Vorsicht bei Change-of-control-Klauseln: Nicht jede Änderung erlaubt die Kündigung

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Vertragsrecht | 16. Oktober 2025
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Wer sich dage­gen absi­chern will, dass beim Ver­trags­part­ner die Ver­ant­wort­li­chen wech­seln, nimmt in Ver­trä­ge häu­fig eine Chan­ge-of-Con­trol-Klau­sel auf. Doch pau­scha­le Rege­lun­gen gehen oft zu weit. Das OLG Frank­furt a.M. hat eine sol­che Klau­sel für unwirk­sam erklärt – und macht klar, wor­auf Unter­neh­men vor allem bei lang­fris­ti­gen Ver­trä­gen ach­ten soll­ten.

 

Das OLG Frank­furt a.M. hat mit Urteil vom 21. Febru­ar 2025 (Az. 2 U 35/24) eine sog. Chan­ge-of-Con­trol-Klau­sel in einem Pacht­ver­trag für unwirk­sam erklärt. Die recht­li­che Begrün­dung der Frank­fur­ter Rich­ter ist auf ande­re Ver­trags­ty­pen und Situa­tio­nen über­trag­bar, so dass, wer eine sol­che Klau­sel in sei­ne Ver­trä­ge auf­neh­men will, bei der For­mu­lie­rung unbe­dingt acht geben soll­te. Geht die Klau­sel näm­lich zu weit, kann sie unwirk­sam sein – und wird damit behan­delt, als wäre sie nie ver­ein­bart wor­den.

Gera­de bei lang­fris­ti­gen Ver­trä­gen sind die Ver­trags­par­tei­en oft bereit, zum Schutz der einen Par­tei zu akzep­tie­ren, dass die­se den Ver­trag mit­tels einer GmbH schließt und durch­führt, um so eine per­sön­li­che Haf­tung der eigent­lich Han­deln­den und wirt­schaft­lich Berech­tig­ten aus­zu­schlie­ßen. Umge­kehrt schließt das ande­re Unter­neh­men den Ver­trag meist im Ver­trau­en auf die Fähig­kei­ten oder Finan­zen der Gesell­schaf­ter, die hin­ter der GmbH ste­hen oder auf die Geschäfts­füh­rer, die die­se füh­ren. Es möch­te sich gegen Ände­run­gen auf die­sen Ebe­nen beim Ver­trags­part­ner schüt­zen. Chan­ge-of-Con­trol-Klau­seln sol­len dem begüns­tig­ten Unter­neh­men des­halb die Mög­lich­keit geben, bestimm­te Rech­te aus­zu­üben, wenn beim Ver­trags­part­ner Ver­än­de­run­gen ein­tre­ten. So wird ihm unter bestimm­ten Bedin­gun­gen die Opti­on ein­ge­räumt, sich von sei­nen Ver­pflich­tun­gen zu lösen – etwa bei erheb­li­chen Ver­än­de­run­gen in der Gesell­schaf­ter­struk­tur des Ver­trags­part­ners.

In dem Fall, über den das OLG Frank­furt ent­schie­den hat, hat­te ein Päch­ter eines Hotels, eine GmbH, nach eini­ger Zeit der Zusam­men­ar­beit mit dem Ver­päch­ter sei­ne Gesell­schaf­ter- und Geschäfts­füh­rungs­zu­sam­men­set­zung ver­än­dert. Der Ver­päch­ter berief sich dar­auf­hin auf eine Klau­sel im Ver­trag, wonach ein „Inha­ber­wech­sel“ in der GmbH – d.h. also ein Wech­sel im Gesell­schaf­ter­be­stand – wie eine Gebrauchs­über­las­sung an einen Drit­ten zu behan­deln sei und daher einer Geneh­mi­gung bedurf­te hät­te. Eine sol­che Geneh­mi­gung sei aber nicht ange­fragt und auch nicht erteilt wor­den, so dass der Ver­trag gekün­digt wer­den kön­ne, so das Argu­ment des Ver­päch­ters.

 

OLG Frank­furt: Kei­ne Chan­ge-of-con­trol-Klau­sel für jede Ver­än­de­rung

Das OLG Frank­furt a.M. sah die Klau­sel als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung (AGB) an, da es sich um einen vor­ge­fer­tig­ten Ver­trag han­del­te, und prüf­te sie am Maß­stab des § 307 Bür­ger­li­chen Gesetz­buchs (BGB). Es stell­te fest, dass die Rege­lung den Ver­trags­part­ner (Päch­ter) unan­ge­mes­sen benach­tei­li­ge, weil:

  • man bei Abschluss eines Ver­trags mit einer GmbH in Kauf nimmt, dass deren Gesell­schafts­struk­tur Ver­än­de­run­gen unter­lie­gen kann,
  • die Leis­tungs­fä­hig­keit einer Gesell­schaft und der Ver­trags­zweck durch einen Wech­sel im Gesell­schaf­ter­be­stand oder in der Geschäfts­füh­rung nicht auto­ma­tisch gefähr­det sind,
  • dem Ver­päch­ter die gesetz­li­chen Kün­di­gungs­rech­te bei Pflicht­ver­let­zun­gen ver­blei­ben und
  • der Ver­päch­ter hier auch kei­ne spe­zi­fi­schen schutz­wür­di­gen Inter­es­sen dar­le­gen konn­te.

