Der Widerruf einer Homeoffice-Erlaubnis muss sachlich begründet sein.

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Arbeitsrecht | 16. Januar 2025
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Eine ein­mal gegebene Home­of­fice-Erlaub­nis zu wider­rufen ist nicht so ein­fach wie gedacht. Das LAG Köln hat in seinem Urteil vom 11.07.2024 – 6 Sa 579/23 klargestellt, dass der Wider­ruf der Home­of­fice-Erlaub­nis ohne sach­lichen Grund oder drin­gende betriebliche Erfordernisse nicht möglich ist. 

 

In seinem Urteil hat das Gericht die Gren­zen des arbeit­ge­ber­seit­i­gen Direk­tion­srechts im Zusam­men­hang mit ein­er Home­of­fice-Erlaub­nis näher aus­ge­führt und klargestellt, dass der Wider­ruf ein­er solchen Erlaub­nis am Erforder­nis  bil­li­gen Ermessens zu über­prüfen ist, welche eine Abwä­gung bei­d­seit­iger Inter­essen sowie sach­be­zo­gene Gründe voraus­set­zt.

In dem Fall vor dem Lan­desar­beits­gericht Köln han­delt es sich um einen Pro­jek­t­man­ag­er, der mit ein­er Home­of­fice-Erlaub­nis seit drei Jahren zu 80% aus dem Home­of­fice arbeit­ete. Sein Ein­sat­zort, laut Arbeitsver­trag, bezog sich auf die gesamte Unternehmensgruppe seines Arbeit­ge­bers und richtete sich nach den laufend­en Pro­jek­ten, die ihm zuge­ord­net waren. Als sein Heimat­stan­dort geschlossen wurde, wider­rief der Arbeit­ge­ber die Home­of­fice-Regelung und ver­set­zte ihn an einen Stan­dort, der 500 km ent­fer­nt von sein­er Heimat lag. Hil­f­sweise sprach ihm der Arbeit­ge­ber eine Änderungskündi­gung aus.

Der Pro­jek­t­man­ag­er lies dies nicht auf sich sitzen und zog vor Gericht. Das Arbeits­gericht Köln gab dem Mann Recht. Die Entschei­dung hielt auch in der 2. Instanz vor dem Lan­desar­beits­gericht Köln.

 

Ver­set­zung ver­stößt gegen bil­liges Ermessen

Das Beru­fungs­gericht führte aus, dass das Direk­tion­srecht des Arbeit­ge­bers nach bil­ligem Ermessen auszuüben sei. Er habe die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abzuwä­gen und die bei­der­seit­i­gen Inter­essen angemessen zu berück­sichti­gen. Der Arbeit­ge­ber muss sach­liche Gründe vor­tra­gen, für die er die Dar­legungs- und Beweis­last trägt.

Das habe er hier im konkreten Fall nicht getan.

Der Pro­jek­t­man­ag­er habe ein „erhe­blich­es Bestands- und Ortsin­ter­esse“, da er über mehrere Jahre hin­weg aus dem Home­of­fice gear­beit­et habe und famil­iär und logis­tisch an seinem Wohnort verortet sei. Der Arbeit­ge­ber habe dies in sein­er Abwä­gung nicht hin­re­ichend berück­sichtigt. Fern­er fehlt es an über­wiegen­den sach­lichen Grün­den für eine Ver­set­zung des Mitar­beit­ers in ein von seinem Wohnort 500 km ent­fer­ntes Büro.

 

Betrieb­ss­chließung eines Stan­dortes reicht laut LAG Köln nicht als Sach­grund aus

Der Arbeit­ge­ber habe keine über­wiegen­den sach­lichen Inter­essen vorge­bracht. Allein die Betrieb­ss­chließung des Stan­dortes dem der Kläger ange­hörte, reicht als Grund für einen Wider­ruf der Home­of­fice-Erlaub­nis und die Ver­set­zung in ein 500 km ent­fer­ntes Büro nicht aus, vor allem auch vor dem Hin­ter­grund, dass sich die Tätigkeit des Man­agers mit der Betrieb­ss­chließung des Stan­dortes nicht änderte. Das LAG kam somit zu dem Ergeb­nis, dass die Ver­set­zung nicht bil­ligem Ermessen entsprochen habe und daher unwirk­sam war.

 

Änderungskündi­gung unwirk­sam auf­grund von fehlen­den drin­gen­den betrieblichen Erfordernissen

Auch die aus­ge­sproch­ene Änderungskündi­gung war nach dem Lan­desar­beits­gericht als unwirk­sam anzuse­hen, da sie nicht durch drin­gende betriebliche Erfordernisse, wie es das Gesetz, § 1 Abs. 2 KschG, ver­langt, bed­ingt gewe­sen sei. Denn der Arbeit­ge­ber habe es ver­säumt hin­sichtlich des Wider­rufs der Home­of­fice-Erlaub­nis seine Organ­i­sa­tion­sentschei­dung, die für den Wider­ruf hätte kausal sein müssen, darzule­gen.

 

Faz­it

Die Entschei­dung zeigt die Gren­zen des arbeit­ge­ber­seit­i­gen Direk­tion­srecht auf und verdeut­licht, dass vere­in­barte Home­of­fice-Regelun­gen nicht ohne Weit­eres vom Arbeit­ge­ber zulas­ten des Arbeit­nehmers wider­rufen wer­den kön­nen. Ein rich­tungsweisendes Urteil, das Arbeit­ge­ber zur sorgsamen Prü­fung ihrer Entschei­dun­gen anhal­ten sollte.

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