Ladung zur Gesellschafterversammlung: Formvollendet per Einschreiben oder einfach per E‑Mail?

© peterschreiber.media/stock.adobe.com
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Was in guten Zei­ten wie ein ver­zicht­ba­rer For­ma­lis­mus scheint, kann bei Streit in der Gesell­schaft zum Risi­ko wer­den: Die Ladung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung und die Tages­ord­nung müs­sen den Gesell­schaf­tern nicht nur früh genug, son­dern auch for­mal rich­tig zuge­hen.

In unse­rem Bei­trag vom 4. August 2022 haben wir uns mit den Ladungs­fris­ten zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung beschäf­tigt. Ein zwei­ter Fall­strick, der alle bei einem sol­chen Tref­fen der Gesell­schaf­ter gefass­ten Beschlüs­se anfecht­bar machen kann, sind Män­gel bei der Form der Ladung. Die­se sind zwar grund­sätz­lich heil­bar, wenn

  • alle Gesell­schaf­ter anwe­send sind und
  • alle Gesell­schaf­ter auf die ord­nungs­ge­mä­ße Form der Ladung ver­zich­ten.

Um Feh­ler und damit mög­li­che Anfech­tun­gen unzu­frie­de­ner Gesell­schaf­ter zu ver­mei­den, soll­te man aber auch bei der Form der Ladung genau hin­schau­en.

Das regelt das Gesetz

Gemäß § 51 S. 1 GmbH-Gesetz (GmbHG) muss die Ladung mit­tels ein­ge­schrie­be­nen Briefs  erfol­gen. Das kann theo­re­tisch ein Über­ga­be­ein­schrei­ben wie auch ein Ein­wurf­ein­schrei­ben sein. Zu 100 % erfüllt die Anfor­de­run­gen des Gesetz­ge­bers nur das Über­ga­be­ein­schrei­ben. Denn  der ein­ge­schrie­be­ne Brief soll sowohl den Nach­weis der Ladung als auch deren Über­mitt­lung sicher­stel­len.

  • Pra­xis­tipp Wenn die Ladung per Ein­schrei­ben ver­schickt wird, wäh­len Sie am bes­ten immer das Über­ga­be­ein­schrei­ben.

Wei­te­re Form­erfor­der­nis­se nennt § 51 Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht. Ort, Datum oder eine eigen­hän­di­ge Unter­schrift muss die Ladung also bei­spiels­wei­se nicht zwin­gend ent­hal­ten.

Grund­sätz­lich ver­sen­det der Geschäfts­füh­rer die Ladung (Ladungs­be­fug­nis gem. § 49 Abs. 1 GmbHG). Das kann im Gesell­schafts­ver­trag, der Sat­zung, auch abwei­chend gere­gelt wer­den.

Das kann in die Satzung: Ladung (vorab) per Mail

Die Rege­lun­gen in § 51 Abs. 1 S. 1 GmbHG sind nicht zwin­gend, so dass im Gesell­schafts­ver­trag auch ande­re Abwei­chun­gen fest­ge­legt wer­den kön­nen. Im Zuge der Digi­ta­li­sie­rung und der Ein­fach­heit hal­ber wird häu­fig die Ladung per E‑Mail im Gesell­schafts­ver­trag ver­ein­bart.

Dadurch kön­nen die Gesell­schaf­ter natür­lich viel Zeit spa­ren und der Zugang erfolgt inner­halb von Sekun­den. Den­noch soll­te man eine Ladung nur dann per E‑Mail ver­sen­den, wenn kein Streit inner­halb der Gesell­schaft besteht, da der Zugang per Mail nicht sicher­ge­stellt wer­den kann.

In der Pra­xis hat es sich bewährt, die Ladung per E‑Mail vor­ab zu ver­sen­den, so dass sich die Gesell­schaf­ter bereits infor­mie­ren kön­nen. In die­sem Zusam­men­hang hat das OLG Stutt­gart bereits 2018 ent­schie­den, dass ein Gesell­schaf­ter, der eine Ladung per E‑Mail frist­ge­recht erhal­ten und an der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung teil­ge­nom­men hat, sich nicht mehr auf einen Form­man­gel beru­fen kön­ne, weil er die Ladung per Ein­schrei­ben erst im Nach­gang erhal­ten habe. Schließ­lich ist sein Teil­nah­me­recht offen­sicht­lich gewahrt wor­den.

Die Tagesordnung später versenden?

