Arbeitsrecht zu Karneval: Frei für alle oder Pappnas und Bützje im Büro?

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Die Kos­tü­me sind fast fer­tig, das Kon­fet­ti steht parat: In einer Woche ist Wei­ber­fast­nacht, so man­che Nar­ren und Jecken sind dann tage­lang im Aus­nah­me­zu­stand. Das Arbeits­recht aller­dings gilt auch zwi­schen Wei­ber­fast­nacht und Ascher­mitt­woch – wenn auch in den Hoch­bur­gen manch­mal ein biss­chen weni­ger als andern­orts.        

Die fünf­te Jah­res­zeit ist für vie­le Arbeit­neh­mer der Höhe­punkt des Jah­res. Wochen­lang wer­den Kos­tü­me genäht, anpro­biert und per­fek­tio­niert, damit zur Wei­ber­fast­nacht alles fer­tig ist. Doch auch zwi­schen Hel­au und Alaaf gilt das Arbeits­recht.

 

Wei­ber­fast­nacht und Rosen­mon­tag sind kei­ne gesetz­li­chen Fei­er­ta­ge

Weder Wei­ber­fast­nacht noch Rosen­mon­tag sind gesetz­li­che Fei­er­ta­ge. Das bedeu­tet, dass die­se Tage grund­sätz­lich ganz nor­ma­le Arbeits­ta­ge sind. Wer fei­ern will, muss also Urlaub neh­men. Bleibt ein Beschäf­tig­ter ohne Zustim­mung des Arbeit­ge­bers dem Arbeits­platz fern, kann der Arbeit­ge­ber ihn abmah­nen, unter Umstän­den sogar kün­di­gen.

In eini­gen Unter­neh­men ist es üblich, den Beschäf­tig­ten an einem der Faschings­ta­ge einen hal­ben oder gan­zen Tag frei­zu­ge­ben. Hier­bei han­delt es sich in der Regel um eine frei­wil­li­ge Leis­tung des Arbeit­ge­bers, auf die die Arbeit­neh­mer kei­nen Anspruch haben. Aber Ach­tung: Es könn­te eine betrieb­li­che Übung ent­ste­hen, auf­grund derer den Beschäf­tig­ten doch ein Anspruch auf einen frei­en Tag ent­stün­de. Die Recht­spre­chung for­dert dafür, dass der Arbeit­ge­ber min­des­tens drei Jah­re eine Leis­tung gewährt, ohne klar­zu­stel­len, dass er die­se frei­wil­lig gewährt und jeder­zeit wie­der ein­stel­len kann.

Um das zu ver­hin­dern, soll­ten Arbeit­ge­ber also, wenn sie einen frei­en Tag gewäh­ren, immer klar­stel­len, dass sie es frei­wil­lig tun. Ein For­mu­lie­rungs­bei­spiel wäre etwa: “In die­sem Jahr haben wir uns dazu ent­schie­den, den Betrieb an Rosen­mon­tag zu schlie­ßen. Für das kom­men­de Jahr behal­ten wir uns eine ande­re Ent­schei­dung aus­drück­lich vor.”

 

Kos­tü­me am Arbeits­platz

Auch an Kar­ne­val gibt es kei­nen Rechts­an­spruch auf Ver­klei­dung. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat fest­ge­legt, dass ein Arbeit­ge­ber von sei­nen Ange­stell­ten erwar­ten kann, sich dem Cha­rak­ter des Han­dels­ge­schäfts und des­sen Kun­den­stamm ent­spre­chend bran­chen­üb­lich zu klei­den.

Gera­de gesetz­lich vor­ge­schrie­be­ne Schutz­klei­dung darf auch wäh­rend der när­ri­schen Tage nicht gegen ein bun­tes Kos­tüm ein­ge­tauscht wer­den. Aller­dings kann die recht­li­che Bewer­tung anders aus­fal­len je nach­dem, wo Mit­ar­bei­ter im Kos­tüm im Betrieb erschei­nen. In den Kar­ne­vals­hoch­bur­gen ist das schließ­lich nicht unüb­lich. Aller­dings soll­ten Arbeit­ge­ber auch hier dar­auf ach­ten, dass kei­ne voll­stän­di­ge Ver­klei­dung statt­fin­det – Mit­ar­bei­ter soll­ten lie­ber auf Acces­soires wie Hüt­chen, gro­ße Bril­len oder rote Nasen zurück­grei­fen.

