Mann bewirbt sich auf Job für „Sekretärin“: Entschädigung wegen Diskriminierung?

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Die Sekre­tä­rin, der Mecha­ni­ker – alte Ste­reo­ty­pe in Stel­len­an­zei­gen kön­nen Unter­neh­men teu­er zu ste­hen kom­men. Soge­nann­te AGG-Hop­per ver­su­chen, Feh­ler aus­zu­nut­zen und auf Ent­schä­di­gung zu kla­gen. Das klappt nicht immer, doch die Fäl­le leh­ren viel dar­über, wor­auf Arbeit­ge­ber ach­ten soll­ten, wenn sie eine Stel­le aus­schrei­ben.

In letz­ter Zeit kommt es ver­mehrt zu Strei­tig­kei­ten auf­grund angeb­li­cher Dis­kri­mi­nie­rung im Bewer­bungs­ver­fah­ren. Es gibt eine Grup­pe von Bewerbern/Klägern und wohl auch Kanz­lei­en, die sich dar­auf spe­zia­li­siert haben, bei erfolg­lo­sen Bewer­bun­gen Ent­schä­di­gungs­an­sprü­che gel­tend zu machen. Sie behaup­ten dabei, der Bewer­ber hät­te den Job nicht bekom­men, weil der Arbeit­ge­ber ihn wegen eines Merk­mals aus dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) dis­kri­mi­niert habe, d.h. wegen der Ras­se, sei­ner eth­ni­schen Her­kunft, des Geschlechts, sei­ner Reli­gi­on oder Welt­an­schau­ung, einer Behin­de­rung, sei­nes Alters oder sei­ner sexu­el­len Iden­ti­tät.

Auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat­te vor kur­zem wie­der über einen sol­chen Fall zu ent­schei­den (BAG, Urt. v. 19. 09. 2024, Az. 8 AZR 21/24). Ein männ­li­cher Bewer­ber, der eine Aus­bil­dung zum Indus­trie­kauf­mann und ein Fern­stu­di­um zum Wirt­schafts­ju­ris­ten abge­schlos­sen hat­te, bewarb sich auf die Stel­le einer „Sekre­tä­rin“. In sei­ner Bewer­bung frag­te der spä­te­re Klä­ger aus­drück­lich nach, ob nur eine Frau gesucht wür­de. Das Unter­neh­men bestä­tig­te das, wor­auf­hin er Kla­ge erhob. Ganz ähn­lich ging der Mann auch bei ande­ren Stel­len­aus­schrei­bun­gen für „Sekre­tä­rin­nen“ vor.

 

Rechts­miss­bräuch­lich, aber lehr­reich für Arbeit­ge­ber

Doch alle drei Instan­zen haben sei­ne Kla­ge auf Ent­schä­di­gung nach § 15 Abs. 2 All­ge­mei­nes Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) abge­wie­sen. Das BAG als höchs­tes deut­sche Arbeits­ge­richt begrün­det das damit, dass die beklag­ten Unter­neh­men dem Ent­schä­di­gungs­an­spruch einen Rechts­miss­brauchs­ein­wand ent­ge­gen­hal­ten könn­ten.

Das BAG ging von einem Rechts­miss­brauch aus, weil alle Umstän­de des Falls ergä­ben, dass der Bewer­ber sich nicht bewor­ben habe, um die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le zu erhal­ten. Es sei ihm viel­mehr nur dar­um ging, den Sta­tus als Bewer­ber im Sin­ne des (AGG) zu erlan­gen, um Ent­schä­di­gungs­an­sprü­che gel­tend zu machen. Für die­ses Ergeb­nis zogen die Arbeits­rich­ter die Häu­fig­keit sol­cher Bewer­bun­gen und die erheb­li­che räum­li­che Distanz (Hun­der­te Kilo­me­ter) zwi­schen dem zukünf­ti­gen Arbeits­ort und dem Wohn­sitz des Bewer­bers her­an, zumal der Mann kei­ner­lei Ambi­tio­nen gehabt habe, umzu­zie­hen. Das BAG stell­te aber auch auf die Gestal­tung des Bewer­bungs­schrei­bens ab.

Die­se Ent­schei­dung ist im Sin­ne sowohl der Unter­neh­men als auch der wirk­lich inter­es­sier­ten Bewer­ber. Sie ist auch ein not­wen­di­ger Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung ist, um den Miss­brauch durch die­ses sog. AGG-Hop­ping ein­zu­schrän­ken. Den­noch erin­nert das Urteil auch dar­an, dass es für Arbeit­ge­ber wich­tig ist, bei der Gestal­tung von  Stel­len­aus­schrei­bun­gen und im gesam­ten Bewer­bungs­pro­zess alles dar­an zu set­zen, auch nur den Anschein jed­we­der Dis­kri­mi­nie­rung zu ver­mei­den. Wich­tig ist dabei neben einer dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Spra­che auch auf eine ent­spre­chen­de Aus­wahl der Fotos bei den Stel­len­an­zei­gen zu ach­ten. Außer­dem soll­ten Per­so­nen, die Dis­kri­mi­nie­rungs­merk­ma­le auf­wei­sen, zum Vor­stel­lungs­ge­spräch ein­ge­la­den wer­den und mög­lichst in die Stel­len­an­zei­ge, zumin­dest aber in die Stel­len­be­schrei­bung auch Hard Skills auf­ge­nom­men wer­den.

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