Und dann ist da noch die Tages­ord­nung für die bevor­ste­hen­de Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung. Wir emp­feh­len, die­se immer direkt mit in die Ladung auf­zu­neh­men. Zwin­gend not­wen­dig ist das aber nicht, es kann auch anders oder gar nicht gere­gelt wer­den.

In § 51 Abs. 2 GmbHG heißt es, der Zweck der Ver­samm­lung soll jeder­zeit bei der Beru­fung ange­kün­digt wer­den. Was das genau hei­ßen soll, ist auf­grund der sehr wei­ten For­mu­lie­rung nicht ganz klar. Auf der siche­ren Sei­te ist man natür­lich, wenn man die Tages­ord­nung direkt mit in die Ladung auf­nimmt.

Geschieht dies nicht, zum Bei­spiel, weil die­se beim Ver­sand der Ladung noch nicht final fest­steht, muss auch die spä­te­re sepa­ra­te Über­sen­dung der Tages­ord­nung die vor­ge­schrie­be­ne Form der Ladung wah­ren. Wenn der Gesell­schafts­ver­trag dazu kei­ne Rege­lung trifft, muss sie also per Über­ga­be­ein­schrei­ben, sonst wie im Gesell­schafts­ver­trag ver­ein­bart ver­sandt wer­den.

Die Tages­ord­nung muss den Gesell­schaf­tern außer­dem min­des­tens drei Tage vor der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung zuge­hen, damit das Infor­ma­ti­ons­recht der Gesell­schaf­ter sicher­ge­stellt ist. Aber Ach­tung: Auch die­se Frist beginnt mit der Auf­ga­be der ein­ge­schrie­be­nen Brie­fe zur Post zuzüg­lich der übli­cher­wei­se zu erwar­ten­den Zustel­lungs­frist (ein bis drei Werk­ta­ge).

Wenn der Lauf der Frist bereits mit der Auf­ga­be zur Post begin­nen wür­de, wäre die kur­ze Drei­ta­ges­frist ja schon mit der Post­zu­stell­zeit prak­tisch auf­ge­braucht, was sich mit dem Schutz­zweck der Norm nicht ver­ein­ba­ren lie­ße.

  • Pra­xis­tipp: Ver­sen­den Sie die Tages­ord­nung idea­ler­wei­se direkt mit der Ladung. Soll­te das aus­nahms­wei­se nicht mög­lich sein, soll­ten Sie sie sicher­heits­hal­ber min­des­tens 7 Werk­ta­ge vor der Ver­samm­lung an die Gesell­schaf­ter ver­schi­cken.

Kurz­über­blick zum Inhalt der Ladung:

  • Ladung muss an alle Gesell­schaf­ter (aus­weis­lich der Gesell­schaft­er­lis­te) gehen.
  • Ladungs­be­rech­tigt ist, wenn nichts ande­res ver­ein­bart wur­de, jeder Geschäfts­füh­rer allein bzw. die Gesell­schaf­ter nach § 50 Abs. S. 1 GmbHG
  • Ladung muss Datum, Uhr­zeit und Ort der Ver­samm­lung ent­hal­ten.
  • Tages­ord­nung (min­des­tens drei Tage vor der Ver­samm­lung)

 

Chris­tia­ne Butt­s­chardt berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, vor­wie­gend mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter und Geschäfts­füh­rer in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts. Sie ist ins­be­son­de­re auch bei Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen bera­tend tätig. https://de.linkedin.com/in/christiane-buttschardt-899398211

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Virtuelle Optionsrechte: Auch nach Eigenkündigung kein sofortiger Verfall

Virtuelle Optionsrechte sind eine beliebte Form der Mitarbeiterbeteiligung. Doch was, wenn das Arbeitsverhältnis endet? Das BAG passt jetzt seine Rechtsprechung zugunsten der Arbeitnehmer an: Virtuelle Optionen seien Vergütung und nicht Belohnung für Betriebstreue. Das bedeutet auch: Ein sofortiger Verfall von gevesteten Optionen bei Eigenkündigung benachteiligt Arbeitnehmer unangemessen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine wichtige Entscheidung zum Verfall von virtuellen Optionsrechten nach...

Arbeitsrecht zu Karneval: Frei für alle oder Pappnas und Bützje im Büro?

Die Kostüme sind fast fertig, das Konfetti steht parat: In einer Woche ist Weiberfastnacht, so manche Narren und Jecken sind dann tagelang im Ausnahmezustand. Das Arbeitsrecht allerdings gilt auch zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch – wenn auch in den Hochburgen manchmal ein bisschen weniger als andernorts.         Die fünfte Jahreszeit ist für viele Arbeitnehmer der Höhepunkt des Jahres. Wochenlang...