 

Alko­hol und Bütz­je am Arbeits­platz

Wo gefei­ert wird, fließt oft auch Alko­hol. Grund­sätz­lich müs­sen Mit­ar­bei­ter immer ver­ant­wor­tungs­voll mit Alko­hol umge­hen. Arbeits­recht­lich müs­sen sie ihre Leis­tungs­fä­hig­keit und Sicher­heit am Arbeits­platz sicher­stel­len. Pas­sie­ren Feh­ler durch den Alko­hol­kon­sum, kann der Arbeit­ge­ber mit arbeits­recht­li­chen Kon­se­quen­zen reagie­ren.

Wird gemein­sam am Arbeits­platz Kar­ne­val gefei­ert, ist es Sache des Arbeit­ge­bers, fest­zu­le­gen, ob wäh­rend der Arbeits­zeit Alko­hol getrun­ken wer­den darf. Er kann auch ein kom­plet­tes Alko­hol­ver­bot aus­spre­chen, dar­an wäre der Betriebs­rat zu betei­li­gen.

Das kann auch hel­fen, um aus­ar­ten­de Bütz­je zu ver­hin­dern. In Kar­ne­vals­hoch­bur­gen wie Köln ist ein „Bütz­je“ ein Küss­chen. Auch Fei­er­lau­ne und gute Stim­mung sind aber kei­ne Auf­for­de­rung zu irgend­ei­ner Form von Annä­he­rung. Die aus­ge­las­se­ne Stim­mung auf der Betriebs­fei­er berech­tigt kei­nes­falls zu anzüg­li­chem oder auf­dring­li­chem Ver­hal­ten.

In gra­vie­ren­den Fäl­len kön­nen Arbeit­ge­ber ein sol­ches Ver­hal­ten mit einer frist­lo­sen Kün­di­gung ahn­den, eine Abmah­nung recht­fer­tigt es immer. Der Arbeit­ge­ber ist ver­pflich­tet, sexu­el­le Beläs­ti­gun­gen zu unter­bin­den und zu ver­fol­gen. Unter sexu­el­ler Beläs­ti­gung ver­steht man alle uner­wünsch­ten sexu­el­len Hand­lun­gen wie z.B. begrab­schen, sexu­ell moti­vier­te kör­per­li­che Berüh­run­gen, aber auch anzüg­li­che Wit­ze.

 

Nar­ren­frei­heit für Kar­ne­vals­brauch?

Für man­chen kaum vor­stell­bar, doch: Nicht jeder mag die när­ri­schen Tage und ihre Bräu­che. Was für man­chen Nar­ren ein gro­ßer Spaß ist, ist für ande­re Kol­le­gen ein Graus. Den Kol­le­gen die Kra­wat­te abschnei­den oder eine Polo­nai­se zu lau­ter Musik durch den Flur – all das soll­te nur dann gemacht wer­den, wenn alle damit ein­ver­stan­den sind.

Im Rhein­land und in Mainz aller­dings, den ech­ten Hoch­bur­gen, in denen der Kar­ne­val wäh­rend der tol­len Tage manch­mal selbst im Betrieb die Regie über­nimmt, geht die Recht­spre­chung von einer still­schwei­gen­den Ein­wil­li­gung aus, wenn es um das Abschnei­den der Kra­wat­te an Wei­ber­fast­nacht angeht. Es gilt ein wenig das Mot­to: Selbst schuld, wer an die­sem Tag eine Kra­wat­te trägt.

Wider­fährt sol­ches Unbill aber Mit­ar­bei­ten­den – oder gar dem Chef selbst — in einem nicht kar­ne­va­lis­ti­schen Gebiet, kann die­ses Ver­hal­ten recht­li­che Kon­se­quen­zen haben. So hat das Amts­ge­richt Essen einst (AG Essen, Urteil vom 3. Febru­ar 1988, 20 C 691/87) tat­säch­lich eine Arbeit­neh­me­rin zu 40,00 DM Scha­dens­er­satz wegen Abschnei­dens der Kra­wat­te ver­ur­teilt. Eine Kün­di­gung wäre aller­dings nicht zu recht­fer­ti­gen, es sei denn, es wür­de sich um einen hart­nä­cki­gen Wie­der­ho­lungs­fall von Kar­ne­vals­kri­mi­na­li­tät han­deln.

Arbeit­ge­ber haben also an Kar­ne­val grund­sätz­lich nichts zu befürch­ten, da sie die Beschäf­tig­ten nicht von der Arbeits­pflicht sus­pen­die­ren. Es gel­ten kei­ne Aus­nah­men von den all­ge­mei­nen arbeits­recht­li­chen Grund­sät­zen. Gleich­wohl kön­nen Unter­neh­men natür­lich auch den Kar­ne­val nut­zen, um das Betriebs­kli­ma zu ver­bes­sern und Abwechs­lung in den Arbeits­all­tag zu brin­gen.

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