen. Die Spielzeit ist jedoch grundsätzlich nachzuarbeiten, denn Fußballschauen am Arbeitsplatz ist ein reines Freizeitvergnügen. Ausnahmen gelten hier, wenn der Arbeitgeber auf das Nacharbeiten verzichtet.
Sofern der Arbeitgeber jedoch keine Erlaubnis für das Fußballschauen erteilt, sollte sich der Arbeitnehmer daran halten, da er sonst mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wie mit einer Abmahnung oder sogar einer Kündigung, zu rechnen hat.
Gleiches gilt auch für das Einschalten des Spieles über den betrieblichen Rechner oder Laptop mit Benutzung des betrieblichen Internets. Selbst wenn die private Nutzung des Internets erlaubt ist, ist damit nicht inzident erlaubt, Fußballspiele über 90 Minuten zu streamen.
Sofern es Beschäftigten generell erlaubt ist am Arbeitsplatz Radio zu hören, dürfte es für den Arbeitgeber keinen Grund geben, dies während der Fußball-Europameisterschaft zu verbieten.
In der Pause auf dem Smartphone über das Mobilfunknetz Spiele streamen ist erlaubt. Wird hier das Internet des Betriebs genutzt, ist wieder darauf zu achten, welche Vereinbarung zur privaten Internetnutzung im Betrieb gilt.
Kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber kurzfristig für den Zeitraum der Fußball-EM Urlaub verlangen?
Arbeitnehmern steht es frei, wann sie ihren Urlaub beantragen. Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat der Arbeitgeber die Wünsche des Arbeitnehmers hinsichtlich seiner Urlaubsfestlegung zu berücksichtigen. Allerdings kann der Arbeitgeber den Urlaubsantrag des Arbeitnehmers ablehnen, wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn bereits andere Kollegen schneller waren und für denselben Zeitraum den Urlaub gewährt bekommen haben.
Meine Spätschicht fällt auf ein Deutschlandspiel. Kann ich mit einem Kollegen aus der Frühschicht tauschen?
Obacht ist hier geboten! Die Einteilung der Schichten unterliegt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Die Einteilung ist verbindlich und der Arbeitnehmer hat sich daran zu halten.
Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer nicht seine Schicht mit Kollegen untereinander willkürlich tauschen, um ein wichtiges Fußballspiel nicht zu verpassen. Abzuklären ist dies immer mit dem Vorgesetzten.
Sofern es im Betrieb üblich ist Schichten unter Kollegen untereinander zu tauschen, wird der Arbeitgeber wohl kaum was dagegen einzuwenden haben, wenn dies aufgrund eines Fußballspiels geschieht.
Kann ich bei einem Tortreffer ein Bierchen am Arbeitsplatz trinken?
Auch während der Fußball-EM gelten die betrieblichen Regeln zum Alkoholgenuss am Arbeitsplatz. Gibt es kein allgemeines Alkoholverbot im Betrieb, darf der Arbeitnehmer z.B. Bier trinken. Voraussetzung ist hier immer, dass er seine arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht, die geschuldete Arbeitsleistung, ordnungsgemäß erbringen kann. Sofern im Betrieb ein absolutes Alkoholverbot herrscht, gilt dies selbstverständlich auch für den Zeitraum der Fußball-EM.
Kann ich während der Arbeitszeit meine Tipps für das Tippspiel abgeben?
Zu einer erfolgreichen EM gehört natürlich auch das Tippspiel. Wir kennen es alle-da wird nochmal an den eigenen Tipps gefeilt oder man versucht dem Fußball versierten Kollegen eine Einschätzung zu entlocken. Doch auch das beliebte Tippspiel ist während der Arbeitszeit nicht gestattet-hierzu gehört die Tippabgabe selbst sowie das Auswerten der Tipps wie auch das Kassieren der Einsätze.
Wer einen besonders strengen Arbeitgeber hat, der muss mitunter ganz auf das Tippspiel verzichten. Genau genommen handelt es sich bei dem Tippspiel um ein Glücksspiel, für das eine Lizenz notwendig ist. Weil Glücksspiel mit moralischen Fragen behaftet ist, kann es der Arbeitgeber generell verbieten, wenn er den Betriebsfrieden gefährdet sieht.
News-Ticker auf dem Handy
Eine echte Alternative ist das Lesen eines Newstickers auf dem Handy. Grundsätzlich ist das zwar privat, aber anders als beim LiveStream blockiert der Arbeitnehmer hier kein Arbeitsgerät. Sollte der Arbeitgeber daran Interesse haben, eine bisher erlaubte Handynutzung am Arbeitsplatz kurzfristig zu widerrufen, so ist das möglich.
Darf ich mein Trikot zur Arbeit tragen?
Für echte Fußballfans besteht während des Turniers natürlich auch Trikotpflicht-besonders, wenn das eigene Team spielt oder gewonnen hat. Das Trikot am Arbeitsplatz ist grundsätzlich erlaubt und kann nur in begründeten Fällen verboten werden. Hierbei kommt es auf die Gesamtumstände an.
Wer sein Unternehmen bei Kunden und in der Öffentlichkeit repräsentiert, muss schärfere Einschränkungen hinnehmen als die Kollegen im Backoffice. Damit ist das Fußballtrikot grundsätzlich erlaubt, wenn das Arbeitsumfeld keine gewisse Erscheinung verlangt oder der Betriebsfrieden dadurch nicht gefährdet ist.
Dekoration am Arbeitsplatz
Darf der fußballverrückte Kollege seine Girlanden und Fahnen nach Belieben in seinem Büro platzieren? Auch dies ist grundsätzlich verboten, da der Arbeitgeber das Hausrecht hat und entscheiden kann, wie es in seinem Betrieb aussieht. Allerdings kann auch hier mit dem Arbeitgeber gesprochen werden, so dass bestimmt eine Lösung gefunden wird.
Grundsätzlich gilt also, dass, wie auch sonst, über alles gesprochen werden sollte, um arbeitsrechtliche Sanktionen zu vermeiden. Schließlich soll die Fußball EM auch am Arbeitsplatz für Freude sorgen.
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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