Der Bundestag und der Bundesrat haben das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschlossen. Dieses tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft; dies wird voraussichtlich der 01. August 2006 sein. Nachfolgend ein kurzer Überblick über die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, das auch Antidiskriminierungsgesetz genannt wird:
Das AGG enthält neben einem ausführlichen arbeitsrechtlichen Teil auch Bestimmungen über die Gleichstellung im allgemeinen Zivilrecht sowie Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse.
a) Anwendungsbereich
Beschäftigte i.S.d. Gesetzes (§ 6 AGG) sind Arbeitnehmer, Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen/Heimarbeiter, Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie ehemalige Beschäftigte (Bereichsaus-nahme: betriebliche Altersversorgung).
Verpflichteter i.S.d. Gesetzes ist der Arbeitgeber.
Vom Anwendungsbereich erfasst sind beispielsweise Stellenanzeigen, Einstellungen und Beförderungen. Zu nennen ist auch der Bereich der Belästigung.
b) Benachteiligungsverbot
Gemäß § 7 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Solche Diskriminierungsmerkmale nach § 1 AGG sind:
Verbotene Verhaltensweisen sind die unmittelbare Benachteiligung (§ 3 Abs. 1 AGG), die mittelbare Benachteiligung (§ 3 Abs. 2 AGG), die Belästigung (§ 3 Abs. 3 AGG), die sexuelle Belästigung (§ 3 Abs. 4 AGG) sowie die Anweisung zu Benachteiligungen (§ 3 Abs. 5 AGG).
Ausnahmen vom Benachteiligungsverbot bestehen auf Grund beruflicher Anforderungen (§ 8 AGG) sowie auf Grund einer speziellen Rechtfertigung für Ungleichbehandlung wegen des Alters (§ 10 AGG). Nach § 8 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung dann zulässig, wenn diese wegen einer wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung erfolgt. Berufliche Anforderungen können wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung gegeben sein. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist nach § 10 AGG zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Hierunter fallen z.B. Maßnahmen für die berufliche Eingliederung von Jugendlichen und älteren Beschäftigten, die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung etc.
c) Rechtsfolgen
Das AGG sieht für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot fol-gende Rechtsfolgen vor:
Die zentrale Regelung hierbei wird wohl die Haftungsregelung gemäß § 15 AGG sein. Danach ist bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Bei einem Schaden, der nicht Vermögensschaden ist (wie z.B. Ansprüche auf Schmerzensgeld), kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden.
d) Sofortmaßnahmen
Baldmöglichst sollte wegen des Beschwerderechts des Beschäftigten gemäß § 13 AGG ein Verfahren für Beschwerden festgelegt werden.
Das AGG und § 61 d Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sowie Informationen über die für die Behandlung von Beschwerden zuständigen Stellen sind im Betrieb bekannt zu machen. Die Bekanntmachung kann durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder z. B. über das Intranet erfolgen.
Des Weiteren sollten konkrete Verhaltensregeln aufgestellt und Mitarbeiter informiert werden. Hierfür kann sich auch eine Mitarbeiterschulung empfehlen.
Zukünftig muss bei den Stellenausschreibungen noch mehr als bisher darauf geachtet werden, dass die Stellenausschreibung neutral erfolgt.
Besonders wichtig ist es in der Zukunft, sämtliche Personalmaßnahmen genau zu dokumentieren. Dies gilt sowohl für die Einstellung bzw. Nichteinstellung eines Mitarbeiters als auch für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses, z. B. hinsichtlich Vergütung, Beförderung etc., da es andernfalls im Falle eines Rechtsstreits nicht mehr möglich sein wird, substantiiert vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, dass keine Diskriminierung vorlag.
Darüber hinaus gibt es auch im allgemeinen Zivilrecht ein Benachteiligungsverbot. Dieses umfasst jedoch nicht die Weltanschauung. Das Benachteiligungsverbot ist auf Massengeschäfte bzw. Geschäfte, bei denen es nicht auf die Person des Vertragspartners ankommt und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zu Stande kommen sowie für privatrechtliche Versicherungen anwendbar.
Eine Ausnahme von den allgemeinen Diskriminierungsregeln besteht im Bereich der Vermietung von Wohnraum. Wird Wohnraum auf demselben Grundstück, auf dem der Vermieter selbst seine Wohnung hat, vermietet, oder werden von einem Vermieter nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet, gilt das allgemeine Benachteiligungsverbot nicht.
Das Gesetz sieht des Weiteren vor, dass beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Antidiskriminierungsstelle des Bundes eingerichtet wird. Wer der Ansicht ist, dass er wegen eines der im Antidiskriminierungsgesetz verbotenen Gründe benachteiligt worden ist, kann sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden. Die Antidiskriminierungsstelle soll auf unabhängige Weise Personen, die sich an sie wenden, bei der Durchsetzung ihrer Rechte zum Schutz vor Benachteiligungen unterstützen.
Auf Grund der Tatsache, dass das Gesetz gegenwärtig noch nicht einmal in Kraft getreten ist, liegen naturgemäß nur eingeschränkte Informationen über die Auslegung und Anwendung der einzelnen Regelungen vor. Wie die Praxis und die Rechtsprechung auf die einzelnen Punkte reagieren werden, lässt sich noch nicht abschätzen. In jedem Fall besteht aber Handlungsbedarf.
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