Die Klau­sel war nach Auf­fas­sung des Senats also zu weit gefasst. Sie räum­te näm­lich bei jeder Ver­än­de­rung auf Päch­ter­sei­te ein Son­der­kün­di­gungs­recht ein, unab­hän­gig von deren Rele­vanz für den Ver­trags­zweck. Das OLG stell­te fest, dass auch ein an sich legi­ti­mes Inter­es­se dar­an, die Ver­hält­nis­se der ande­ren Par­tei zu kon­trol­lie­ren, allen­falls im Aus­nah­me­fall und nur bei kon­kre­tem Nach­weis eine sol­che Klau­sel recht­fer­ti­gen kön­ne. Der pau­scha­le Hin­weis des Ver­päch­ters, die unver­än­der­te Gesell­schafts­struk­tur sei wich­tig, um das Hotel­kon­zept und eine ein­heit­li­che Aus­rich­tung sicher­zu­stel­len, reich­te dem Gericht dafür nicht.

Die Chan­ge-of-con­trol-Klau­sel sei viel­mehr unwirk­sam, so der Senat, und der Ver­päch­ter konn­te sich nicht dar­auf beru­fen und damit auch nicht kün­di­gen. Die Zusam­men­ar­beit ging also auch mit geän­der­ter Gesell­schaf­ter­be­set­zung wei­ter.

 

Dau­er­schuld­ver­hält­nis­se: Klau­sel nur für kon­kre­te Anwen­dungs­fäl­le wirk­sam

Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat­te schon in einem Urteil vom 26. Novem­ber 1984 (Az. VIII ZR 214/83) eine ähn­li­che AGB-Klau­sel kri­tisch beur­teilt, die einen Kon­troll­wech­sel per se zum Kün­di­gungs­grund erklär­te, also eine Kün­di­gung mög­lich­mach­te, ohne eine kon­kre­te tat­säch­li­che Beein­träch­ti­gung der schutz­wür­di­gen Inter­es­sen der ande­ren Par­tei zu ver­lan­gen. Die­se Recht­spre­chung hat das OLG Frank­furt a.M. nun noch­mals bestä­tigt.

Chan­ge-of-Con­trol-Klau­seln soll­ten im Rah­men von Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen wie zum Bei­spiel auch Vertragshändler‑, Lie­fer­ver­trä­gen oder For­schungs- und Ent­wick­lungs­ver­trä­gen daher nur auf­ge­nom­men wer­den, wenn im Ver­trag gleich­zei­tig ein berech­tig­tes Inter­es­se an der Aus­übung des Kün­di­gungs­rech­tes und mög­lichst kon­kret ein­ge­grenz­te Anwen­dungs­fäl­le ver­ein­bart wer­den. Der Nach­teil liegt auf der Hand: Nur die­se kon­kret benann­ten Situa­tio­nen kön­nen dann ein Recht zur Kün­di­gung geben; Kon­stel­la­tio­nen, an die bei Ver­trags­schluss nie­mand gedacht hat­te, kön­nen so nicht abge­deckt wer­den. Doch nur so lässt sich begrün­den, war­um aus­nahms­wei­se das Kün­di­gungs­in­ter­es­se des einen Unter­neh­mens die Frei­heit des Ver­trags­part­ners ein­schrän­ken kön­nen soll, über sei­ne Gesell­schafts­struk­tur frei zu ent­schei­den.

Pau­scha­le Rege­lun­gen sind im Zwei­fel gemäß § 307 BGB unwirk­sam. Es ist zu über­le­gen, ob an die Stel­le einer pau­scha­len Chan­ge-of-Con­trol-Klau­sel z.B. ein­zel­ne an die Gesell­schafts­struk­tur beim Ver­trags­part­ner anknüp­fen­de Infor­ma­ti­ons­pflich­ten tre­ten könn­ten und die Ver­let­zung der Infor­ma­ti­ons­pflicht dann aus­drück­lich als wich­ti­ger Grund für ein außer­or­dent­li­ches Kün­di­gungs­recht ver­ein­bart wird. Aller­dings ver­bie­tet sich vor dem Hin­ter­grund des Urteils des OLG Frank­furt a.M. auch bei der­ar­ti­gen Infor­ma­ti­ons­pflich­ten eine pau­scha­le und unspe­zi­fi­sche Infor­ma­ti­ons­pflicht.

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